Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- EU beschließt neue Grenzsicherung: Abschottung aus einem Guss
> Das Europaparlament billigt Eurosur. Es soll alle Systeme zur Sicherung
> der EU-Außengrenzen bündeln. Auch Nordafrika soll mitmachen.
Bild: Einweihung eines Zaunes an der griechisch-türkischen Grenze.
BERLIN taz | 14.151 Kilometer ist sie lang – und mehr als 50 verschiedene
Behörden sollten sie schützen: die EU-Außengrenze. Für den ehemaligen
EU-Innenkommissar Franco Frattini war das ein unhaltbares Chaos von
nationalen Zuständigkeiten und Kommunikationsproblemen. Seine Vision: ein
einheitliches, europaweites Grenzkontrollsystem, um effizienter gegen
illegale Einwanderung vorzugehen. 2008 regte er dessen Einrichtung an.
Am Donnrstag, eine Woche nach dem Flüchtlingsdrama vor der Mittelmeerinsel
Lampedusa, hat das Europaparlament grünes Licht für das neue
Kommunikationssystem zur Überwachung der EU-Außengrenzen gegeben. Eine
Mehrheit der Abgeordneten billigte das Eurosur (European Border
Surveillance System) genannte System, damit kann es voraussichtlich wie
geplant ab Dezember einsatzbereit sein.
Mit Eurosur will die EU ab 2014 alle Systeme zur Grenzkontrolle technisch
vereinheitlichen und zusammenschalten. Koordiniert von der EU-Agentur
Frontex sollen die Grenzschützer der Mitgliedsstaaten künftig direkt
Informationen austauschen. Auch nachrichtendienstliche Erkenntnisse sollen
helfen, Papierlose aufzuspüren.
Eurosur wird unter anderem Daten von Satelliten, Radarstationen, Flugzeugen
und Drohnen auswerten. Bis 2020 will die EU dafür rund 338 Millionen Euro
ausgeben. Die Kommission beschreibt das Projekt als Paradigmenwechsel in
der Migrationsabwehr: Der „patrouillengestützte Ansatz“ weiche dem
„erkenntnisgestützten Ansatz“. Und selbstredend solle das Ganze auch im
Interesse der Schiffbrüchigen liegen, denen schneller geholfen werden
könne.
Dazu sollen auch die Nachbarn mitmachen. Die ersten Partner in Sachen
Türsteherdienste für Europa waren, ganz wie ihr Vorgänger, die neuen
Machthaber Libyens. 2012 erklärte die libysche Regierung ihre Bereitschaft
zur Teilnahme an Eurosur. Gleichzeitig verhandelte sie mit europäischer
Waffenschmieden über den Kauf einer milliardenteuren sensorgestützten
Grenzanlage.
## Grenzschutz-Miliz geplant
Mangels Polizei und starker Zentralregierung sollen die Anlagen von
bewaffneten Rebellen im Süden des Landes als eine Art Grenzschutz-Miliz
betrieben werden. Im Gespräch sind auch Lieferungen von Radar, Kameras,
Drohnen und Hubschraubern. Damit hätte Libyen die technischen
Voraussetzungen für die Teilnahme an Eurosur.
Ägypten, Tunesien und Algerien hingegen hatten sich lange jeder Beteiligung
an Eurosur verweigert: In den Ländern ist die Kooperation mit Europa auf
diesem Feld unpopulär, trifft die Grenzschließung doch – wie schon vor dem
Arabischen Frühling – auch die eigene Bevölkerung. Doch auf Druck aus
Südeuropa signalisierten die drei Länder im September, nun doch beitreten
zu wollen.
„Eurosur intensiviert die Bekämpfung von Flüchtlingen und verlagert sie
weiter vor den EU-Raum“, sagt der Linken-Bundestagsabgeordnete Andrej
Hunko. Das Projekt werde auch nicht zur Rettung von Flüchtlingen beitragen:
„Das ist politisch nämlich nicht gewollt.“ Hunko verweist darauf, dass ein
Vorschlag des Europäischen Parlaments, die Aufgaben von Eurosur auf die
Seenotrettung auszuweiten, von den europäischen Innenminister „geschlossen
abgelehnt“ wurde. Zudem ist Eurosur Teil der Migrationsbekämpfungsstrategie
von Frontex. Und die laute eben, „Grenzübertritten vorzubeugen und sie zu
unterbrechen“.
10 Oct 2013
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
EU-Außengrenzen
Frontex
EU Außenpolitik
Flüchtlinge
Eurosur
Eurosur
Eurosur
Flüchtlinge
Europa
Frontex
Flüchtlinge
Lampedusa
## ARTIKEL ZUM THEMA
Überwachung der EU-Außengrenzen: Eurosur startet
Die Bilder der toten Flüchtlinge vor Lampedusa haben viele Menschen
schockiert. Die EU-Grenzpolitik ist auch deswegen umstritten. Frontex
bekommt jetzt Verstärkung.
Kommentar Syrische Flüchtlinge: Zurück ins Körbchen!
Klar, ihr Syrer hungert da unten. Aber auch für Menschenrechte gibt es
Zeitfenster. Ist das so schwer zu verstehen?
Schutz der EU-Außengrenzen: Frontex verletzt Menschenrechte
Die Grenzagentur Frontex fängt Flüchtlinge auf See ab und schickt sie
zurück. Das ist menschenrechtswidrig und verstößt gegen die Genfer
Konvention.
Ideen für eine bessere Flüchtlingspolitik (1): Einen humanitären Korridor ö…
Europa bietet politisch Verfolgten Asyl. Doch gibt es keine legalen
Einreisemöglichkeiten. Menschenrechtler fordern eine freie und gefahrlose
Passage.
Kritik an Frontex: Grenzenloser Grenzschutz
Die Agentur Frontex soll unbefugte Grenzübertritte in die EU verhindern.
Dabei verstößt sie immer wieder gegen die Genfer Flüchtlingskonvention.
Sudanese über Flucht: „Das ist fast Selbstmord“
Emad Hassan sagt, er würde in jedes Land gehen, das Sicherheit biete. Er
kennt das Risiko einer Flucht, hat aber nichts mehr zu verlieren.
Kommentar Flüchtlingsdrama Lampedusa: Die EU ist voll verantwortlich
Die Schlepper sind nicht Schuld an der Katastrophe vor Lampedusa. Europa
muss den Zugang für Schutzsuchende wieder öffnen. Sonst geht das Sterben
weiter.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.