# taz.de -- Kleine Chronologie der größten Demos: Gemeinsam stark gegen rechts | |
> Die „Wir sind die Brandmauer“-Kundgebung am Samstag in Berlin war eine | |
> der größten Demonstrationen, die Deutschland je gesehen hat. Eine | |
> Übersicht. | |
Bild: Großdemonstration in Berlin am 8. November 1992 | |
BERLIN taz | Die Enthüllungen des Recherchenetzwerks „Correctiv“ über ein | |
geheimes Treffen von AfD-Politiker:innen mit Neonazis haben bundesweite | |
Proteste ausgelöst. Seit Mitte Januar haben bislang schon mehr als 2 | |
Millionen Menschen auf mehr als 500 Veranstaltungen quer über die Republik | |
verteilt gegen die rechte Gefahr demonstriert. Auch an diesem Wochenende | |
gehen wieder an zahlreichen Orten Hunderttausende auf die Straße, die | |
größte Demonstration fand am Samstag in Berlin statt. Die Kundgebung | |
[1][vor dem Reichstagsgebäude] gehört sogar zu den größten Demonstrationen, | |
die Deutschland je gesehen hat. Ein Blick in die jüngere und etwas ältere | |
Demogeschichte der Bundesrepublik. | |
***** | |
## Gegen Rechtsextremismus und Rassismus | |
8. November 1992: Etwa 350.000 Menschen protestieren in Berlin unter dem | |
Motto „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ [2][gegen Ausländerhass und | |
Fremdenfeindlichkeit]. | |
9. November 1992: Unter dem Motto [3][„Arsch huh, Zäng ussenander“] | |
versammeln sich rund 100.000 Menschen auf dem Chlodwigplatz in Köln. Sie | |
folgen damit einem Aufruf Kölner Künstlerinnen und Künstler, gegen | |
Rassismus und Neonazis zu demonstrieren. | |
6. Dezember 1992: 400.000 Menschen nehmen in München an der [4][ersten | |
Lichterketten-Demonstration] gegen Fremdenhass, Rechtsradikalismus und | |
Antisemitismus teil. | |
9. November 2000: Mehr als 200.000 Menschen demonstrieren in Berlin „für | |
Menschlichkeit und Toleranz“. | |
13. Oktober 2018: Zwischen 200.000 und 250.000 Menschen gehen in Berlin | |
unter dem Motto „#unteilbar – solidarität statt ausgrenzung“ [5][für ei… | |
offene und freie Gesellschaft auf die Straße]. | |
19. Januar 2024: Unter dem unter dem Motto „Hamburg steht auf – Gemeinsam | |
gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke“ demonstrieren nach | |
Berechnungen der Hamburger Innenbehörde rund 180.000 Menschen in der | |
Hansestadt. [6][Wegen des Massenandrangs] muss die Demo auf Anraten der | |
Polizei aus Sicherheitsgründen vorzeitig beendet worden. | |
21. Januar 2024: Unter dem Motto „Demokratie verteidigen: Zusammen gegen | |
Rechts“ [7][demonstrieren in Berlin] nach Angaben der Organisatoren 350.000 | |
Menschen, die Polizei spricht von 100.000. In München nehmen nach | |
Veranstalterschätzung 250.000, laut Polizei 100.000 Menschen. Die Demo | |
unter dem Motto „Gemeinsam gegen rechts“ muss wegen Sicherheitsbedenken | |
abgebrochen werden. | |
19. – 21. Januar 2024: Nach Angaben des Bündnisses „Zusammen gegen rechts�… | |
demonstrieren an diesem Wochenende in mehr als 80 Städten insgesamt mehr | |
als 1,5 Millionen Menschen. | |
27. Januar 2024: Düsseldorf erlebt [8][die größte Demonstration in der | |
Geschichte] der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt: Unter dem Motto | |
„Gegen die AfD! Wir schweigen nicht. Wir schauen nicht weg. WIR HANDELN!“ | |
demonstrieren sowohl nach Veranstalter- als auch nach Polizeiangaben | |
100.000 Menschen. | |
28. Januar 2024: Unter dem Motto „Für Vielfalt und unsere Demokratie – | |
Hamburg steht zusammen gegen die AfD“ demonstrieren in der Hansestadt | |
erneut laut Veranstalterangaben 100.000 Menschen, die Polizei zählt diesmal | |
60.000 Demonstrant:innen. | |
26. – 28. Januar 2024: Nach Angaben des Bündnisses „Zusammen gegen rechts�… | |
demonstrieren an diesem Wochenende in mehr als 320 Städten [9][insgesamt | |
mehr als 820.000 Menschen]. | |
3. Februar 2024: Unter dem Motto „Wir sind die Brandmauer“ demonstrieren | |
nach Veranstalterangaben rund 300.000 Menschen vor dem Reichstag in Berlin. | |
Die Polizei spricht von mehr als 150.000 Demonstrantinnen und | |
Demonstranten. | |
***** | |
## Friedensbewegung | |
17. April 1958: In Hamburg protestieren etwa 150.000 Menschen gegen den | |
„Atomtod“. Auch in Bremen, Dortmund, Essen, Kiel, Mannheim und München | |
finden größere Demonstrationen statt. | |
12. – 15. April 1968: In zahlreichen deutschen Städten gehen insgesamt rund | |
300.000 Menschen auf die Straße. Das ist der Höhepunkt der [10][1960 aus | |
Großbritannien in die Bundesrepublik exportierten Ostermarschbewegung]. Ein | |
Comeback erleben [11][die Ostermärsche] zwischen 1981 und 1984, als erneut | |
Hunderttausende ihnen teilnehmen. | |
10. Oktober 1981: Unter dem Motto „Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam | |
vorgehen! Für Abrüstung und Entspannung in Europa!“ demonstrieren etwa | |
300.000 Menschen im Bonner Hofgarten gegen den NATO-Doppelbeschluss. | |
10. Juni 1982: Anlässlich eines Staatsbesuches des US-Präsidenten Ronald | |
Reagan demonstrieren bis zu 400.000 Menschen auf den Bonner Rheinwiesen. | |
22. Oktober 1983: Erneut gegen den NATO-Doppelbeschluss und [12][wieder im | |
Bonner Hofgarten] – und drumherum – demonstrieren bis zu 500.000 Menschen. | |
In Hamburg sind es zeitgleich 400.000. An einer Menschenkette von Stuttgart | |
bis Neu-Ulm beteiligen sich je nach Schätzung zwischen 200.000 und 400.000. | |
11. Oktober 1986: Unter dem Motto „Frieden braucht Bewegung“ protestieren | |
[13][mehr als 180.000 Menschen] vor dem US-Stützpunkt Hasselbach im | |
Hunsrück gegen die Stationierung von Mittelstreckenwaffen in Deutschland. | |
26. Januar 1991: In Bonn demonstrieren 200.000 Menschen [14][gegen den | |
ersten Irakkrieg]. | |
15. Februar 2003: Berlin erlebt die bislang größte Friedenskundgebung in | |
der bundesdeutschen Geschichte. Diesmal spricht selbst die Polizei von | |
500.000 Teilnehmer:innen, die [15][gegen den bevorstehenden zweiten | |
Irakkrieg] protestieren. Die Veranstalter gehen von einer noch höheren Zahl | |
aus. | |
27. Februar 2022: Nach Veranstalterangaben demonstrieren auf der Straße des | |
17. Juni in Berlin 500.000 Menschen [16][gegen den Einmarsch russischer | |
Truppen in die Ukraine]. Die Polizei spricht von mindestens 100.000 | |
Teilnehmer:innen. | |
28. Februar 2022: Statt dem traditionellen Rosenmontagszug, demonstrieren | |
in Köln 250.000 Menschen, teils kostümiert, gegen den russischen Überfall | |
auf die Ukraine. | |
***** | |
## Ökologiebewegung | |
28. Februar 1981: In der schleswig-holsteinischen Wilstermarsch | |
protestieren bis zu 100.000 Menschen gegen den Bau des AKW Brokdorf. | |
24. April 2010: An einer [17][Menschenkette zwischen den AKWs] Brunsbüttel, | |
Brokdorf und Krümmel beteiligen sich rund 120.000 Atomkraftgegner:innen. | |
26. März 2011: Nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima [18][demonstrieren | |
in Berlin] 120.000 Menschen für den Atomausstieg, 50.000 sind es [19][in | |
Hamburg], in Köln und München jeweils 40.000. | |
20. September 2019: Laut Fridays for Future nehmen in Deutschland etwa 1,4 | |
Millionen Menschen in 575 Orten und Städten am [20][„Global Climate | |
Strike“] teil. Die meisten Demonstran:innen gehen in Berlin auf die | |
Straße. Die Veranstalter kommen auf rund 270.000, die Polizei zählt knapp | |
100.000. In Hamburg sollen es mindestens 100.000 sein. | |
24. September 2021: Zwei Tage vor der Bundestagswahl mobilisiert Fridays | |
for Future nach eigenen Angaben deutschlandweit mehr als 620.000 Menschen | |
für mehr Klimaschutz. Alleine [21][in Berlin sollen es 100.000 sein]. Die | |
Polizei zählt 50.000. | |
***** | |
## Arbeit & Soziales | |
28. Oktober 1993: Aufgerufen von der IG Bau-Steine-Erden, fordern 120.000 | |
Bauleute in Bonn: „Hände weg vom Schlechtwettergeld!“ | |
15. Juni 1996: Etwa 350.000 Menschen folgen dem Aufruf des DGB und seiner | |
Einzelgewerkschaften und [22][demonstrieren im Bonner Hofgarten] gegen | |
Sozialabbau. | |
14. Februar 1997: Für den Erhalt der Arbeitsplätze im Steinkohlebergbau | |
reihen sich 220.000 Menschen im Ruhrgebiet in ein 93,1 Kilometer langes | |
„Band der Solidarität“ ein, das von Neukirchen-Vluyn bis Lünen reicht. | |
3. November 2003: Etwa 100.000 Unzufriedene protestieren in Berlin gegen | |
die Agenda 2010. | |
3. April 2004: Diesmal bringt der Unmut gegen die Agenda 2010 knapp 250.000 | |
Menschen [23][in Berlin auf die Straße]. In Stuttgart sind es 140.000, | |
[24][in Köln zwischen 100.000 und 120.000]. | |
10. Oktober 2015: Gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA | |
[25][demonstrieren in Berlin] nach Veranstalterangaben 250.000 Menschen, | |
die Polizei will 150.000 gezählt haben. | |
***** | |
## Grund- und Freiheitsrechte | |
11. Mai 1968: Mit einem „Sternmarsch auf Bonn“ protestieren Zehntausende | |
gegen die Notstandsgesetze. Die Veranstalter sprechen von 70.000 Menschen, | |
die Polizei von 20.000. | |
16. Oktober – 20. November 1989: Woche für Woche beteiligen sich mehr | |
DDR-Bürger:innen an den Montagsdemonstrationen in Leipzig, schließlich sind | |
es mehr als 320.000. | |
4. November 1989: Zwischen 500.000 und einer Million Menschen – die | |
Zählungen weichen bis heute stark voneinander ab – demonstrieren [26][auf | |
dem Berliner Alexanderplatz] für Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Es ist | |
die erste offiziell genehmigte Demonstration in der DDR, die nicht vom | |
Machtapparat ausgerichtet wird. | |
22. Oktober 2022: Nach dem Tod der 22 Jahre alten Mahsa Amini demonstrieren | |
[27][zwischen 80.000 und 100.000 Menschen] in Berlin gegen das iranische | |
Mullah-Regime. | |
3 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /-Liveticker-Demos-gegen-rechts-/!5989822 | |
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[3] https://youtu.be/WOSSeSWZdww?si=UqdVnVlm8j_7oT3V | |
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Pascal Beucker | |
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