# taz.de -- Rot-Grün rettet Gewerkschaft | |
> Eine halbe Million Menschen protestiert in Deutschland gegen den | |
> Sozialabbau der Regierung. Doch der neue SPD-Chef Franz Müntefering macht | |
> ihnen keine Hoffnung auf eine politische Wende | |
BERLIN/KÖLN/STUTTGART taz ■ So viel Protest gegen Rot-Grün gab es noch nie: | |
Eine halbe Million Menschen demonstrierte am Samstag gegen den von der | |
Bundesregierung verantworteten Sozialabbau. Allein in Berlin beteiligten | |
sich rund 250.000 Menschen. In Köln gingen etwa 100.000 auf die Straße, in | |
Stuttgart waren es 150.000. Die Aktionen waren von den Gewerkschaften | |
koordiniert worden. Franz Müntefering, Boss der 640.000 Mitglieder starken | |
SPD, will den Massen aber nicht weichen: „Wir können nur das Geld | |
verteilen, das wir haben“, sagte er. | |
In Berlin erteilte DGB-Chef Michael Sommer der Reformpolitik eine deutliche | |
Absage: „Auf der Basis der Agenda 2010 gibt es keinen Schulterschluss.“ Es | |
müsse Schluss sein „mit einer Politik, die der Masse der Bevölkerung | |
schadet und die Reichen immer reicher und die das Kapital und seine Manager | |
immer dreister werden lässt“, sagte Sommer. | |
Ver.di-Chef Frank Bsirske kündigte in Stuttgart massiven Widerstand gegen | |
Forderungen nach Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst an. Er | |
beschwor eine „Volksbewegung für soziale Gerechtigkeit“. In Köln | |
kritisierte Peters auch den Kandidaten von Union und FDP für das Amt des | |
Bundespräsidenten: „Wir brauchen keinen Bundespräsidenten, der eine | |
Arbeitszeitverlängerung lauthals begrüßt, aber nicht einmal an die denkt, | |
die Arbeit suchen.“ | |
Neben den Gewerkschaften hatten Sozialverbände, linke Gruppen und die | |
globalisierungskritische Attac zu den Demonstrationen aufgerufen. Die | |
Teilnehmerzahl übertraf dabei die Erwartungen deutlich. „Wir haben heute | |
eine riesengroße Bewegung in Gang gesetzt“, sagte Peters in Köln | |
euphorisch. | |
Der neue SPD-Vorsitzende Müntefering kritisierte, dass die Demonstranten | |
nur zeigten, wogegen sie seien. Es reiche aber nicht aus, „populistisch den | |
Leuten nach dem Mund zu reden“. Es sei ein Missverständnis zu glauben, man | |
könne weitermachen wie bisher. SPD-Generalsekretär Benneter sagte, die | |
Gewerkschaften müssten „erkennen, wo der wahre Gegner steht“, nämlich bei | |
der Opposition. | |
Die schloss sich der Kritik an den Demonstrationen an. FDP-Chef Westerwelle | |
erklärte, viele Gewerkschaftsfunktionäre seien „Verräter der | |
Arbeitnehmerschaft und der Arbeitslosen, weil sie die Erneuerung der | |
sozialen Marktwirtschaft bekämpfen“. Unionsfraktionsvize Merz sagte, einige | |
Gewerkschaften träumten noch von den 70er-Jahren. KLH | |
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5 Apr 2004 | |
## AUTOREN | |
KLH | |
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