# taz.de -- Baerbocks „Klima-Außenpolitik“: Über Niger nach Ägypten | |
> Das Außenministerium investiert in Niger 20 Millionen Euro in | |
> Solarenergie und Flüchtlingscamps. Derlei Projekte sollen den Klimaschutz | |
> anschieben. | |
Bild: Immerhin nicht allein in der Wüste: Außenministerin Baerbock (hier im v… | |
Das Projekt in Niger soll vieles auf einmal leisten: humanitäre Hilfe | |
sichern, die erneuerbaren Energien voranbringen, die Sicherheit in einer | |
fragilen Region fördern und Schwung in die Klimaverhandlungen bringen. So | |
jedenfalls ist der Plan, den Außenministerin Annalena Baerbock am Dienstag | |
zusammen mit dem Außenminister Nigers, Hassoumi Massaoudou, in Berlin | |
verkündete: Deutschland wird Flüchtlingscamps in dem afrikanischen Land mit | |
Solaranlagen ausstatten. | |
Für 20 Millionen Euro sollen Anlagen entstehen, die die bisherigen | |
Dieselgeneratoren ersetzen, 18.000 Tonnen CO2 einsparen und die Sicherheit | |
in den Lagern erhöhen. Im „sonnenreichsten Land der Welt“ werde das den | |
Zugang zu Strom verbessern und sei eine gute Verbindung von Wirtschaft und | |
Umwelt, so Massaoudou.„Über Zahlen haben wir genug geredet“, so Baerbock | |
bei der Vorstellung des Projekts, „das ist ein konkretes Projekt und ein | |
entscheidender Schritt auf dem Weg zur COP27 in Ägypten.“ | |
Die Ankündigung war terminiert auf den Beginn der mehrtägigen „Berliner | |
Konferenz zu Klima und Sicherheit“ im Auswärtigen Amt. Offiziell wurde hier | |
die „Climate for Peace“-Initiative ausgerufen, um konkrete Projekte zu | |
Klimaschutz und Sicherheit anzuschieben und zu vernetzen. Unter Beteiligung | |
vieler ExpertInnen, DiplomatInnen und VertreterInnen aus der | |
Zivilgesellschaft will die grüne Außenministerin vor der COP, die in einem | |
Monat stattfindet, positive Signale senden. Und sie lässt auch die Umrisse | |
ihrer „Klima-Außenpolitik“ erkennen, die erst im Frühjahr als fertige | |
Strategie vorliegen soll. | |
Der Konferenz und den versammelten ExpertInnen ist klar: Klimawandel und | |
Sicherheit sind eng verbunden. Ein Gutachten der Beratungsfirma Adelphi „A | |
new Climate for Peace“, das zur Konferenz erschien, stellt die Faktoren | |
zusammen: [1][Der Druck auf Ressourcen, fehlendes Wasser und Ackerland, | |
können Konflikte in Gesellschaften entfachen]; Wetterkatastrophen zerstören | |
Lebensgrundlagen und können Migrationsströme auslösen, die Situation von | |
Frauen und Kindern verschlechtern; Missernten treiben Preise und bringen | |
Instabilität, ebenso wie der Verlust von Land durch einen höheren | |
Meeresspiegel. | |
## Staaten versprechen Hilfe | |
Der Rat: Sicherheit und Klima zusammendenken, auch in Entwicklungspolitik, | |
Frühwarnsysteme installieren und bei internationalen Finanzen lieber | |
frühzeitig in Lösungen investieren, ehe Schäden und Konflikte deutlich | |
teurer werden. | |
Das fordert auch das Statement zu „Klima, Umwelt, Frieden und Sicherheit“ | |
der G7 vom Mai unter deutscher Präsidentschaft. Es wurde auf der Berliner | |
Konferenz noch einmal von vielen Staaten angenommen, die nicht der G7 | |
angehören, etwa Indonesien, Australien, Guinea-Bissau, Kirgistan, | |
Äthiopien, Norwegen und die Schweiz: Auch diese Erklärung betont, wie | |
wichtig die internationale Zusammenarbeit ist und dass Klima, Umweltschutz | |
und Artenschutz eine zentrale Rolle für das Wohlergehen vor allem der | |
Verwundbarsten einer Gesellschaft spielen. [2][„Teufelskreise“ aus | |
Umweltschäden und Konflikten] müssten verhindert werden. Dafür sollten | |
diese Themen auf der obersten Ebene der Regierungen angesiedelt werden. | |
Die Staaten versprechen Hilfe: Frühwarnsysteme, Erfahrungsaustausch und ein | |
jährliches Treffen aller interessierten Akteure, das soll alles kommen. Vor | |
allem soll es weiter um konkrete Projekte gehen, um die Schäden der | |
Klimakrise abzufedern – wie die Solaranlagen für die Camps in Niger. | |
## Schäden und Verluste sollen reduziert werden | |
Die Konferenz in Berlin soll vor der Klimakonferenz das Thema Sicherheit | |
auf die Agenda heben, um die Dringlichkeit des Handelns klarzumachen. Eine | |
entsprechende Resolution fand im Dezember 2021 in der UNO zwar 113 Stimmen, | |
wurde aber von Russland blockiert. Baerbock hatte diese Verbindung unter | |
anderem bei einem Besuch in der Sahelzone im Frühjahr betont. | |
Es geht der deutschen Seite aber auch darum, vor der COP möglichst breite | |
Allianzen mit den verwundbaren Ländern zu bilden, um Konflikte bei der COP | |
im Vorfeld zu entschärfen. Bisher jedenfalls zeichnet sich ab, dass gerade | |
die Staaten Afrikas sich von den Industrieländern bei Finanzen, der | |
Anpassung an den Klimawandel und bei der Frage des [3][Ausgleichs von | |
Klimaschäden] („Loss and Damage“) alleingelassen fühlen. | |
Diese Perspektive zusammen mit den anderen Weltkrisen wie Covid, Inflation, | |
Lebensmittelpreise, Energiekosten, der Schuldenkrise der ärmsten Länder und | |
dem Ukrainekrieg könnte die COP in Ägypten ernsthaft gefährden. Nicht | |
umsonst wiederholen das G7-Statement und die Deklaration in Berlin die | |
Verpflichtungen zu Klimaschutz und Finanzen aus dem Pariser Abkommen und | |
der Glasgower Klimakonferenz vom letzten Jahr – und versprechen | |
ausdrücklich, die „Schäden und Verluste“ zu reduzieren, die aus dem | |
Klimawandel entstehen. | |
In der UNO-Welt ist das schon viel: Diese umstrittenen Begriffe zu nutzen, | |
zeigt die Bereitschaft zum Verhandeln. Auch ein Beitrag, Konflikte rund ums | |
Klima zu entschärfen. | |
12 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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