# taz.de -- Treffen der Unionsspitzen: Pathetische Zeiten | |
> CDU und CSU waren eigentlich zusammengekommen, um sich vom Tagesgeschäft | |
> zu lösen. Doch der EU-Austritt der Briten kam dazwischen. | |
Bild: So und so: Kanzlerin Angela Merkel neben CSU-Chef Horst Seehofer | |
POTSDAM taz | Angela Merkel hat ein Kommunikationsproblem. Sie redet, aber | |
niemand kann sie verstehen. Ihr Mikrofon ist aus. Sie hat vergessen, es | |
einzuschalten. Neben ihr sitzt Horst Seehofer und guckt. Dabei geht es bei | |
diesem Treffen der Parteispitzen in Potsdam genau darum: Können Merkel und | |
Seehofer noch miteinander diskutieren oder streiten sie nur? Gibt es | |
genügend Gemeinsamkeiten bei CDU und CSU, um in einer Union zu verbleiben? | |
Haben sie eine gemeinsame Botschaft für ihre Wähler? | |
Angela Merkel beantwortet diese Fragen mit Ja. „Intensiv, sehr ernsthaft | |
und konstruktiv“, seien die Gespräche gewesen. „Immer getragen vom Willen, | |
eine Lösung zu entwickeln“, sagt Merkel. Sie haben nichts geringeres | |
debattiert, als die ganz großen Fragen. „Mega-Trends“, nennt sie das. Die | |
weltweite Bevölkerungsentwicklung, Umwelt und Ressourcen, Zusammenhalt der | |
Gesellschaft, Digitalisierung und Innovation. „Die Menschen in so einer | |
Zeit zu führen und zu lotsen ist eine der großen Aufgaben“. Konkrete | |
Inhalte? Positionen? Darüber spricht Merkel nicht. | |
Eigentlich waren die Parteispitzen zusammengekommen, um sich vom | |
Tagesgeschäft loszulösen. Die Gruppe aus rund 20 Teilnehmern, die | |
Parteivorsitzenden und ihre Stellvertreter, Unionsministerpräsidenten, | |
Generalsekretäre, der CSU-Grundsatzbeauftragte und die | |
CSU-Landesgruppenchefin wollten sich daran abarbeiten und ihre Thesen in | |
neue Gremien weiterleiten. Es sollen Konferenzen zu den einzelnen | |
Themenfeldern stattfinden, erklärt Merkel, an denen Bürger teilnehmen und | |
zivilgesellschaftliche Organisationen – die Ergebnisse münden dann, | |
vielleicht, in einem gemeinsamen Wahlprogramm. Vielleicht. | |
Doch [1][das britische Referendum über den EU-Austritt] hat die Tagung | |
dominiert. Merkel bekräftigt ihre Haltung: Großbritannien verlässt nun | |
vielleicht die EU, ein wichtiger Partner soll das Land aber bleiben. Der | |
Austrittsprozess soll nicht ewig dauern, „aber ich würde mich nicht wegen | |
kurzer Zeit verkämpfen“, sagt sie dazu, wie schnell Deutschland verhandeln | |
will. Für Eile sind zu viele Fragen offen. | |
## Kommunikation und Provokation | |
„Es muss sich in Europa etwas verändern“, sagt Seehofer. Weniger | |
Bürokratie, weniger „kleine Alltagsfragen“, mehr große Themen. Flüchtlin… | |
Klimaschutz, Wasserknappheit, zum Beispiel. „Dafür haben die Gründerväter | |
die Europäische Union gedacht.“ Angela Merkel sagt: Kein Land Europas sei | |
in den „großen Fragen“ in der Lage, „Herausforderungen alleine zu | |
bewältigen“. | |
Merkel und Seehofer sind sich also in einem einig: Es sind Zeiten, die | |
Pathos verlangen. Aber was heißt das ganz praktisch für die eigene Union, | |
die Gemeinschaft der beiden Parteien? | |
Die CDU-Chefin setzt auf Kommunikation. „Alles was wir tun, ist, den | |
Menschen ein Gefühl zu geben, dass die Politik ihre Sorgen und Ängste ernst | |
nimmt.“ Ihre Botschaft: Wohlstand, Sicherheit, alles da – und soll auch | |
bleiben. | |
Seehofer setzt auf Provokation. Journalisten möchten wissen: Bekennt er | |
sich denn nun zu Merkel als gemeinsame Spitzenkandidatin für die | |
Bundestagswahl? „Eine Europameisterschaft beginnt nicht mit dem Finale“, | |
sagt Seehofer. „Wir sind jetzt in der Gruppenphase und dann sehen wir | |
weiter.“ | |
25 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Christina Schmidt | |
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