# taz.de -- Übergriffe auf Demonstranten in Senegal: Tote und viel Nervosität | |
> Nach einem Urteil gegen Senegals Oppositionsführer Sonko gibt es Unruhen. | |
> Die Regierung sieht ausländische „okkulte Kräfte“ als Quelle der | |
> Proteste. | |
Bild: Wut und Gewalt in den Straßen Senegals: Samstag in der Hauptstadt Dakar | |
BERLIN taz | Nach zwei Tagen Unruhen in Senegals Hauptstadt Dakar und | |
anderen Städten des Landes mit 16 Toten nach Regierungsangaben waren die | |
Straßen am Sonntag wieder ruhig, aber die politische Lage bleibt | |
angespannt. Innenminister Antoine Diome nannte die Jugendproteste nach der | |
Verurteilung von Oppositionsführer Ousmane Sonko einen Angriff „okkulter | |
Kräfte“ und behauptete: „Es gibt ausländischen Einfluss und das Land wird | |
angegriffen.“ Zuvor hatte Tourismusminister Mame Mbaye Niang gesagt: „Wir | |
werden nicht vor diesen Gruppen zurückweichen, auch nicht vor diesen | |
Ausländern, die unser Land plündern wollen.“ | |
Mit solchen Parolen greift die Regierung verbal den Diskurs der Anhänger | |
von Ousmane Sonko auf, die [1][Senegals Präsident Macky Sall] als | |
Marionette der alten [2][Kolonialmacht Frankreich] kritisieren. Am | |
Donnerstag war Sonko zum Abschluss eines Prozesses, bei dem ihm die | |
[3][Vergewaltigung] der Masseurin Adji Sarr vorgeworfen worden war, zu zwei | |
Jahren Haft wegen „Verführung“ verurteilt worden. Sonkos Anhänger halten | |
sowohl die Anklage als auch das Urteil für politisch motiviert – als | |
verurteilter Straftäter kann er bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2024 | |
nicht antreten. | |
Die Haft hat Sonko bisher nicht angetreten, und obwohl er in seiner | |
Residenz in Dakar faktisch unter Hausarrest steht, trauen sich die | |
Sicherheitskräfte nicht, den Haftbefehl zu vollstrecken und ihn ins | |
Gefängnis zu bringen. | |
Umso brutaler sind viele Übergriffe auf Demonstranten in Dakar seit | |
Donnerstagabend. In Videoaufnahmen ist zu sehen, wie Uniformierte in | |
Gruppen einzelne Leute malträtieren. Es gibt auch Berichte über Bewaffnete | |
in Zivil, die sich als mutmaßliche Provokateure unter die Protestierenden | |
mischen. | |
Bei den Unruhen kam es auch zu Ausschreitungen seitens der Demonstranten. | |
Gezielt wurden staatliche Bauprojekte angegriffen, etwa neue Einrichtungen | |
des Nahverkehrs in Dakar. Auch Geschäfte wurden geplündert. Die | |
Cheikh-Anta-Diop-Universität in Dakar wurde geschlossen. | |
Die Regierungsgegner wollen nicht lockerlassen. Sonkos Partei Pastef | |
(Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und Familie) hat dazu | |
aufgerufen, „den Widerstand zu verstärken und zu intensivieren“, bis Macky | |
Sall zurücktritt. Ähnlich äußerte sich die Bürgerbewegung Y’en a marre (… | |
reicht). | |
Immer wieder äußern militante Oppositionsanhänger außerdem die Hoffnung, | |
die Armee werde mit einem Militärputsch das Land retten. Als die Regierung | |
am Samstagabend bewaffnete Soldaten zur Beruhigung der Lage in [4][Dakar] | |
auf die Straßen schickte, wurden sie zuweilen von Demonstranten begeistert | |
bejubelt – irrtümlich. | |
4 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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