# taz.de -- Gewalt in Burkina Faso: Ermittlungen nach Blutbad | |
> Für eines der größten Massaker in der Geschichte von Burkina Faso ist | |
> wohl die paramilitärische Gruppe VDP verantwortlich. UN fordern | |
> Aufklärung. | |
Bild: Wandgemälde in Ouagadougou, Burkina Faso: Der Staat soll nur noch 60 Pro… | |
COTONOU taz | Rechenschaft und Aufklärung, das fordern die Vereinten | |
Nationen (UN) im Zusammenhang mit dem [1][Blutbad von Karma im Norden von | |
Burkina Faso]. Vor einer Woche wurden dort mindestens 150 | |
Zivilist*innen ermordet, schätzen die UN – und damit womöglich jede*r | |
dritte Bewohner*in. | |
Die mutmaßlichen Täter*innen gehören den Verteidigern des Vaterlandes | |
(VDP) an, einer paramilitärischen Gruppierung. Sie sollen wahllos auf die | |
Bevölkerung geschossen sowie Häuser, Geschäfte und Moscheen geplündert | |
haben. Drei Tage später sprach die Staatsanwaltschaft in der | |
Regionalhauptstadt Ouahigouya von 60 Todesopfern. Untersuchungen seien im | |
Gange. | |
Das Feuer auf Karma wurde damit begründet, dass sich im Ort angeblich | |
Angehörige der islamistischen Gruppierung zur Unterstützung des Islams und | |
der Muslime (JNIM) – sie steht der Al-Qaida nahe – aufgehalten hätten. | |
Überprüfen lässt sich das nicht, doch so werden VDP-Einsätze oft begründet. | |
Dass diese völlig außer Kontrolle geraten, ist nicht neu. Ende vergangenen | |
Jahres starben in Nouna in der Provinz Kossi 28 Personen. Auch damals | |
forderte der Hohe [2][Kommissar für Menschenrechte der UN, Volker Türk], | |
eine „schnelle, vollständige, unparteiische und transparente“ Aufklärung. | |
## Lokale Bürgerwehren gibt es seit Jahrzehnten | |
In ihrem Jahresbericht für 2021 warf die Menschenrechtsorganisation Human | |
Rights Watch den VDP vor, an zahlreichen schweren Verbrechen beteiligt | |
gewesen zu sein, darunter „willkürliche Inhaftierungen, Folter und | |
rechtswidrige Tötungen von mutmaßlichen bewaffneten Islamisten und | |
Kriminellen“. | |
Lokale Selbstverteidigungsgruppen und Bürgerwehren gibt es in Westafrika | |
seit Jahrzehnten. Im Oktober 2014 zwangen wochenlange Proteste der | |
Zivilgesellschaft Langzeitherrscher Blaise Compaoré zum Rücktritt. Wenig | |
später gab es erste Anzeichen, dass terroristische Gruppierungen aus dem | |
Nachbarland Mali auch in Burkina Faso aktiv werden. In welche Richtung sich | |
Burkina Faso entwickeln würde, war unklar. Milizen gründeten sich | |
vielerorts zunächst, um Viehdiebstahl zu bekämpfen und Kleinkriminelle – | |
ohne jegliche Legitimierung – festzusetzen. Zunehmend füllten sie ein | |
Vakuum, denn staatliche Strukturen sind in Burkina Faso vielerorts | |
abwesend. Der Staat soll nur noch 60 Prozent der Fläche kontrollieren. | |
Nach Jahren in der Grauzone verabschiedete das Parlament im Januar 2020 | |
schließlich ein Gesetz zur Gründung der VDP als lokale Kontrollkraft. Nach | |
einer zweiwöchigen Ausbildung werden deren Mitglieder sogar mit Waffen | |
ausgestattet. Nach dem jüngsten Putsch hieß es, dass man 50.000 zusätzliche | |
Personen rekrutieren wolle. | |
Bei Angriffen durch islamistische Gruppen sind aber auch Mitglieder der VDP | |
ums Leben gekommen. Nach Regierungsangaben sollen alleine Mitte April bei | |
einem Angriff auf ein Militärcamp in Ouahigouya 34 Vaterlandsverteidiger | |
getötet worden sein. | |
27 Apr 2023 | |
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[1] /Angriff-auf-Dorf-in-Burkina-Faso/!5929678 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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