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# taz.de -- Putsch in Niger: Militär unterstützt die Putschisten
> In Niger haben Angehörige des Militärs die Macht übernommen. Der gewählte
> Präsident Bazoum ruft die Bevölkerung auf, für die Demokratie zu
> protestieren.
Bild: Unterstützer der Putschisten mit einer russischen Flagge am 27. juli in …
Niamey afp/dpa | Das Militär im Niger hat erklärt, die Forderung der
Putschisten nach einem Ende der Amtszeit von Präsident Mohamed Bazoum zu
unterstützen. Dies teilten die Streitkräfte des westafrikanischen Landes am
Donnerstag auf Facebook und Twitter mit. Der Schritt solle die „körperliche
Unversehrtheit des Präsidenten und seiner Familie“ gewährleisten sowie eine
„tödliche Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Sicherheitskräften�…
vermeiden.
Das Militär warnte in der Erklärung vor jeglicher militärischer
Intervention aus dem Ausland. Diese könnte verheerende Folgen für das Land
haben. Unbestätigten Berichten zufolge könnte nun der Chef der
Präsidentengarde, General Omar Tchiani, die Führung eines Militärrats
übernehmen.
Präsident Mohamed Bazoum zum Erhalt der demokratischen Errungenschaften des
Landes aufgerufen. „Alle Nigrer, die Demokratie und Freiheit lieben, werden
dafür sorgen“, schrieb Bazoum am Donnerstag auf Twitter.
Was sich am Mittwoch im Laufe des Tages [1][abgezeichnet] hatte, war dann
am Abend vollzogen: Im westafrikanischen Niger haben Angehörige des
Militärs geputscht und den Präsidenten [2][Mohamed Bazoum] festgesetzt. In
einer am Mittwochabend im Fernsehen von Oberst Amadou Abdramane verlesenen
Erklärung hieß es, die „Verteidigungs- und Sicherheitskräfte“ hätten
„entschieden, dem Regime (…) ein Ende zu setzen“. Mehrere Länder und
internationale Organisationen verurteilten den Putschversuch und forderten
die Freilassung Bazoums.
## Demonstranten in der Hauptstadt
„Alle Institutionen“ des Landes würden „bis auf Weiteres“ außer Kraft
gesetzt, die Grenzen geschlossen und eine nächtliche Ausgangssperre
verhängt, verkündete Abdramane im Beisein neun weiterer uniformierter
Militärs. Als Grund für den Staatsstreich führten sie, im Namen eines
„Nationalen Rats für den Schutz des Vaterlandes“ (CNSP), die
Verschlechterung der Sicherheitssituation, die schwache Wirtschaft und die
Regierungsführung Bazoums an.
Zuvor hatte die Präsidentengarde den Staatschef in seinem Amtssitz in der
Hauptstadt Niamey festgesetzt. Aus dem Umfeld Bazoums hieß es, der
Staatsstreich sei „zum Scheitern verurteilt“.
Im Zentrum der Hauptstadt Niamey versammelten sich nach Angaben von
Journalisten Demonstranten, die dem Staatschef ihre Unterstützung
ausdrücken wollten. Einige versuchten zum Amtssitz des Präsidenten zu
gelangen, wurden aber von der Präsidentengarde mit Warnschüssen vertrieben,
berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP.
## Weltweite Verurteilung des Putsches
Nach dem Putsch im westafrikanischen Niger haben die UNO und die EU die
sofortige Freilassung von Nigers Präsident Mohamed Bazoum gefordert. Bazoum
müsse „sofort und bedingungslos“ freigelassen und seine Sicherheit
gewährleistet werden, sagte UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk am
Donnerstag. Zudem müsse alles dafür getan werden, um die rechtsstaatliche
Ordnung wiederherzustellen.
UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den „unkonstitionellen
Regierungswechsel“ scharf. Der Generalsekretär sei „zutiefst verstört“ …
den Arrest von Präsident Bazoum, erklärte Guterres' Sprecher Stephane
Dujarric.
US-Außenminister Antony Blinken verurteilte den Putschversuch und forderte
die „sofortige Freilassung“ des Staatschefs. Auch die Westafrikanische
Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) verurteilte den Putschversuch und forderte
die sofortige und bedingungslose Freilassung Bazoums. Die Europäische Union
teile die Einschätzung der Ecowas, wie der EU-Außenbeauftragte Josep
Borrell im Online-Netzwerk [3][Twitter], das in „X“ umbenannt wurde,
erklärte. „Die EU verurteilt jeden Versuch, die Demokratie zu
destabilisieren und die Stabilität Nigers zu beeinträchtigen.“
Der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, [4][Moussa Faki
Mahamat], warf auf Twitter der Präsidentengarde vor, „in völligem Verrat an
ihrer republikanischen Pflicht“ zu handeln. Die französische
Außenministerin [5][Catherine Colonna] erklärte auf Twitter, Frankreich
verurteile „alle Versuche, Macht mit Gewalt zu ergreifen“.
Die in Niger stationierten Bundeswehrsoldaten waren laut
Bundesverteidigungsministerium in Sicherheit. „Wir haben die Rückmeldung,
dass unsere Soldaten in Sicherheit sind – das ist uns das Wichtigste“,
sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums.
## Logistik-Drehkreuz für den Mali-Einsatz
Der Bundestag hatte im Mai das Mandat für die Beteiligung der Bundeswehr an
der EU-Militärmission EUMPM Niger erteilt. Aktuell sind daran laut
Bundesverteidigungsministerium etwa ein Dutzend Bundeswehr-Soldaten
beteiligt.
Zudem unterhält die Bundeswehr auf dem Flughafen von Niamey seit zehn
Jahren ein Logistik-Drehkreuz für den UN-Blauhelmeinsatz im benachbarten
Mali. Dafür sind aktuell nach Ministeriumsangaben „um die hundert“ deutsche
Soldaten vor Ort.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hatte bei einem Besuch in Niger
im April bekräftigt, dass dort „der [6][Schwerpunkt unseres zukünftigen
militärischen Engagements] im Sahel“ liegen werde und das Land als „Damm
gegen den Terrorismus“ bezeichnet.
Das Auswärtige Amt mahnte in einer Teilreisewarnung, vor allem in Niamey
„besonders vorsichtig“ zu sein und Bewegungen im Stadtgebiet zu vermeiden.
Der westafrikanische Binnenstaat Niger hat seit seiner Unabhängigkeit von
Frankreich im Jahr 1960 bereits vier Putsche und zahllose Versuche der
Machtübernahme erlebt. Der letzte Versuch einer Absetzung Bazoums war nach
Angaben eines nigrischen Beamten im März, als sich der Präsident in der
Türkei befand. Die Behörden äußerten sich dazu nie öffentlich. Bazoum war
vor zwei Jahren beim ersten friedlichen Machtwechsel des Landes seit der
Unabhängigkeit ins Amt gewählt worden.
Niger liegt im Herzen der Sahelzone in Westafrika und besteht zu zwei
Dritteln aus Wüste. Das Land kämpft mit dschihadistischer Gewalt, die zur
Flucht von Hunderttausenden führte. Der Niger ist einer der letzten
Verbündeten des Westens in der Sahelregion. Die Nachbarn Mali und Burkina
Faso haben sich anderen Partnern zugewandt, darunter Russland.
27 Jul 2023
## LINKS
[1] /Moeglicher-Putschversuch-in-Niger/!5946433
[2] /Nigers-Praesident-im-taz-Interview-2021/!5782261
[3] https://twitter.com/JosepBorrellF/status/1684196127300521988
[4] https://twitter.com/_AfricanUnion/status/1684200742209347590
[5] https://twitter.com/MinColonna/status/1684352440609415170
[6] /Abzug-der-Bundeswehr-aus-Mali/!5934414
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Niger
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