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# taz.de -- Proteste in Senegal gegen Präsident Sall: Die Jugend begehrt auf
> In Senegal schart sich die perspektivlose junge Generation hinter dem
> antiwestlichen Oppositionellen Ousmane Sonko gegen den seit 2012
> regierenden Präsidenten Macky Sall
Bild: Dakar am 12. Mai: Sprechchöre gegen Präsident Macky Sall
Dakar taz | Ousmane Sonko ist überall. Auf dem zentralen Platz der Nation
in Senegals Hauptstadt Dakar halten junge Männer große Plakate mit seinem
Konterfei hoch. Darunter steht: „Hoffnung für die Jugend“. Wenn sich die
Sprechchöre gegen die lauten Vuvuzelas durchsetzen, brüllen die Teilnehmer
„Gerechtigkeit für Sonko“ und „Keine dritte Amtszeit für [1][Macky Sall…
Zu den regelmäßigen Protesten ruft Senegals neues Oppositionsbündnis F24
auf. Vergangenen Freitag wurde die Veranstaltung erst in letzter Minute
genehmigt. Die Stimmung war angespannt, das Aufgebot der Polizei groß. Da
die Universität Cheikh-Anta-Diop fußläufig erreichbar ist, kamen zahlreiche
Studierende.
Senegal wählt erst im Februar 2024 ein neues Staatsoberhaupt. Aber in
diesen Tagen entscheidet sich womöglich, wer überhaupt antreten darf. Will
Präsident Macky Sall eine dritte Amtszeit anstreben? Darf [2][der
Oppositionelle Ousmane Sonko] kandidieren?
„Seit Präsident Macky Sall 2012 an die Macht kam, erleben wir einen
Rückgang der Demokratie“, erläutert Moustapha Dieng, der einen Schal in den
Nationalfarben Rot-Gelb-Grün trägt und schon früh zum Platz der Nation
gekommen ist. Der 40-Jährige erinnert sich an Senegals letzte Wahlen 2019,
als weder Dakars Bürgermeister Khalifa Sall noch Karim Wade, Sohn von
Präsident Salls Vorgänger Abdoulaye Wade, antreten durften, weil sie zu
mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt waren. „Er hat Khalifa Sall ebenso
wie Karim Wade ausgeschaltet. Das versucht er gerade wieder mit Ousmane
Sonko.“
## In Senegal fehlt es an Jobs und Perspektiven
Am 8. Mai wurde Sonko wegen „Verleumdung, Beleidigung und
Urkundenfälschung“ zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Ein zweiter
Prozess ist für Dienstag geplant. Der 48-Jährige ist wegen einer
Vergewaltigung aus dem Jahr 2021 angeklagt. Eine Mitarbeiterin eines
Schönheitssalons in Dakar hat Anzeige erstattet. Am Ende all dieser
Verfahren könnte Sonkos Ausschluss aus der Präsidentschaftswahl stehen.
Sonko polarisiert. Leute, die die alte Kolonialmacht Frankreich scharf
kritisieren und sich deutlich prorussisch positionieren, feiern ihn als
Verkörperung eines selbstbewussten Afrikas, das sich nicht mehr an den
Westen anlehnt. Das kommt bei jungen Menschen gut an.
Viele französische Unternehmen sind in Senegal präsent. Die vielen neuen
Gebäude und Baustellen in Dakar machen die Hauptstadt zur Boomtown. Aber es
fehlt massiv an Jobs. Es wird geschätzt, dass jährlich 200.000 Jugendliche
auf den Arbeitsmarkt drängen, aber nur wenige finden Arbeit. „Die junge
Generation fordert eine gute Ausbildung, um anschließend Arbeit zu finden,
durch die der Lebensunterhalt bestritten werden kann“, sagt Khadim Diop,
Präsident des senegalesischen Jugendrates.
Der 48-jährige Sonko hat eine erfolgreiche Karriere hinter sich. Nach dem
Jura- und Verwaltungsstudium wurde er Steuerprüfer. Er gründete eine
Partei, wurde aus dem Staatsdienst entlassen und veröffentlichte 2018 ein
Buch, in dem er dem Staat Unterschlagung von Senegals Gewinnen aus Öl und
Gas vorwarf. Damit erregte er Aufsehen. Seit 2022 ist er Bürgermeister von
Ziguinchor im Süden des Landes.
## Debatte um eine dritte Amtszeit für den Präsidenten
Der Aufstieg von Sonko sei ein Trend, sagt Ibrahima Kane von der
Menschenrechtsgruppe RADDHO (Afrikanische Begegnung zur Verteidigung der
Menschenrechte). Parteien im traditionellen Sinne würden unwichtiger. An
ihre Stelle träten Bündnisse mit einem starken Führer. „Diese Person ist
ein Art Halbgott, die alles entscheidet.“ Junge Menschen würden Sonko
bejubeln, weil er ein Gegenpol zu Präsident Macky Sall ist.
Mit den Protesten einher geht die Debatte um eine dritte Amtszeit für den
Präsidenten. Die ist laut Verfassung ausgeschlossen, aber die Sorge bei der
Demonstration in Dakar ist da. Auf Plakaten steht: „Nein zum dritten
Mandat“.
„Der Präsident hat sich dazu noch gar nicht geäußert“, sagt
Jugendratspräsident Diop. Doch genau das heizt die Stimmung an. Es war
erwartet worden, dass der 61-jährige Sall spätestens nach der
Parlamentswahl 2022 einen Wunschnachfolger benennt. Doch Sall schweigt.
Das mögliche dritte Mandat ist ein Déjà-vu in Senegal. 2012 führte die
dritte Kandidatur von Salls Vorgänger Abdoulaye Wade zu monatelangen
Protesten mit 13 Toten. Die Opposition schloss sich gegen Wade zusammen,
gewann schließlich mit Macky Sall die Stichwahl und er wurde zum
Hoffnungsträger junger Menschen. Die haben nun kein Verständnis dafür, dass
Sall selbst eine weitere Amtszeit anstreben könnte.
So heizt sich das politische Klima auf. Ousmane Diallo von Amnesty
International warnt vor einem „steigenden Einsatz von Gewalt“. Das sei
bereits seit zwei Jahren zu beobachten. Bei Demonstrationen in einem Streit
um Landnutzung im Dakarer Stadtviertel Ngor vergangene Woche wurde ein
Mädchen erschossen. Im März starb eine Person bei Protesten im Süden des
Landes.
13 May 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Katrin Gänsler
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Macky Sall
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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