# taz.de -- Staatsstreich in Niger: Aufs falsche Pferd gesetzt | |
> Der Westen hatte Niger immer als stabil und demokratisch gepriesen. Jetzt | |
> hat das Militär die Macht ergriffen und damit offenbart, wie falsch | |
> dieses Bild war. | |
Bild: Anhänger der putschenden Soldaten halten eine russische Flagge in Niamey | |
Nun hat es Niger getroffen, den in Europa gepriesenen „Stabilitätsanker“ im | |
Sahel. Auch wenn Präsident Mohamed Bazoum seinen Rücktritt noch nicht | |
offiziell bekannt gegeben hat, ist klar: Er wird sich nicht an der | |
Staatsspitze halten können. | |
Daran werden auch geplante Vermittlungsgespräche im Rahmen der | |
westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas nichts ändern. Westafrika | |
muss sich auf ein weiteres Land ohne gewählte Regierung einstellen, aus dem | |
schon jetzt deutliche Worte in Richtung Ausland kommen: Eine militärische | |
Einmischung von außen könne desaströse Konsequenzen haben. | |
[1][Damit hat gerade Europa] wieder einmal aufs falsche Pferd gesetzt. Dass | |
Bazoums Regierung seit dessen Amtsübernahme im Jahr 2021 die große | |
Bedeutung des Antiterrorkampfs und der internationalen Zusammenarbeit | |
regelmäßig betont hat, ist durchaus glaubwürdig. Was man aber in Europa | |
nicht sehen wollte, war die Instabilität des Landes. | |
Seit Jahren verüben in der [2][Region Tillabéri islamistische Gruppierungen | |
regelmäßig Anschläge]. Spätestens 2020, als bei einem Anschlag im | |
Giraffenreservat, nur eine Autostunde von der Hauptstadt Niamey entfernt, | |
acht Menschen ermordet wurden, hätte klar sein müssen, wie desaströs die | |
Sicherheitslage bereits ist. Eine extrem junge Bevölkerung von | |
durchschnittlich nicht einmal 15 Jahren verbunden mit großer | |
Perspektivlosigkeit – Niger belegt im Entwicklungsranking der Vereinten | |
Nationen Platz 189 von 191 – trägt nicht gerade zur Stabilisierung bei. | |
## Desaströse Menschenrechtssituation | |
Dazu wurden die Rechte von Zivilgesellschaft, Journalist:innen und | |
Stimmen der Opposition in den letzten Jahren immer mehr eingeschränkt. Da | |
hilft es nicht, unermüdlich zu betonen, dass Bazoums Wahl der erste | |
demokratische Wechsel an der Staatsspitze überhaupt war. Ohnehin hatte es | |
im Rahmen der Wahlen zahlreiche Fälschungsvorwürfe gegeben. | |
Unterschätzt wurde auch die zunehmende Kritik an internationaler | |
militärischer Präsenz – allen voran der französischen –, die durch bewus… | |
Fehlinformationen in sozialen Netzwerken angeheizt wurde. | |
Wie beliebt oder unbeliebt Bazoum im eigenen Land zuletzt war, lässt sich | |
nicht sagen, weil es dazu keine Umfragewerte gibt. Gut möglich, dass er vor | |
allem das Opfer interner Machtkämpfe geworden ist und durchaus glaubwürdig | |
zur Stabilität in der Region beitragen wollte. | |
Für die internationale Gemeinschaft gilt allerdings: Sie hat viele | |
Realitäten nicht erkannt oder nicht sehen wollen und ein Land als stabil | |
und demokratisch bejubelt, das es nie wirklich war. | |
27 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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