# taz.de -- Kolumne Dumme weiße Männer: Vorauseilender Untergang | |
> Der Brexit zeigt: Für den Untergang des Abendlandes braucht es keine | |
> herbeifantasierte Invasion. Dumme weiße Männer reichen aus. | |
Bild: Independence: Die meisten Länder der Welt verstehen darunter die Unabhä… | |
Für den Chef der rechtsextremen UKIP-Partei, Nigel Farage, ist der 23. Juni | |
der Unabhängigkeitstag Großbritanniens. An diesem Tag im Jahr 2016 hat das | |
Land in einem [1][äußerst knappen Referendum] entschieden, nicht mehr Teil | |
der Europäischen Union zu sein. | |
Der Brexit als Unabhängigkeitstag? Vermutlich ist Farage kurz entfallen, | |
dass die meisten Länder dieser Erde an solchen Tagen ihre Unabhängigkeit | |
von den Briten feiern. Das [2][Hirngespinst von der eigenen Kolonisierung] | |
durch die EU treibt dumme weiße Männer der einstigen Kolonialmacht dazu, | |
sich selbst zu zerstören. | |
Nach dem Brexit drohen Schottland und Nordirland das Vereinigte Königreich | |
zu verlassen – beide Regionen haben mehrheitlich für den Verbleib in der EU | |
gestimmt. Innerhalb der Lebensspanne einer einzigen Königin könnte aus dem | |
Empire, über dem die Sonne nie unterging, ein Übriggebliebenes Königreich | |
von England und Wales werden. | |
Die [3][britische Wirtschaft] wird sogar nach den optimistischsten | |
Prognosen schrumpfen, viele Unternehmen könnten ihre Standorte wechseln und | |
so zu einem großen Arbeitsplatzverlust führen. Zahlreiche internationale | |
Abkommen müssten von Großbritannien neu ausgehandelt werden. Für den | |
Untergang brauchte es weder Invasion noch Kolonisierung. | |
## Ein Votum alter Männer | |
Die Ängste geschürt haben dumme weiße Männer wie Farage – unterstützt von | |
dummen weißen Männern des konservativen Establishments wie Londons | |
Ex-Bürgermeister Boris Johnson und Premierminister David Cameron. Es sind | |
Ängste vor angeblicher Fremdherrschaft, wie sie in Deutschland ebenfalls | |
unter den Schlagwörtern „Islamisierung“, „EUdSSR“ oder „Demokratur�… | |
Rechtsextremisten und „Reichsbürgern“ vorgetragen werden. | |
Cameron hat das Referendum [4][aus Opportunismus] und als Zugeständnis an | |
Großbritanniens Rechte noch 2013 versprochen – sofern seine Partei in die | |
Regierung gewählt werde. Damals deutete er noch an, einen Austritt | |
mitzutragen. Nun hat er seinen Rücktritt angekündigt, weil er die | |
Konsequenzen des Referendums doch nicht tragen will. | |
Den Staffelstab des Austrittsbefürworters übernahm dann Johnson. Ein Brexit | |
wäre wie ein Gefängnisausbruch für das Vereinigte Königreich, sagte Johnson | |
noch im März. Nun, da er seinen Wunsch bekommen hat, betont er, Europa | |
[5][doch ganz toll zu finden]: Das Vereinigte Königreich sei weiterhin | |
vereinigt, das Land weiterhin europäisch. | |
Und im Fernsehen [6][nahm Nigel Farage dann die Parole der EU-Gegner wieder | |
zurück], wonach die freiwerdenden britischen EU-Gelder in die staatliche | |
Krankenversorgung, in die NHS, fließen würden: „Das war ein Fehler der | |
Brexit-Kampagne“. | |
Nicht zufällig standen sich beim Fernsehshowdown zum Brexit wohl der weiße | |
Boris Johnson und sein Nachfolger, der pakistanischstämmige Bürgermeister | |
von London, Sadiq Khan, ein Muslim, gegenüber. Johnson forderte den | |
Austritt, Khan den Verbleib. Ein weißer Mann beging den Mord an der | |
Labour-Politikerin Jo Cox, einer engagierten Verbleibsbefürworterin. Nicht | |
zufällig haben vor allem (alte) Männer beim Referendum den Ausschlag für | |
den Brexit gegeben, wie [7][eine YouGov-Umfrage] zeigt. | |
## „Dexit“-Fantasien | |
Die EU-feindlichen Bewegungen Europas sind vor allem Bewegungen weißer | |
Männer, die den Bedeutungsverlust ihrer demographischen Gruppe seit Ende | |
des Kolonialismus mit dem Untergang der Zivilisation gleichsetzen. Nach dem | |
Brexit rufen zahlreiche rechte, nationalistische Gruppen ebenfalls nach | |
EU-Austrittsreferenden: Geert Wilders in den Niederlanden, die Lega Nord in | |
Italien und der Front National in Frankreich. In Deutschland [8][feiern die | |
AfD und die rechtsextreme NPD fast wortgleich den Brexit] und fordern | |
implizit und explizit den „Dexit“. | |
Am Ende wird eine Frau wohl die Scherben der dummen weißen Männer | |
zusammenkehren müssen. [9][Angela Merkel erinnerte am Freitag] daran, dass | |
die EU gegründet wurde, um Jahrhunderte des Krieges zu beenden. Sie führte | |
das nicht aus, aber diese Kriege begründeten sich im Kolonialismus und dem | |
Größenwahn weißer Männer, weshalb ihre letzten Kriege auf europäischem | |
Boden auch zu Weltkriegen ausarteten. Die Kriege danach haben sie meist | |
verloren, denn diese waren Unabhängigkeitskriege. | |
25 Jun 2016 | |
## LINKS | |
[1] /taz-Ticker-zum-Brexit-Referendum/!5314662/ | |
[2] http://twitter.com/Ted_Scheinman/status/746182764500647936 | |
[3] http://www.theguardian.com/politics/2015/may/14/brexit-what-would-happen-if… | |
[4] https://www.theguardian.com/commentisfree/2016/jun/24/eu-referendum-working… | |
[5] https://www.sueddeutsche.de/politik/brexit-referendum-boris-johnson-wuerdig… | |
[6] https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/eu-referendum-result-nigel-f… | |
[7] https://d25d2506sfb94s.cloudfront.net/cumulus_uploads/document/it82go26iz/T… | |
[8] https://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/brexit-und-nazis-und-rechtspopulist… | |
[9] https://www.heute.de/liveblog-zum-brexit-referendum-briten-stimmen-ueber-eu… | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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