# taz.de -- Der Brexit und Bremen: Schwierige Zeiten | |
> Großbritannien ist bislang drittwichtigster Handelspartner Bremens. | |
> Betroffen sind unter anderem der Whisky-Import, Weichtiere und | |
> Ex-Werderaner. | |
Bild: Prä-Brexit-Harmonie: Botschafter Sir Sebastian Wood trug sich gerade ers… | |
BREMEN taz | Ein „bitterer Tag für Europa“ sei der vergangene Donnerstag, | |
an dem sich die BritInnen gegen ihre EU-Mitgliedschaft entschieden, sagt | |
Henrike Müller. Die europapolitische Sprecherin der Grünen ist „tief | |
erschüttert“: „Ich habe wirklich gehofft, es würde reichen.“ Auch | |
Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) „bedauert“ den Brexit, ist sich aber | |
zugleich sicher: „An den guten Verbindungen zwischen Großbritannien und | |
Bremen wird das Abstimmungsergebnis nichts ändern.“ | |
In wirtschaftlicher Hinsicht wird sich Sielings | |
staatstragend-zweckoptimistische Einschätzung kaum bewahrheiten: Immerhin | |
ist Großbritannien der drittwichtigste Handelspartner Bremens. 2015 wurden, | |
dem Statistischen Landesamt zufolge, Waren im Wert von gut 2,6 Milliarden | |
Euro von der Weser weg auf die britischen Inseln befördert oder von dort | |
bezogen. | |
In diesem Export/Import-Ranking kommt Großbritannien auf der Rangliste der | |
bremischen Handelspartner mit 8,4 Prozent unmittelbar nach Frankreich (13 | |
Prozent) und den USA (10 Prozent). | |
Skeptisch ist daher auch die Bremer Bundestagsabgeordnete Elisabeth | |
Motschmann, deren Kompetenz als „Berichterstatterin der CDU/CSU-Fraktion | |
für Großbritannien im Auswärtigen Ausschuss“ nun voll zum Tragen kommt. | |
„Ganz speziell für Bremer Unternehmen“, so Motschmann, bedeute der Brexit | |
„schwierige Zeiten“. | |
Sämtliche Wirtschaftsbeziehungen müssten neu verhandelt werden, | |
möglicherweise würden in Zukunft Zölle den Handel erschweren. „Es ist davon | |
auszugehen“, sagt Motschmann, dass sich das Handelsvolumen „auf absehbare | |
Zeit“ reduziere. | |
Doch auf was muss sich Bremen konkret einstellen? Den größten Anteil der | |
Exporte aus Bremen in das Vereinigte Königreich belegt laut Statistischem | |
Landesamt die „Warengruppe Personenkraftwagen und Wohnmobile“ mit gut 60 | |
Prozent. Mit einem Anteil von rund neun Prozent werden Luftfahrzeuge | |
beziehungsweise Teile derselben exportiert. Auch die „Warengruppe „Fische | |
und Krebstiere, Weichtiere“ belege mit knapp sechs Prozent einen vorderen | |
Platz. | |
Und in umgekehrter Richtung? 2015 wurden mit einem Anteil von etwa 77 | |
Prozent Luftfahrzeuge und Luftfahrzeugteile nach Bremen eingeführt. Die | |
„Warengruppe Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnische Erzeugnisse“ hatte | |
einen Anteil von rund zwei Prozent an den Importen. Und dann gibt es noch | |
einen einprozentigen Importanteil an besonders Hochprozentigem, dessen | |
potentielle Verteuerung manche besonders bedauern werden: die Erzeugnisse | |
aus der „Warengruppe Branntwein“. Wäre man nicht Statistiker, würde man | |
eventuell von Whisky sprechen. | |
Noch breitenwirksamer sind allerdings die absehbaren Veränderungen im | |
Bereich Fußball, von denen auch Ex-Werderaner betroffen sind. Etwa Bremens | |
früherer Abwehrchef Per Mertesacker, der bei FC Arsenal spielt. In der | |
Premier League können Spieler mit einem EU-Pass zurzeit noch ohne | |
Einschränkungen für ihre Klubs auflaufen, nun aber werden für sie in Bezug | |
auf eine Arbeitserlaubnis wohl die deutlich härteren Regeln wie für Spieler | |
aus Nicht-EU-Staaten gelten. | |
Diese Problematik wird Sofia Leonidakis, die europapolitische Sprecherin | |
Bremer Linkspartei, aber vermutlich weniger im Blick haben, wenn sie nun | |
vor der „unsozialen, neoliberalen und undemokratischen aktuellen | |
EU-Politik“ warnt. „Offenkundig“ biete die EU „kaum noch Anlass für | |
positive Bezugnahme“. Wenn die europäische Union nicht zur „Garantin | |
sozialer Absicherung statt Gewinnabsicherung“ werde, warnt Leonidakis, | |
„wird es weitere Absetzungsbestrebungen geben“. | |
26 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
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