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# taz.de -- Antizionistischer Angriff: Bar unter Beschuss
> Seit Monaten wird das Bajszel von antizionistischen Aktivisten
> angegriffen. Am Wochenende gab es einen Brandanschlag.
Bild: Spuren des Brandanschlags auf die Bar in der Emserstraße
Berlin taz | Emserstraße, Berlin-Neukölln. Hier liegt das Bajszel. Bar und
Veranstaltungsort. Genauer: Es liegt am Kirsten-Heisig-Platz. Benannt ist
der nach der gleichnamigen Jugendrichterin, die entschlossen gegen
jugendliche Gewalttäter vorging und sich 2010 das Leben nahm.
Bei einem Ortstermin vergangene Woche verlässt ein Feuerwehrauto die
Einfahrt zur nahen Wache. „Gebrannt hat es bisher noch nicht“, sagt
Alexander Carstiuc. „Aber als Feind sind wir markiert.“ Das war vor der
Nacht von Samstag auf Sonntag. Inzwischen hat es gebrannt. Unbekannte
warfen einen Brandsatz auf die Frontscheibe des Lokals und verklebten die
Türe. In der Bar hielt sich noch eine Mitarbeiterin auf.
Carstiuc ist einer der drei Betreiber des Bajszel. Schon kurz nach dem 7.
Oktober seien sie ins Visier antizionistischer Aktivisten geraten, sagt er.
Vor dem Brandanschlag durch [1][Farbattacken auf das Lokal und
Hamas-Graffiti]. Alles, weil sie hier regelmäßig antisemitismuskritische
Veranstaltungen abhielten.
Noch immer sind die Graffiti an den Hauswänden zu erkennen. In plakativem
Rot leuchten sie von den gelben Wänden wie Menetekel. Unverkennbare
Drohungen sind es: Die roten Dreiecke, mit denen die Hamas feindliche Ziele
für zukünftige Angriffe markiert. „Glory to Al Qassam“ steht darunter
geschrieben. Die Qassam-Brigaden sind Teil der islamistischen Hamas. Sie
sind für die Massaker am 7. Oktober verantwortlich.
## Farbattacken mit rotem Dreieck der Hamas
Attacken wie diese sind keine Einzelfälle. Unlängst ist das [2][rote
Dreieck der Hamas zum gängigen Symbol anonymer Angriffe] auf jüdische,
antisemitismuskritische oder als zionistisch identifizierte Personen und
Einrichtungen geworden. Auf Clubs wie das About Blank, Zeitungen wie den
Tagesspiegel und jüngst auch auf Kultursenator Joe Chialo (CDU).
Wer dahinter steckt? Ob es sich um koordinierte Aktionen handelt? Das ist
zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Alexander Carstiuc aber hat die Angreifer
schon zweimal gesehen. Auf der Flucht habe er sie erkannt: „Junge Frauen,
Hipster-Milieu“, sagt er.
Bereits am 20. Oktober war es zu Störungen von Veranstaltungen gekommen.
Auslöser sei das Thema gewesen: die sogenannte Nakba, die Vertreibung von
Palästinensern infolge des Unabhängigkeitskriegs im Jahr 1948.
## Seit Mai finden Farbattacken gegen das Bajszel statt
Kurz nach den Störungen seien es wieder „junge, hippe Leute“ gewesen, die
ins Bajszel gestürmt kamen und die dort aufgehängten Plakate israelischer
Geiseln von den Wänden rissen. Mitte Mai fingen dann die Farbattacken an
und das Beschmieren der Außenwände mit den terroristischen
Feindmarkierungen.
„Eine Radikalisierung der propalästinensischen Bewegung“ sieht Alexander
Carstiuc als Grund dafür. Ausschließen kann er allerdings nicht, dass es
sich bei den Angreifern auch um Islamisten handele, die sich in Neukölln
organisieren.
Einschüchtern lassen wollen sich Alexander, Andrea und Xandi, das
Betreibertrio, trotzdem nicht. Sie kennen sich schon seit Jahren, haben
zusammen Bars und Politik gemacht. Erfahren sind sie im Umgang mit Störern.
## Gäste unterstützen die Betreiber*innen
Dieses Mal scheint es aber ernster zu sein. Zur Sicherheit stehen sie mit
der Polizei im Austausch. [3][Auch mit dem Bezirksamt und der
Nachbarschaft.] Am meisten aber verlassen sie sich auf ihre „engagierten
Gäste“. Die würden beim „Überstreichen helfen und uns schützen“, wie …
Trio einhellig sagt.
Aus Solidarität hat sich vor wenigen Tagen auch ein breites Bündnis
aufgestellt. Aufgerufen hatte die Gesellschaft für kritische Bildung.
Gefolgt waren zivilgesellschaftliche Organisationen wie die
Deutsch-Israelische Gesellschaft und Frauen für Freiheit.
Neben Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) und
Frauenrechtlerin Seyran Ates finden sich auf der Unterstützerliste auch
linke Organisationen wie die Königlich-Bayrische Antifa. Was sie eint: Sie
alle wissen, dass der Angriff aufs Bajszel auch ihnen gilt.
Und der Brandanschlag in der Nacht zum Sonntag? „Wir werten das als
Mordversuch“, sagt Alexander Carstiuc.
29 Sep 2024
## LINKS
[1] /Nahostkonflikt-an-Berliner-Fassaden/!6025772
[2] /Pro-Palaestina-Bewegung-in-Berlin/!6012578
[3] /Rotes-Dreieck/!6013688
## AUTOREN
Jonathan Guggenberger
## TAGS
Hamas
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Studentenproteste
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