Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Proteste in Senegal: Mit Tränengas gegen Protestierende
> In Senegal wollen viele weiterhin am 25. Februar einen neuen Staatschef
> wählen. Demonstrierende bezeichnen Amtsinhaber Macky Sall nun als
> Diktator.
Bild: Nach der Wahlverschiebung ist es zu Ausschreitungen in Senegal gekommen
Dakara taz | Die Proteste in Dakar haben noch gar nicht richtig begonnen,
als schon die erste Tränengasgranate explodiert. Es ist Sonntagnachmittag,
kurz nach 15 Uhr, und im Viertel Sacré-Cœur stehen an den Kreisverkehren
hunderte Polizisten gegenüber weitaus weniger Demonstrant:innen.
Daouda Ndiaye ist der erste Präsidentschaftskandidat, dessen kleiner Konvoi
aus hellblauen Autos am Friedhof Saint Lazare hält. Oppositionskoalitionen
hatten wenige Stunden zuvor angekündigt, hier mit dem Wahlkampfauftakt zu
beginnen. Offiziell sollte der Wahlkampf am 4. Februar beginnen. Nun ist es
ein Zeichen gegen die [1][am Tag zuvor auf einen unbekannten Termin
verschobene Präsidentschaftswahl].
Mariétou Thiongane ist früh da. An ihrem Handgelenk baumelt ein
Plastikarmband mit der Aufschrift Pastef. Es ist die [2][2014 von Ousmane
Sonko gegründete Partei] „Afrikanische Patrioten im Senegal für Arbeit,
Ethik und Brüderlichkeit“, die vergangenes Jahr aufgelöst wurde. Sonko
verbüßt eine Haftstrafe und ist deshalb nicht als Kandidat zugelassen. Vor
allem Pastef gelang es bisher, Menschen für Proteste zu mobilisieren.
Sonko sowie der auch von ihm unterstützte Kandidat Bassirou Diomaye Faye
sind vor allem bei Jungwähler:innen populär. In den vergangenen Tagen
gab es immer wieder Spekulationen, ob der „Coalition Diomaye Président“ ein
Sieg und somit der Machtwechsel gelingen könnte.
## Mehr als Parteipolitik
Demonstrantin Mariétou Thiongane geht es aber um weit mehr als
Parteipolitik: „Es kann nicht sein, dass Macky Sall meine Wählerstimme
beschlagnahmt. Das hat noch nie ein Präsident gemacht. Der Wahltag ist der
25. Februar. Das muss auch so bleiben.“ Die Frau im blauen Kleid klingt
sachlich und nüchtern. In den vergangenen 24 Stunden habe sie allerdings
ein Auf und Ab der Gefühle erlebt. „Mein Herz war traurig. So etwas konnten
wir uns nie in Senegal vorstellen.“ Dann verscheucht die Polizei die
Menschen mittels Tränengas von der Hauptstraße. Sie laufen in die engen
Gassen des gegenüberliegenden Viertels. Dort werden erste kleine
Straßensperren errichtet.
Die Ankündigung des Präsidenten, [3][die Wahl vom 25. Februar zu
verschieben], entsetzt Senegales:innen. Damit sei das eingetreten, was
viele immer befürchtet haben: das [4][dritte Mandat für Macky Sall], so
lautet ihre Lesart. Jahrelang wurde darüber spekuliert, ob er nach zwei
Amtszeiten doch eine dritte und somit eine Verfassungsänderung anstrebt.
Kandidat des Regierungslagers ist nun Premierminister Amadou Ba. Doch ist
unklar, was der ausgesetzte Wahltermin bedeutet und vor allem, was ab dem
2. April passiert. An diesem Tag endet Salls Mandat offiziell.
## Frühere Premierministerin wohl festgenommen
In den engen Gassen wird ein Ruf laut: „Macky Sall – Diktator“. Auch
Abraham Nzalé ist fassungslos: „Es ist ganz klar, dass nach fünf Jahren
Schluss ist. Es ist eine Frage von Respekt, das zu akzeptieren.“ An der
Hauptstraße brennt ein erster Autoreifen.
Dass der Termin unbedingt eingehalten werden muss, fordern auch
Oppositionspolitiker:innen am Rande der Demonstrationen. Sie
haben sich trotz des Einsatzes von Tränengas ausgebreitet. In anderen
Stadtteilen ist zwar von den Protesten nichts zu spüren. Aber auch anderswo
im Land gehen Menschen auf die Straße.
Verschiedenen Berichten zufolge wurde die frühere Premierministerin Aminata
Touré, deren Kandidatur abgelehnt wurde, festgenommen.
Präsidentschaftskandidatin Anta Babacar Ngom soll Berichten vom
Montagmorgen zufolge mittlerweile wieder freigelassen worden sein.
Die Sonntagsproteste sind womöglich erst der Auftakt. Für den heutigen
Montag sind Menschen aufgerufen, vor dem Parlament zu demonstrieren. Dort
wird laut Informationen senegalesischer Medien zufolge nun debattiert
werden, die Wahl auf den 25. August zu verschieben.
5 Feb 2024
## LINKS
[1] /Wahlverschiebung-in-Senegal/!5987071
[2] /Machtkampf-in-Senegal/!5947930
[3] /Wahl-in-Senegal-abgesagt/!5987111
[4] /Senegals-Praesident-entschaerft-Krise/!5941919
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Senegal
Macky Sall
Wahl
Protest
Demokratie
Westafrika
Macky Sall
Macky Sall
Senegal
Macky Sall
Demonstration
## ARTIKEL ZUM THEMA
Politische Krise in Senegal: „Hände weg von der Verfassung“
Vor allem junge Senegales:innen haben erneut gegen die Verschiebung
der Präsidentschaftswahl protestiert. Ein erster toter Demonstrant ist zu
beklagen.
Senegals Stellung in Afrika: Das letzte Bollwerk des Westens
Senegal hielt sich schon immer für aufgeklärter. Präsident Macky Sall
verkörperte mal den Respekt vor Institutionen und Verfassung. Jetzt nicht
mehr.
Wahlverschiebung in Senegal: Misslicher Schritt
Präsident Macky Sall wird seine Chancen auf einen Wahlsieg mit der
Verschiebung kaum steigern. Im Gegenteil: Unmut und Misstrauen nehmen nur
zu.
Übergriffe auf Demonstranten in Senegal: Tote und viel Nervosität
Nach einem Urteil gegen Senegals Oppositionsführer Sonko gibt es Unruhen.
Die Regierung sieht ausländische „okkulte Kräfte“ als Quelle der Proteste.
Proteste in Senegal gegen Präsident Sall: Die Jugend begehrt auf
In Senegal schart sich die perspektivlose junge Generation hinter dem
antiwestlichen Oppositionellen Ousmane Sonko gegen den seit 2012
regierenden Präsidenten Macky Sall
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.