| # taz.de -- Großdemonstration in Berlin: Anschreien gegen den Krieg | |
| > In Berlin gehen Hunderttausende gegen den Ukraine-Krieg auf die Straße. | |
| > Nicht alle dort finden, dass Waffenlieferungen tabu sein sollten. | |
| Bild: Schön wärs: „Peace“ steht in großen Buchstaben auf der Straße des… | |
| Berlin taz | Am Sonntag haben sich Hunderttausende in Berlin versammelt, um | |
| gegen den Krieg in der Ukraine zu protestieren und Solidarität mit dem | |
| EU-Nachbarland zu zeigen. Die Veranstalter sprechen gar von über 500.000 | |
| Teilnehmer:innen. Die Demonstration unter dem Motto „Stoppt den Krieg! | |
| Frieden für die Ukraine und ganz Europa“ war eine von vielen | |
| Veranstaltungen, die weltweit von Auckland bis Washington am Wochenende | |
| stattfanden. | |
| Zu der Friedensdemo hatte ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher | |
| Vereine und Verbände aufgerufen, darunter die Bürgerbewegung Campact, | |
| Greenpeace, die Seebrücke, Verdi und die Gewerkschaft der Polizei. | |
| Gemeinsam fordern sie die russische Regierung auf, „alle Angriffe | |
| einzustellen, sich aus der Ukraine zurückzuziehen und deren territoriale | |
| Integrität wiederherzustellen“. | |
| Bevor die Kundgebung beginnt, spielt eine Band. Sie singen von Panzern. | |
| Eine Gruppe junger Studierender aus der Ukraine schreit gegen den Gesang | |
| an: „Musik aus! Wir haben Krieg!“ Eine der jungen Frauen hat Tränen in den | |
| Augen, als sie sagt: „Unsere Familien sterben zu Hause und sie spielen hier | |
| Musik. Das ist kein Fest.“ | |
| Sie hätten versucht, ihre Familien zu überreden, nach Deutschland zu | |
| kommen, „aber sie wollen zu Hause bleiben und unsere Heimat verteidigen“. | |
| Ihre Freundin zeigt auf ihr Plakat: „Heute wir, morgen ihr“. Die Gruppe | |
| bahnt sich einen Weg nach vorne durch die Menge, um weiter gegen die Band | |
| anzuschreien. | |
| ## Importstopp für Öl und Gas gefordert | |
| Christoph Bautz von Campact ist sich sicher, dass Putin die öffentliche | |
| Meinung in Europa interessiere. Diese zu beeinflussen sei ein Ziel seiner | |
| Politik gewesen. Diese Demonstration, an der die breite Bevölkerung | |
| teilnehme, sei daher „ein Desaster“ für Putin. „Er wird merken, dass die | |
| Menschen in ganz Europa gegen diesen völkerrechtswidrigen und imperialen | |
| Angriffskrieg aufstehen.“ | |
| Auch Alexander Lurz von Greenpeace glaubt an die Wirkmächtigkeit der | |
| Demonstration. Der Abrüstungsexperte weiß, dass Kriege nicht enden, weil | |
| die letzte Patrone verschossen ist. „Kriege enden dadurch, dass der | |
| moralische Druck hoch wird, das Leid der Opfer zu sehr gesehen wird“, sagt | |
| er. Diesem Druck könne sich auch die russische Führung nicht entziehen. | |
| Bautz fordert zudem weitere Sanktionen: einen Importstopp von Kohle, Öl und | |
| Gas. Auch wenn das für Deutschland massive Konsequenzen habe. „Das sollte | |
| uns die Freiheit, unsere Werte und das Leben der Ukrainer:innen Wert | |
| sein“, sagt Bautz. | |
| Waffenlieferungen in Krisengebiete steht das Friedensbündnis allerdings | |
| kritisch gegenüber. Es gebe das Selbstverteidigungsrecht, weshalb er die | |
| Entscheidung der Bundesregierung, Waffen in die Ukraine zu liefern, | |
| nachvollziehen könne. „Als Friedensbündnis sind wir aber der Meinung, dass | |
| mehr Waffen einen Konflikt auch anheizen können.“ | |
| Unter den Demonstrierenden teilen nicht alle diese Meinung. Ein Mann | |
| erzählt, dass er zwar Teil der Ostdeutschen Friedensbewegung gewesen sei | |
| und deswegen in der DDR im Gefängnis gesessen habe, aber trotzdem störe ihn | |
| nun das „Wischi-Waschi“ der Friedensbewegung. „Immer dieses Glaube daran, | |
| dass Waffen nicht die Lösung sind“, schnaubt er, „erzähl das jetzt mal den | |
| Ukrainern“. | |
| Die in der Ukraine geborene Aktivistin Oleksandra Bienert sieht das | |
| ähnlich: „In der Ukraine wird der Frieden gerade nicht mit Gebeten | |
| verteidigt. Deshalb stehe ich heute auf einer Friedensdemo und fordere | |
| Waffen.“ Sie spricht auf der Bühne vor der Siegessäule und fragt, warum | |
| Deutschland blind gegenüber dem russischen Imperialismus gewesen sei. | |
| „Viele meiner deutschen Bekannten haben gesagt, der Krieg kommt so | |
| überraschend. Aber er kommt nicht überraschend.“ Diese Demonstration hätte | |
| schon 2014 stattfinden sollen, als Russland die Krim annektierte und einen | |
| Krieg in der Ostukraine begann. | |
| 27 Feb 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Sophie Fichtner | |
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