# taz.de -- Schweigen der Club-Szene zu Hamas-Terror: Iron Dome gegen Kritik | |
> Nach den barbarischen Morden an mindestens 260 Raver*innen in Israel | |
> schweigen große Teile der Club-Szene. Denn die hat ein | |
> Antisemitismusproblem. | |
Bild: Besucher:innen des „Supernova“-Festivals fliehen vor den Angriffen | |
Das Gelände des Psytrance-Festivals „Supernova“ neben dem Kibbuz Re’im im | |
Süden Israels glich einem Schlachtfeld: [1][Mindestens 260 Raver*innen | |
wurden dort von der Hamas ermordet]. Die radikalen Islamisten stürmten in | |
den frühen Morgenstunden am Samstag schwerbewaffnet das Areal, | |
vergewaltigten laut Augenzeug*innen Frauen, entführten manche nach | |
Gaza. Ihre Leichen werden dort geschändet, halbnackt durch den | |
Küstenstreifen paradiert. Es ist pure Barbarei. | |
Und in der progressiven Partywelt, die sich sonst so gerne und lautstark | |
zum Nahostkonflikt äußert, um den einzigen jüdischen Staat der Welt zu | |
dämonisieren? Die BDS-Hashtags teilt, Tel Aviv boykottiert, Israel | |
„Pinkwashing“ vorwirft und israelische Künstler*innen wegen ihrer | |
Staatsangehörigkeit nicht buchen will? [2][Die deutsche Technoclubs ins | |
Visier nimmt, wenn diese als zu „proisraelisch“ empfunden werden]? | |
Ohrenbetäubendes Schweigen. | |
In den vergangenen Jahren haben sich Teile der Clubkultur sehr bemüht, | |
Israelhass oben auf die Agenda der Szene zu setzen – von | |
[3][#DJsForPalestine] bis hin zu den „Berlin Nightlife Workers Against | |
Apartheid“. Eine Kultur, die aus emanzipatorischen Kämpfen von schwarzen | |
und queeren Communitys geboren wurde, die aber über die Jahrzehnte immer | |
kommerzialisierter, weißer und heteronormativer wurde. Und die deshalb | |
eindeutig Partei für „die gute Sache“ ergreifen will, um das eigene | |
politische Selbstverständnis zu stabilisieren. | |
Aus einem komplexen Konflikt wird eine einfache Erzählung: Israel wird zum | |
Inbegriff des Bösen. Aus einem Schutzort für Jüdinnen*Juden weltweit, | |
gegründet von Schoah-Überlebenden, wird ein „Apartheidstaat“, den es zu | |
„dekolonialisieren“ gelte. Die Buzzwords der BDS-Bewegung finden auf der | |
Tanzfläche Resonanz. Antisemitismusvorwürfe werden abgeschmettert: ein Iron | |
Dome gegen Kritik. Denn sie kollidieren mit dem Selbstbild einer | |
aufgeklärten Clubblase. | |
## Stille – oder Unterstützung für den „Widerstand“ | |
Von den allermeisten dieser Stimmen ist nach dem brutalen Angriff auf | |
Zivilist*innen in Israel am Samstag kein Dezibel zu hören. Klare Worte | |
der Solidarität, der Anteilnahme, der Verurteilung dieser abscheulichen | |
Verbrechen passen offenbar nicht zu einem Weltbild, das Israel nur als | |
Täter kennt – und nie als Opfer. Ganz egal, wie viele Hamas-Raketen die | |
queere Partymetropole Tel Aviv treffen, ganz egal wie viele lebensfrohe | |
Festivalbesucher*innen kaltblütig ermordet werden. | |
Einige wenige aus der Szene haben sich doch zur Situation geäußert. Und | |
schnell wünscht man sich, sie hätten es lieber gelassen. Die dänische | |
Techno-DJ Mama Snake, die BDS unterstützt, teilte in einer Instagram-Story | |
einen Beitrag, der das Massaker an israelischen Zivilist*innen als | |
„Kampf für Leben, Würde und Freiheit“, für „die Vorstellung, dass ande… | |
Welten möglich sind“, verharmlost. Dazu postet sie nicht mal die richtige | |
Flagge, und teilt die jordanische. In einer zweiten Story, offenbar nach | |
Kritik, verurteilt sie doch noch die Gewalt gegen Zivilist*innen. | |
DJs wie Juliana Huxtable und Dina fällt nichts anderes ein, als den | |
„palästinensischen Widerstand“ mit Social-Media-Beiträgen zu unterstütze… | |
Und in den Kommentaren unter Posts zum Festival „Supernova“ reagieren viele | |
User*innen hämisch. Der Tenor: Die ermordeten Psytrance-Fans hätten es | |
verdient, weil sie gewagt haben, in Israel zu feiern. | |
Für jüdische und israelische DJs, viele von ihnen links und keine Fans von | |
„Bibis“ rechtsradikaler Regierung, ist das verheerend. Dr. Rubinstein | |
schreibt auf Instagram: „Ich bin schockiert, dass Leute diese Art von | |
Gewalt befürworten. Zeigt ein wenig Mitgefühl für Menschenleben.“ Ori Raz | |
sagt, er habe lange zum Konflikt geschwiegen, aus Angst, dass er selbst zur | |
Zielscheibe wird. Aber da Kolleg*innen den Terror der Hamas zelebrieren, | |
will er Tacheles reden: „Es erinnert mich an die Geschichte einer Welt, die | |
immer geschwiegen hat, wenn es um die Juden ging.“ | |
Eine Clubkultur, die wirklich progressiv sein will, muss laut sein gegen | |
jede Form von Hass. Und gegen jeden Antisemitismus. | |
9 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /-Hamas-Angriff-auf-Israel-/!5965659 | |
[2] /BDS-boykottiert-drei-deutsche-Clubs/!5616154 | |
[3] /DJ-Boykott-in-Clubszene/!5535187 | |
## AUTOREN | |
Nicholas Potter | |
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