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# taz.de -- Möglicher Putschversuch in Niger: Europas letzter Freund in Gefahr
> Der demokratische und proeuropäische Präsident Bazoum wurde von seiner
> Garde festgesetzt. Die Lage in der Hauptstadt ist unübersichtlich.
Bild: Nigers Präsident Mohamed Bazoum in besseren Zeiten: im April wartete er …
Berlin taz | In Niger, dem aktuell wichtigsten militärischen Partner des
Westens in der afrikanischen Sahelzone, haben am Mittwoch Anzeichen eines
beginnenden Militärputsches Besorgnis erregt. Berichten zufolge riegelte
die Präsidialgarde am frühen Morgen den Amtssitz von Präsident Mohamed
Bazoum in der Hauptstadt Niamey ab und setzte ihn fest. Am Mittag
[1][bestätigte das Präsidialamt auf sozialen Medien], eine
„antirepublikanische Laune“ habe Teile der Garde ergriffen, aber dem
Präsidenten und seiner Familie gehe es gut. „Die Armee und die
Nationalgarde stehen bereit, um die an dieser Laune beteiligten Elemente
der Präsidialgarde anzugreifen, sollten sie sich nicht eines Besseren
besinnen.“
Während Augenzeugen in Niamey zunächst keine besonderen Militärbewegungen
erkennen konnten, meldeten Journalisten später am Tag, schwerbewaffnete
Soldaten hätten Position am Staatsrundfunk bezogen – mutmaßlich loyale
Armeeeinheiten, die einer Machtergreifung von Putschisten entgegentreten
sollen. Es zirkulierten Bilder von Militärkolonnen außerhalb Niameys auf
dem Weg in die Hauptstadt sowie Aufrufe an die Bevölkerung, auf die Straße
zu gehen und Unterstützung für die Demokratie zu bekunden. Die Afrikanische
Union verurteilte am Nachmittag den „Putschversuch“ und forderte die
unverzügliche Rückkehr der „treulosen Soldaten“ in die Kasernen.
Es gebe zwischen Regierung und Präsidialgarde Gespräche, hieß es in
Medienberichten. „Am Ende der Gespräche hat die Präsidialgarde sich
geweigert, den Präsidenten freizulassen, und die Armee hat ein Ultimatum
gestellt“, zitierte die Nachrichtenagentur AFP eine anonyme Quelle im
Präsidialamt. Am Nachmittag meldeten andere lokale Quellen, Bazoum habe
sich geweigert, eine Rücktrittserklärung zu unterschreiben.
„Was auch immer am Ende des Tages herauskommt, es zeigt die Grenzen
staatlicher westlicher Intervention“, schrieb auf Twitter Ulf Laessing, der
in Mali arbeitende langjährige Leiter des Sahel-Programms der
Konrad-Adenauer-Stiftung, der erst vor wenigen Tagen ein Büro in Niamey
eröffnete. In Niamey geben sich [2][militärische Partner aus westlichen
Ländern] und die von deren Präsenz abhängigen Experten und
Entwicklungsorganisationen momentan die Klinke in die Hand: Seit in Mali
und Burkina Faso Militärputschisten regieren, die zumindest in Mali eng mit
Russland verbündet sind, ist Niger das letzte Land der Region, das noch
ausländische Militärmissionen etwa der EU oder der USA toleriert.
## Zusammenarbeit mit der EU
[3][Nigers Präsident Bazoum ist als einziger Präsident der Sahelzone sowohl
demokratisch] gewählt als auch offen für eine enge militärische
Zusammenarbeit mit Europa im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus.
Erst Anfang Juli hatte die EU 100 Millionen Euro Militärhilfe für Niger
freigegeben und der EU-Chefaußenpolitiker Josep Borrell hatte bei einem
Besuch in Niamey gesagt, [4][Niger sei in Afrika das Partnerland Nummer
eins]. Auch die deutsche Bundeswehr verlagert momentan ihre Aktivitäten in
der Sahelzone komplett aus Mali nach Niger.
Niger ist eines der ärmsten Länder der Welt. Massive internationale Zuzüge
haben in Niamey zuletzt die Preise hochschnellen lassen und gigantische
Zusagen von Militärhilfe nähren gemeinhin Verteilungskämpfe.
Die Region hat zuletzt zahlreiche Militärputsche erlebt: in Mali 2020 und
2021, in Guinea 2021, in Burkina Faso zweimal im Jahr 2022. Anfänglich
stießen sie noch auf Wohlwollen in der Bevölkerung, aber die Putschneigung
ist zuletzt abgekühlt. Niger hat selbst schon zu viele Putsche hinter sich,
als dass eine Wiederholung auf breite Unterstützung zählen könnte.
26 Jul 2023
## LINKS
[1] https://twitter.com/PresidenceNiger/status/1684165019787984898
[2] /Westliches-Militaer-in-Sahelzone/!5924799
[3] /Nigers-Praesident-im-taz-Interview-2021/!5782261
[4] /Kabinett-zu-EU-Mission-in-Sahel-Zone/!5921560
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Niger
Militärputsch
Sahel
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Annalena Baerbock
Niger
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