Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Frontex: Die unsichtbare Mauer
> Europäische Politiker zeigen sich wegen ertrunkener Flüchtlinge
> betroffen. Doch das ist heuchlerisch. Die Praxis von Frontex ist der
> beste Beweis.
Bild: Ein bulgarischer Grenzpolizist hält Ausschau nach Flüchtlingen.
Was immer europäische Spitzenpolitiker derzeit zu den Hunderten Toten
Flüchtlingen vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa sagen, das
meiste davon ist pure Heuchelei. Beweise dafür sind die Weigerung der
europäischen Innenminister, die rigide Abschottungspolitik gegenüber den
Flüchtlingen auch nur ein wenig aufzuweichen, und die Praxis der
europäischen Grenzschutzaggentur Frontex, die im Namen derselben Politiker
alles tut, damit möglichst wenig Flüchtlinge Europa erreichen.
Dazu gehört nicht nur, dass Frontex aktiv daran beteiligt ist, Flüchtlinge
vor Erreichen europäischen Festlandes teilweise mit Gewalt zur Umkehr zu
zwingen, sondern dass es, weit wirksamer noch, gleich dafür sorgt, dass
Flüchtlinge erst gar kein Boot besteigen können, um zur europäischen Seite
des Mittelmeers aufzubrechen.
Während europäische Politiker Krokodilstränen über ertrunkene Mütter und
Kinder vergießen, setzen sie gleichzeitig viel Geld und Personal dafür ein,
Geheimdienste, Grenzschützer und Polizisten in sogenannten Drittstaaten zu
beraten und aufzurüsten, damit diese potenzielle Flüchtlinge bereits weit
vor der EU-Grenze abfangen und zurückschicken. „Vorverlagerung“ heißt das
im Jargon.
Nachdem die Abkommen mit Gaddafi und anderen Diktatoren südlich des
Mittelmeers hinfällig geworden sind, ist Frontex nun damit beschäftigt, im
Auftrag der EU die unsichtbare Mauer wieder aufzubauen.
Doch das ist ja nicht nur das Werk böser Politiker. Die Abschottung Europas
ist von der großen Mehrheit der Europäer ja durchaus gewünscht. Die Toten
vor Lampedusa mögen einen Augenblick lang ein ungutes Gefühl erzeugen. Doch
wenn die jetzt beginnenden Herbststürme am Mittelmeer dafür sorgen werden,
dass erst einmal keine weiteren Flüchtlinge kommen können, ist das unschöne
Thema schnell wieder vergessen.
17 Oct 2013
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Frontex
EU-Außengrenzen
Flüchtlingspolitik
Flüchtlingspolitik
Italien
Flüchtlinge
Flüchtlinge
Berlin
Flüchtlinge
Flüchtlinge
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar EU-Grenzschützer Frontex: Der Zaun wird höher
Die EU-Kommission schlägt neue Regeln für die Seegrenzenüberwachung vor.
Mit der Genfer Flüchtskonvention sind sie nicht zu vereinbaren.
Flüchtlingsdrama vor Italien: Trauerfeier ohne Überlebende
In der sizilianischen Stadt Agrigent wurde den Toten des Schiffsunglücks
vor Lampedusa gedacht. Die Überlebenden durften nicht teilnehmen. Ihnen
blieb nur der Protest.
Debatte Flüchtlingspolitik: Studienplätze statt Bootsplätze
Schluss mit dem Elend: Die Tore sollten für Afrikas Elite von morgen offen
sein. Wer in Europa studieren darf, kann danach seine Heimat verändern.
Schutz der EU-Außengrenzen: Frontex verletzt Menschenrechte
Die Grenzagentur Frontex fängt Flüchtlinge auf See ab und schickt sie
zurück. Das ist menschenrechtswidrig und verstößt gegen die Genfer
Konvention.
Durststreik der Berliner Flüchtlinge: „Vielleicht muss einer sterben“
Die Flüchtlinge in Berlin haben wenig Hoffnung, dass ihre Forderung erfüllt
wird. Eine von ihnen ist Elsa Mesfen. Sie war schon zweimal im Krankenhaus.
Flüchtlings-Zukunft: Rettende Paragrafen nicht bedacht
Hamburgs Senat könnte den Lampedusa-Flüchtlingen sehr wohl helfen, sagen
deren Unterstützer. Das Rathaus scheue den Konflikt mit der
Bundesregierung.
Durststreik der Flüchtlinge: Reihenweise Zusammenbruch
Die Hungerstreikenden vom Brandenburger Tor geben nicht auf – obwohl immer
mehr von ihnen kollabieren. Bundespolitik zeigt keine
Gesprächsbereitschaft.
Flüchtlingsproteste in Deutschland: Lampedusa hat nichts geändert
In Hamburg mehrt sich Kritik am Vorgehen der Polizei. In Berlin kollabieren
immer mehr Menschen beim Durststreik.
Kommentar Flüchtlingspolitik: Politik ist Schuld an der Eskalation
Der Protest für die Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg radikalisiert sich.
Die Politik diskreditiert sogar die humanitären Bemühungen der Kirche.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.