| # taz.de -- Anti-Israelische Plakataktion in Berlin: Mordaufruf gegen linke Kne… | |
| > In Berlin kursieren anti-israelische „Fahndungsplakate“ gegen Betreiber | |
| > der linken Schänke „Bajszel“. Kein Einzelfall: Ein weiteres betraf einen | |
| > taz-Redakteur. | |
| Bild: Die Kneipe „Bajszel“ in Berlin-Neukölln ist schon seit längerem Zie… | |
| Berlin taz | Es ist Mittwoch gegen 13.30 Uhr, [1][als Alexander Carstiuc | |
| von dem Plakat erfährt, das ihn als Ziel markiert]. Ein Nachbar hatte | |
| wenige Minuten zuvor eine Mail verschickt, um ihn zu warnen. Das Plakat | |
| zeigt Carstiucs Porträtfoto, er trägt darauf den schwarzen Hut, für den er | |
| bekannt ist. Neben seinem Bild stehen auch die Namen und Fotos seiner zwei | |
| Geschäftspartner*innen, Alexander Renner und Andrea Reinhardt, mit denen er | |
| zusammen die Kneipe „Bajszel“ in Berlin-Neukölln betreibt. Die | |
| Programmschänke ist bekannt für ihre Veranstaltungen gegen Antisemitismus. | |
| Überschrieben ist das Poster mit der Parole „Make Zionists Afraid“, | |
| übersetzt: „Macht Zionisten Angst“. Drei rote Dreiecke zeigen auf die Fotos | |
| darunter. Dreiecke, mit denen die islamistische Terrororganisation Hamas | |
| und ihre Unterstützer*innen Feinde markieren. Unter den Bildern steht | |
| in schwarzer Schrift auf rotem Balken „Wanted“. | |
| Ein auf Deutsch und Englisch verfasster Text enthält unverhohlene | |
| Drohungen: „Wer sich während eines Völkermordes auf die Seite der Täter | |
| stellt, sollte sich nirgendwo sicher fühlen“, heißt es darin. Die zwei | |
| Absätze enden mit dem Satz: „Wir wollen, dass diese drei für immer | |
| schweigen und als Warnung für alle Zionisten in Berlin und Neukölln gelten | |
| können.“ | |
| Das Plakat muss als öffentlicher Aufruf zum Mord verstanden werden. | |
| ## Weitere Plakate mit Mordaufrufen im gleichen Stil | |
| Nach Informationen der taz ist das Plakat kein Einzelfall. Es steht in | |
| einer Reihe mit Mordaufrufen und Billigungen von Morden, die seit Mai 2024 | |
| in Berlin öffentlich ausgehängt wurden und miteinander zusammenhängen | |
| dürften. Fotos aus dieser Reihe liegen der taz vor. Die Plakate betreffen | |
| Menschen aus unterschiedlichen Bereichen und fanden sich in Neukölln, in | |
| Berlin-Mitte, in der Nähe der Humboldt-Universität und dem | |
| Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Uni. | |
| Die Aufmachung der Plakate variiert, aber sie ähneln sich in vielen | |
| Punkten: Jeweils wird der volle Name genannt und ein rotes Dreieck über ein | |
| Porträt-Foto montiert, mal taucht die Parole „Make Zionists Afraid“ auf, | |
| immer die roten Balken und das Wort „Wanted“. Die Schriftart erinnert an | |
| Schreibmaschinen-Stil. | |
| Die Texte – mal nüchtern, mal etwas bildhafter formuliert – sind jeweils in | |
| Deutsch und Englisch und teils zudem auf Arabisch übersetzt. Der oder die | |
| Täter*innen nutzten jeweils graues Gewebe-Klebeband, um die Plakate zu | |
| befestigen. | |
| Zielmarkierungen in diesem Stil betrafen nach taz-Informationen unter | |
| anderem einen in Berlin aufgewachsenen Sprecher der israelischen Armee und | |
| einen Vertreter eines israelischen Rüstungsunternehmens in Deutschland. | |
| ## taz-Redakteur wurde mit ähnlichem Plakat als Ziel markiert | |
| Auch [2][ein Mordaufruf gegen den taz-Redakteur Nicholas Potter], der im | |
| April nahe dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität sowie an weiteren | |
| Orten entdeckt wurde, folgte dem gleichen Muster. In dem Steckbrief hieß es | |
| unter anderem: „Lasst uns denjenigen, die den Völkermord in Palästina | |
| ideologisch ermöglichen, keine Sekunde der Sicherheit gönnen.“ Er endete | |
| mit der Formulierung: „Sie sind normale Menschen die bluten wie jeder | |
| andere auch und sie können erniedrigt und eliminiert werden.“ (sic!). | |
| Fast gleichlautend wurde auch das Plakat zu dem israelischen | |
| Rüstungsvertreter beschriftet – mit dem Verweis, dass sich dieser | |
| regelmäßig in Berlin aufhalte. Öffentlich bekannt ist der Mann nicht, er | |
| tritt selten auf. Wie gerade er in den Fokus der Plakatierer kam, ist | |
| unklar. | |
| Anders der Sprecher der israelischen Armee: Er ist regelmäßig in den Medien | |
| zu sehen und eine bekannte Figur. Zu ihm heißt es auf dem Plakat, er sei | |
| regelmäßig in der Stadt. Ihm müsse man zeigen, „dass der Widerstand keine | |
| Grenzen und keine Gnade kennt“. | |
| ## Mord an Deutsch-Israeli Lischinsky öffentlich begrüßt | |
| [3][Ende Mai 2025 entfernte die Berliner Polizei in Berlin-Mitte mehrere | |
| Plakate], die in der Nähe der Uni-Bibliothek Grimm-Zentrum entdeckt wurden. | |
| Sie zeigten den 30-jährigen Deutsch-Israeli Yaron Lischinsky. Der | |
| Mitarbeiter der israelischen Botschaft in Washington DC war zwei Tage zuvor | |
| mit seiner Partnerin Sarah Milgrim [4][bei einem Attentat ermordet worden], | |
| wobei der Verdächtige „Free Palestine“ gerufen haben soll. | |
| Auch dieses Plakat in Berlin-Mitte war mit der Parole „Make Zionists | |
| Afraid“ überschrieben, zeigte das rote Dreieck über Lischinsky Porträt und | |
| führte neben dessen Geburtsjahr auch 2025 als Todesjahr auf. | |
| Und nun die Kneipenwirte des Bajszel. | |
| Laut Betreiber Carstiuc hätten sie bislang sieben solcher Poster in der | |
| Nähe der Bar gefunden – mal geklebt, mal als Flyer auf einem Stromkasten. | |
| Ein weiteres fand sich in Friedrichshain. | |
| ## Kneipe „Bajszel“ schon länger Ziel von Angriffen | |
| Dass das Bajszel, seine Betreiber*innen und Gäste Anfeindungen | |
| ausgesetzt sind, ist nicht neu. [5][Seit dem Terrorangriff der Hamas auf | |
| Israel am 7. Oktober 2023 steht die Kneipe im Fokus der anti-israelischen | |
| Szene, die sich zunehmend radikalisiert hat und in Neukölln besonders aktiv | |
| ist.] Die „Programmschänke“ Bajszel gehört zum Spektrum der | |
| gesellschaftlichen Linken und positioniert sich öffentlich „Gegen jeden | |
| Antisemitismus“, also auch gegen jenen innerhalb der linken Szene. | |
| Aufkleber in der Kneipe fordern die Freilassung der israelischen Geiseln | |
| der Hamas. | |
| Das [6][Veranstaltungsprogramm ist dezidiert, aber dreht sich keineswegs | |
| nur um den Nahen Osten]. Am Donnerstagabend stellte die Neuköllner | |
| Integrationsbeauftragte Güner Balci hier ihre Autobiografie vor, im | |
| September wurde über Klimawandel und Gesellschaftskritik diskutiert, der | |
| Schauspieler Robert Stadlober las Kurt Tucholsky und der Berliner | |
| Holocaustüberlebende Horst Selbiger erzählte am vergangenen Montag aus | |
| seinem Leben. | |
| Bereits seit Monaten fanden all diese Veranstaltungen unter Polizeischutz | |
| statt. [7][Seit April bewacht ein Streifenwagen die Kneipe rund um die | |
| Uhr.] In den sechs Monaten davor war die Polizei ab und zu vor Ort, nachdem | |
| Unbekannte im September 2024 versucht hatten, einen Brandanschlag auf die | |
| Kneipe zu verüben und die Scheibe einzuschlagen, während ein Betreiber und | |
| Gäste noch anwesend waren. | |
| Bereits kurz nach dem Terrorangriff des 7. Oktober 2023 war es zu Angriffen | |
| gekommen. Mitarbeiter*innen und Gäste wurden bedroht, die Außenwand | |
| mit den roten Dreiecken besprüht und mehrfach die Scheibe eingeworfen. | |
| ## Staatsschutz der Berliner Polizei ermittelt | |
| Eine Sprecherin der Berliner Polizei bestätigte der taz, dass wegen der | |
| Plakate gegen die Bajszel-Betreiber*innen der Staatsschutz ermittele. Ob | |
| ein Zusammenhang auch zu den anderen Plakaten gesehen wird und bereits | |
| Tatverdächtige dafür ermittelt wurden, ließ die Sprecherin offen. Wegen der | |
| laufenden Ermittlungen könne sie dazu keine Angaben machen. | |
| Zu dem Plakat, das den Mord an dem Deutsch-Israeli Yaron Lischinsky | |
| billige, ermittelt die Polizei wegen des Verdachts der Billigung von | |
| Straftaten und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und | |
| terroristischer Organisationen. | |
| Laut Berliner Generalstaatsanwaltschaft wird im Fall des taz-Redakteurs | |
| Nicholas Potter wegen Verleumdung ermittelt. Das aber bezieht sich auf | |
| Sticker und Internetpostings, mit denen Potter bereits vor den Plakaten | |
| wegen seiner Berichterstattung zu Nahost beschimpft und bedroht wurde. Ob | |
| und wie die Generalstaatsanwaltschaft zu den Plakaten ermittelt, ließ ein | |
| Sprecher zunächst offen. | |
| Die aktuellen Mordaufrufe fallen in eine Zeit, in der die Stimmung | |
| besonders in der Hauptstadt ohnehin aufgeheizt ist. [8][Erst am Mittwoch | |
| nahm die Polizei in Berlin drei mutmaßliche Hamas-Anhänger fest, die in | |
| Deutschland Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen geplant | |
| haben sollen.] Sie wurden bei einer Waffenübergabe in der Turmstraße in | |
| Moabit überwältigt. Sichergestellt wurden 300 Patronen und ein Sturmgewehr. | |
| Bajszel-Betreiber Carstiuc und seine Geschäftspartner*innen besorgt | |
| das Plakat, sie fühlen sie sich aber nicht alleingelassen. „Wir bekommen | |
| zahlreiche Anfragen und Solidaritätsbekundungen“, sagte er der taz. | |
| 2 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Nahost-Konflikt-in-Berlin/!6117456 | |
| [2] /Mordaufruf-gegen-Redakteur-Stellungnahme-der-taz-Chefredaktion-zur-Bedrohu… | |
| [3] /Berliner-Staatsschutz-ermittelt/!6090490 | |
| [4] /Toedliche-Schuesse-in-USA/!6086185 | |
| [5] /Anschlaege-auf-Programm-Schaenke/!6044617 | |
| [6] https://bajszel.de/ | |
| [7] /Angriffe-gegen-Kulturkneipe/!6082192 | |
| [8] /Waffen-fuer-Anschlaege/!6117378 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
| Anne Fromm | |
| Sophie Fichtner | |
| Konrad Litschko | |
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