# taz.de -- Nach dem Putsch in Niger: Die Junta richtet sich ein | |
> Der bisherige Chef der Präsidialgarde präsentiert sich als neuer starker | |
> Mann in Niger. In einer TV-Ansprache begründet er den Militärputsch. | |
Bild: General Abdourahmane Tchiani erklärt im Fernsehen seine Machtübernahme … | |
COTONOU taz | Die Spekulationen sind vorerst beendet, und es ist klar: Der | |
neue mächtige Mann in Niger heißt General Abdourahmane Tchiani, der auch | |
als Omar Tchiani bekannt ist. Der 62-Jährige, der Präsident des eilig | |
gegründeten Nationalrats zur Rettung des Vaterlandes (CNSP) ist, hat am | |
Freitagmittag seine erste Fernsehansprache im staatlichen Sender „ORTN“ | |
gehalten und den [1][Staatsstreich] gegen Präsident [2][Mohamed Bazoum] | |
erneut wie folgt begründet: Bazoum habe schlecht regiert, die | |
Sicherheitslage habe sich zunehmend verschlechtert und die soziale und | |
wirtschaftliche Krise sei schlicht zu groß gewesen. | |
Lösungen hätten gefehlt. Stattdessen hätte man der Bevölkerung weismachen | |
wollen, dass alles in Ordnung sei, obwohl es eine „harte Realität der | |
Toten, Vertriebenen, Gedemütigten und Frustrierten“ gebe. Auch der Versuch, | |
die Sicherheit mithilfe von ausländischen Streitkräften – in Niger sind es | |
vor allem französische und US-amerikanische – wiederherzustellen, sei | |
misslungen. | |
Damit hat er wohl auch die letzten Hoffnungen der internationalen | |
Gemeinschaft zunichtegemacht, doch noch eine andere Lösung zu finden. Aus | |
Paris – Frankreich war bis 1960 Kolonialmacht – hießt es am Freitagmorgen | |
noch: Man betrachte den „versuchten“ Putsch nicht als „endgültig“, so … | |
französische Außenministerin Catherine Colonna. Präsident Emmanuel Macron | |
forderte vor Journalist:innen Bazoums Freilassung und sagte, der Putsch | |
sei „zutiefst gefährlich für die ganze Region“. | |
Unterdessen richtet sich die Junta in Niger ein, und Tchiani ist Bazoum | |
bestens bekannt. Er war seit 2011 Chef der Präsidentengarde, die aus rund | |
700 Soldat:innen besteht. Die Eliteeinheit ist mächtig, dicht am | |
Präsidenten, gut ausgestattet und sollte diesen eigentlich genau vor einem | |
Putsch schützen. | |
## UN wollen humanitäre Einsätze in Niger einstellen | |
Gleichzeitig ist sie auch gefürchtet. In anderen westafrikanischen Ländern | |
wie Burkina Faso, deren Streitkräfte ebenfalls eine Präsidentengarde haben, | |
hat die unterschiedliche Behandlung verschiedener Einheiten außerdem | |
mehrfach zu internen Spannungen geführt. | |
Tchiani selbst wurde bereits 2015 mit einem Putschversuch gegen Bazoums | |
Vorgänger, Mahamadou Issoufou, in Verbindung gebracht. 2018 sprach ihn ein | |
Gericht aber von den Vorwürfen frei. Über dessen Ausbildung und Privatleben | |
ist bisher wenig bekannt. Er soll als „diskret“ gelten. | |
Nach Informationen der britischen BBC hatte Bazoum womöglich geplant, | |
Tchiani im Zuge der Umstrukturierung der Streitkräfte abzusetzen. Bereits | |
am Donnerstag hatte es Vermutungen gegeben, dass vor allem interne | |
Spannungen Auslöser für den Putsch waren. | |
Die Vereinten Nationen haben angekündigt, ihre humanitären Einsätze in | |
Niger einzustellen. Im Land sind allerdings 4,3 Millionen Menschen auf | |
Hilfe angewiesen. Die Europäische Union forderte am Freitag, die Sicherheit | |
und Bewegungsfreiheit von Präsident Bazoum bedingungslos zu gewährleisten. | |
Jeder Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung habe Konsequenzen für die | |
Zusammenarbeit zwischen der EU und Niger, einschließlich der sofortigen | |
Aussetzung jeglicher Budgethilfe. | |
In einer unüberprüften Sprach-Nachricht soll Jevgenij Prigoshin, Chef der | |
russischen Wagner-Miliz, den Staatsstreich indes begrüßen. Auch soll er | |
gesagt haben: „Was in Niger passiert ist, ist nichts anderes als der Kampf | |
der Menschen in Niger gegen Kolonisatoren, die versuchten, ihre eigenen | |
Regeln durchzusetzen.“ | |
In Niger gilt derzeit nachts eine nächtliche Ausgangssperre. Nach | |
Demonstrationen von Bazoum-Anhänger:innen hatte die Junta jegliche | |
Versammlungen verboten. Dennoch heißt es, dass Gegner:innen der Junta | |
erneut gegen die Absetzung des Präsidenten protestieren wollen. | |
28 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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