# taz.de -- Abzug der Bundeswehr aus Mali: Wenig Hoffnung in Westafrika | |
> 2024 zieht die Bundeswehr aus Mali ab. In der Sahelzone setzt die | |
> Bundesregierung auf Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten, vor allem mit | |
> Niger. | |
Bild: Auf dem Rückzug: Bundeswehr soll im Mai 2024 Mali verlassen | |
BERLIN taz | Es ist ein düsteres Bild, das die Bundesregierung von | |
Westafrika zeichnet. Islamistische Terrorregime breiten sich aus, Russland | |
und China versuchen ihren Einfluss auszuweiten, die Region ist geprägt von | |
extremer Armut, und die Folgen der Klimakrise schlagen zunehmend durch, was | |
die Versorgungslage zusätzlich erschwert. Im Zentrum steht der Sahelstaat | |
Mali. Seit 2013 versuchten internationale Truppen Islamisten zu stoppen, | |
die malische Zivilbevölkerung zu schützen und einen Zustand nahe am Frieden | |
zu fördern. Auch die Bundeswehr beteiligte sich rund zehn Jahre lang an dem | |
von der UN geführten Blauhelmeinsatz Minusma. | |
[1][Bis Mai 2024 soll sie in Mali bleiben und dann abziehen]. Das hat der | |
Bundestag am Freitag beschlossen. Der Einsatz war und ist gefährlich – und | |
teuer. Laut Bundesverteidigungsministerium werden die Kosten für den | |
[2][Mali-Einsatz bis 2024 rund 4,3 Milliarden Euro betragen]. Etwa 25.300 | |
Soldat:innen waren innerhalb der vergangenen zehn Jahre im Einsatz. | |
Die Hoffnung war groß, dass sich die Lage mit militärischer Absicherung | |
stabilisiert. Doch mit dem Kollaps der ohnehin fragilen demokratischen | |
Bestrebungen der malischen Regierung schwand diese Hoffnung. Seit den | |
Militärputschen 2020 und 2021 wird die Arbeit der Bundeswehr mehr und mehr | |
behindert. Und: Vor allem Russland sucht den Schulterschluss mit Malis | |
Sicherheitskräften. | |
## Einsatz in Mali nicht mehr verantwortbar | |
Frankreich ist bereits abgezogen, Großbritannien und Schweden sind dabei, | |
nun soll auch die Bundeswehr ihren Einsatz beenden. Mit einem geordneten | |
Abzug. Material und Personal herauszuholen sei hochkomplex, die Region | |
dürfe nicht weiter destabilisiert werden, heißt es von Verteidigungs- und | |
Sicherheitsexperten. Und man will – so lautet der Auftrag – die Wahlen in | |
Mali im Februar 2024 unterstützen. | |
„Der Abzug der Bundeswehr aus Mali wird die Vereinten Nationen vor | |
Schwierigkeiten stellen“, sagt die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger der | |
taz. Aber: Ein weiterer Einsatz sei nicht mehr verantwortbar. Insbesondere | |
auch mit Blick auf den Einfluss Russlands im Land und Militäroperationen | |
der malischen Junta, die schwerste Menschenrechtsverletzungen offenbaren. | |
„Die Konflikte drohen sich zu verschärfen“, so Brugger. | |
Mit dem Ende des Bundeswehreinsatzes in Mali steht jetzt eine | |
[3][Neuausrichtung des deutschen Beitrags in der Sahelzone] an: militärisch | |
und in der Entwicklungszusammenarbeit. In einem Strategiepapier, das der | |
taz vorliegt, kommt die Bundesregierung zu einem erschütternden Fazit. „Die | |
Sicherheitslage, die humanitäre und die politische Lage im Sahel haben sich | |
trotz langjährigen und erheblichen internationalen Engagements seit | |
2021 deutlich verschlechtert“, heißt es in dem gemeinsamen Papier von | |
Verteidigungsministerium, Auswärtigem Amt und Entwicklungsministerium. | |
## Rund 2,7 Millionen Menschen auf der Flucht | |
Gleich mehrere Konflikte und Krisen überschatten die Region, vor allem | |
terroristische Bedrohungen insbesondere in Mali, Burkina Faso und Teilen | |
Nigers. Die Gruppe für die Unterstützung des Islam und der Muslime (JNIM), | |
die al-Qaida nahesteht, versucht weitere Räume einzunehmen und will sich | |
gen Süden ausbreiten. Die Folgen sind gravierend. Rund 2,7 Millionen | |
Menschen im Sahel sind auf der Flucht, die meisten sind Binnenvertriebene. | |
Laut UN kommen rund 18 Millionen Menschen ohne humanitäre Hilfe nicht aus. | |
Die Sorge ist groß, dass die Sicherheitskrise sich ausweitet auf Senegal, | |
Guinea, Elfenbeinküste, Ghana, Togo oder Benin. | |
Im Fokus der Neuausrichtung stehen dabei der Nachbarstaat Niger, aber auch | |
der Tschad, Mauretanien und [4][Burkina Faso]. Bereits Ende April hatte der | |
Bundestag zugestimmt, dass sich deutsche Soldat:innen an der neuen | |
EU-Partnerschaftsmission in Niger beteiligen. Sie soll dabei unterstützen, | |
nigrische Streitkräfte aufzubauen, um sich besser gegen islamistische | |
Terroristen zu wappnen. Die Bundesregierung sieht Niger als vergleichsweise | |
stabilen und verlässlichen Staat, um für deutsche Hilfen in der Region | |
anzusetzen. | |
Aber: „Bei Menschenrechtsverletzungen dürfen wir nicht wegschauen“, sagt | |
Verteidigungsexpertin Brugger. „Bei unserer Zusammenarbeit müssen wir sehr | |
darauf achten, mit wem wir zusammenarbeiten. Die Kooperation mit den | |
zivilgesellschaftlichen Gruppen vor Ort sollten wir verstärken.“ Das | |
scheint der einzige [5][erfolgversprechende Ansatz zu sein], um kurzfristig | |
zu verhindern, dass Krisen sich weiterhin ausbreiten und potenziell ganz | |
Westafrika destabilisieren, heißt es in dem Strategiepapier. | |
26 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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