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# taz.de -- EU-Pläne für Frontex: Militarisierung der Außengrenzen
> Frontex soll mehr Kompetenzen bei der Abschiebung von Flüchtlingen
> erhalten. Die Grenzschützer sollen zudem auf Armeeausrüstung zugreifen
> können.
Bild: Die Grenzschützer von Frontex sollen mehr Befugnisse bekommen.
BRÜSSEL taz | Das EU-Parlament will der Grenzschutzagentur Frontex
erlauben, Flüchtlingsboote auf hoher See direkt zurückzuschleppen. Die
Boote sollen auch in internationalen Gewässern gestoppt, durchsucht und
sogar zurückgeschleppt werden dürfen. Grundlage dafür ist ein Entwurf der
EU-Kommission zur Neuregelung der Überwachung der See-Außengrenzen. Er
erweitert die Befugnisse von Frontex erheblich. Künftig wäre in das
Ermessen der Grenzschützer gestellt, wer noch in Europa Asyl beantragen
kann.
Frontex soll dafür auch außerhalb der europäischen Territorialgewässer
tätig werden. Diesen Eingriff in die Navigationsfreiheit von Schiffen
rechtfertigt die EU mit Verweis auf das sogenannte Palermo-Protokoll –
einen völkerrechtlichen Vertrag, der eigentlich zur Eindämmung von
Menschenschmuggel geschlossen wurde.
Bis zum 12. Dezember sollen Rat und Parlament über den Vorschlag befinden.
„Das ist ein Frontalangriff auf die Rechte von Flüchtlingen“, sagt die
grüne EU-Abgeordnete Ska Keller. „Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte hat solche Pushbacks für rechtswidrig erklärt.“
Der stellvertretende Vorsitzende der EVP-Fraktion, der CSU-Abgeordnete
Manfred Weber, weist dies zurück. „Wir wollen Rechtssicherheit für Frontex
schaffen“, sagt er. „Das Asylrecht bleibt gewahrt, jeder Flüchtling soll
auch künftig einen Asylantrag stellen dürfen.“ Ob die Antragsprüfungen an
Bord oder erst an Land durchgeführt werden, will Weber „den Behörden
überlassen“.
## Hilfe in Seenot
Umstritten ist, ob Frontex künftig verbindlich verpflichtet wird, Hilfe in
Seenot zu leisten. Grundsätzlich müssen zwar alle Schiffsführer Nothilfe
leisten, umstritten ist die Frage des Zeitpunkts. Die Kommission und Teile
des Parlaments wollen eine verbindliche Verpflichtung für Frontex, nicht
erst bei akuter Seenot eingreifen zu müssen. Die südeuropäischen Länder
blockieren dies aber im Rat und im Parlament. Sie fordern, das Frontex
Booten, die auf dem Meer treiben, nicht zwangsläufig zu Hilfe kommen muss.
Gleichzeitig will die EU Frontex künftig stärker mit dem Militär verzahnen.
Letzte Woche hatte der Auswärtige Dienst der Kommission direkte
Militäreinsätze zur Grenzsicherung vorgeschlagen. Außerdem soll Frontex
künftig bei den europäischen Armeen Material wie Flugzeuge, Schiffe und
Drohnen anfordern können, um Flüchtlingsboote aufzuspüren. Bislang ordert
die Agentur für ihre Einsätze Beamte und Material nur bei den nationalen
Polizei- und Grenzschutzbehörden.
Bei Beratungen mit den Mitgliedsstaaten zeichnete sich jetzt ab, dass
direkte Militäreinsätze zur Grenzsicherung wohl nicht konsensfähig sind.
Zustimmung findet jedoch der Vorschlag, dass die Grenzschützer künftig auch
Personal und Material vom Militär in Anspruch nehmen können.
Eine „unfassbare Militarisierung der EU-Flüchtlingspolitik“ nennt das der
Linken-Abgeordnete Andrej Hunko. „Die Bundesregierung muss sofort dafür
sorgen, dass dieser Vorschlag nie in die Tat umgesetzt wird.“ Hunko will
das Thema im Bundestag zur Sprache bringen. Er fürchtet, dass die weitere
Aufrüstung der Grenzüberwachung „zu noch riskanteren Überfahrten und noch
mehr Toten führen wird“.
27 Nov 2013
## AUTOREN
Christian Jakob
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Frontex
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