# taz.de -- Neues Versammlungsgesetz in NRW: Schärfer als in Bayern | |
> Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen plant Restriktionen beim | |
> Versammlungsrecht. Für Samstag ruft ein breites Bündnis zum Protest auf. | |
Bild: Ende-Gelände-Aktionstage im Rheinland: Fallen die weißen Uniformen auch… | |
BOCHUM taz | Gegen den freiheitsbeschränkenden Entwurf für ein neues | |
Versammlungsgesetz der schwarz-gelben Landesregierung von | |
[1][CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet] mobilisiert in Nordrhein-Westfalen | |
ein breites Bündnis – und ruft für Samstag zu einer Großdemo in der | |
Landeshauptstadt Düsseldorf auf. | |
„Wir hoffen auf 10.000 Teilnehmer:innen“, sagte Michèle Winkler, Sprecherin | |
des Bündnisses „[2][Versammlungsgesetz NRW stoppen!]“, der taz. Der | |
Gesetzesvorlage steht seit Monaten in der Kritik etwa von | |
Gewerkschafter:innen, Klimaaktivist:innen, Umweltschützer:innen – und | |
der Landtagsopposition von Grünen und SPD. | |
Das vom Innenministerium des Christdemokraten Herbert Reul verantwortete | |
Papier stehe „nicht im Zeichen der Versammlungsfreiheit“, sondern sehe „in | |
Versammlungen eine potenzielle Gefahr für die öffentliche Sicherheit“, | |
kritisiert die Innenexpertin und Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Verena | |
Schäffer. | |
Zwar begrüßen Grüne und SPD grundsätzlich, dass Deutschlands | |
bevölkerungsreichstes Bundesland ein eigenes Versammlungsgesetz erhalten | |
soll. Möglich ist das bereits seit der Föderalismusreform von 2006. „Der | |
Entwurf von CDU und FDP aber ist viel zu restriktiv“, sagt | |
SPD-Fraktionsvize Sven Wolf. | |
## Sind Fußballtrikots Uniformen? | |
Konkret sieht das Papier eine verschärfte Videoüberwachung und ein | |
strafbewehrtes Vermummungsverbot vor – dabei gelten Verstöße dagegen selbst | |
im CSU-regierten Bayern [3][als Ordnungswidrigkeit]. In NRW soll dagegen | |
Versammlungsteilnehmer:innen sogar verboten werden, Dinge auch nur | |
bei zu haben, die nach Ansicht der Polizei zur „Identitätsverschleierung“ | |
geeignet sein könnten. | |
Vorgesehen ist auch ein „Militanzverbot“: Untersagt werden soll, durch das | |
Tragen von „Uniformen oder uniformähnlichen Kleidungsstücken“ | |
Gewaltbereitschaft zu signalisieren und einschüchternd zu wirken. Hardliner | |
Reul hat damit Neonazis, aber ausdrücklich auch den Schwarzen Block der | |
Antifa im Blick. | |
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt aber, dass damit Proteste etwa | |
von Belegschaften im einheitlicher und damit „uniformer“ Arbeitskleidung | |
untersagt werden könnten. Selbst Fußballfans fürchten um ihr Recht, sich in | |
Vereinsfarben versammeln zu dürfen. | |
Im Visier des Innenministers sind aber auch Klimaaktivist:innen, etwa bei | |
ihren Besetzungen von Braunkohle-Tagebauen: Ihre weißen „gleichfarbigen | |
Overalls (wie bei den Garzweiler-Demonstrationen im Sommer 2019)“ werden in | |
der Gesetzesbegründung unmittelbar vor „Rechtsextremisten“ mit | |
„Springerstiefeln und Bomberjacken“ genannt. „Historisch mehr als | |
fragwürdig“ seien solche Vergleiche, kritisiert die grüne | |
Co-Fraktionschefin Schäffer: „Die Klimabewegung wird dabei kriminalisiert.“ | |
## Auch Gegendemos im Visier | |
Überhaupt sollen Demonstrationen nicht mehr mündlich oder telefonisch | |
angekündigt werden können. Stattdessen soll die Anmeldung elektronisch oder | |
zur Niederschrift erfolgen, aber bitte nicht an Wochenenden. Anmeldefristen | |
werden damit von aktuell zwei auf bis zu vier Tage verlängert. | |
Und Namen und Adressen von Demo-Ordner:innen sollen laut Willen von CDU und | |
FDP frühzeitig gemeldet werden, wenn die Polizei auch nur vermutet, dass | |
von einer Demo eine „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ ausgehen | |
könnte. | |
Das in Paragraf 7 des Entwurfs vorgesehene „Störungsverbot“ könnte | |
stattdessen zum Schutz etwa von Neonazi-Aufmäschen dienen. Denn als | |
„Störung“ versteht Laschets schwarz-gelbe Koalition nicht nur Lärm, Prote… | |
oder laute Musik, sondern laut Gesetzesbegründung bereits die „gezielte | |
Anmeldung einer Gegenveranstaltung für dieselbe Zeit und denselben Ort“. | |
Mehr noch: Verboten werden soll schon die „Förderung“ solcher Störungen �… | |
schon das Einüben einer Demo-Blockade wäre damit untersagt. „Ein solches | |
Verbot von Blockadetrainings ist bundesweit einmalig“, sagt der | |
Düsseldorfer Rechtsanwalt Jasper Prigge, ehemals innenpolitischer Sprecher | |
der Linkspartei in NRW. „In der Gesamtschau geht es um das restriktivste | |
Versammlungsgesetz aller Bundesländer“, so der Jurist zur taz. | |
## Über 80 Organisation protestieren | |
„Es kann nicht sein, dass bei Neonazi-Aufmärschen aus Protest keine | |
Kirchenglocken mehr läuten, dass Belegschaften nicht im Blaumann | |
demonstrieren dürfen“, sagt auch SPD-Fraktionsvize Wolf – die | |
Sozialdemokraten haben deshalb einen eigenen, liberaleren Gesetzentwurf | |
vorgelegt. | |
Auf die Großdemo in Düsseldorf am Samstag hofft dagegen Michèle Winkler, | |
Vertreterin des Bündnisses „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“. Das besteht | |
mittlerweile aus über 80 Organisationen, bringt Umweltschützer:innen | |
von Fridays for Future und ausgeCO2hlt mit Jusos, und Grüner Jugend, aber | |
auch mit Erwerbslosen-Initiativen und Anti-Rasisst:innen zusammen. | |
„Wer die Versammlungsfreiheit schützen will, muss zu unserer Demo kommen“, | |
sagt Winkler. „Eines der wichtigsten Beteiligungsrechte unserer Demokratie | |
soll ausgehöhlt werden.“ | |
Alle Demo-Infos: [4][https://www.nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de/] | |
26 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kanzlerkandidat-der-Union/!5762235 | |
[2] https://www.nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de/ | |
[3] /Verfassungsrichter-ueber-Versammlungsfreiheit/!5171106 | |
[4] https://www.nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
## TAGS | |
Nordrhein-Westfalen | |
Armin Laschet | |
Versammlungsfreiheit | |
Demonstrationsrecht | |
Demokratie | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Versammlungsfreiheit | |
Nordrhein-Westfalen | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Versammlungsfreiheit | |
Grundrechte | |
Versammlungsrecht | |
Demonstration | |
Antisemitismus | |
Bremen | |
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Polizeigewalt in Düsseldorf: Rechtmäßig eingekesselt | |
2021 ging die Polizei in NRW hart gegen Demos für Versammlungsfreiheit vor. | |
Nun entschied ein Gericht: Das Vorgehen sei meist rechtens gewesen. | |
Repressives Gesetzesvorhaben in NRW: Versammlungsgesetz beschlossen | |
Die schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat neue Regeln | |
für Demonstrationen festgelegt. Kritiker:innen sehen die | |
Versammlungsfreiheit in Gefahr. | |
Demonstrationsfreiheit in NRW gefährdet: Laschets Koalition bleibt hart | |
In NRW wollen CDU und FDP ihr Versammlungsgesetz durchdrücken – aber erst | |
Ende 2021. Laschets Chancen bei der Wahl sollen nicht gefährdet werden. | |
Demo gegen Versammlungsgesetz in NRW: Reul sieht kaum Fehler der Polizei | |
Samstag demonstrierten Tausende gegen NRWs geplantes Versammlungsgesetz – | |
und wurden niedergeknüppelt. Der Landesinnenminister verteidigt das | |
Vorgehen nun. | |
Demos und Protest in Nordrhein-Westfalen: SPD gegen Versammlungsgesetz | |
Aktivist:innen fürchten durch das Gesetz eine Kriminalisierung von | |
Protest. Sie beklagen Polizeigewalt. Die SPD fordert CDU und FDP auf, den | |
Plan zu beerdigen. | |
Neues Versammlungsgesetz in NRW: Grundrecht in Gefahr | |
NRW-Innenminister Reul will Demos von Klimaschützer:innen erschweren. | |
Für die Politik eines Kanzlers Armin Laschet wäre das kein gutes Zeichen. | |
Polizeigewalt in Nordrhein-Westfalen: Ganz schön hart | |
In NRW will die Landesregierung von CDU-Chef Armin Laschet das | |
Versammlungsgesetz verschärfen. Gegen Kritik ging die Polizei am Samstag | |
brutal vor. | |
Demonstration in Düsseldorf: Tausende gegen Versammlungsgesetz | |
Mehr Videoüberwachung, keine einheitlichen Klamotten, Personalienabfragen – | |
Demonstrierende in NRW fürchten eine Verschärfung des Versammlungsgesetzes. | |
Staatsschutz in NRW ermittelt: Angriffe auf Synagogen | |
Vor einer Synagoge in Münster wurde eine israelische Flagge verbrannt. Der | |
Eingang der Bonner Synagoge wurde beschädigt. Der Staatsschutz ermittelt. | |
Kritik an Bremens Umgang mit Demos: „Schlichtweg verfassungswidrig“ | |
Wer in Bremen eine Demo anmeldet, wird dem Verfassungsschutz gemeldet. | |
Staatsrechtler Clemens Arzt und Datenschützerin Imke Sommer lehnen das ab. | |
Rot-rot-grünes Versammlungsgesetz: Bürger:innen versammelt euch! | |
Das Abgeordnetenhaus in Berlin will ein neues Versammlungsgesetz | |
beschließen. Es ist es liberaler als in anderen Ländern. Was ändert sich | |
konkret? |