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# taz.de -- Kolumne Dumme weiße Männer: Klassisch rassistisch
> Anne Will hat vier weiße Männer eingeladen, um zu diskutieren, wie
> rassistisch Deutschland ist. Das konnte ja nur schiefgehen.
Bild: Was man nicht über Schwarze sagen darf, darf man über Muslime sagen?
Wie rassistisch ist Deutschland? Am Ende der [1][Talkshowrunde mit Anne
Will] kann man sagen: So rassistisch, dass zu diesem Thema vier weiße
Männer und eine Migrationsforscherin mit Migrationshintergrund diskutieren
durften. So rassistisch, dass der weiße AfD-Vize Alexander Gauland ohne
Widerspruch ständig von „Farbigen“ sprechen kann. So rassistisch, dass ihm
der konservative weiße Politikwissenschaftler [2][Werner „Pegida sind
besorgte Bürger“ Patzelt] dennoch bescheinigt, kein Rassist zu sein.
So rassistisch, dass selbst der weiße Justizminister Heiko Maas (SPD) bei
Menschen, die Muslimen den Grenzübertritt nach Deutschland verbieten
wollen, nur von „Menschen mit Ängsten“ spricht. So rassistisch, dass der
weiße FAZ-Journalist Eckart Lohse Gauland um Anerkennung dafür anbettelte,
dass in Deutschland die Asylgesetze verschärft wurden und ein fragwürdiger
Deal mit der Türkei ausgehandelt wurde, der die Zahl der Flüchtlinge
verringerte. Vielleicht ist das schon ein Erkenntnisgewinn.
Was ist das eigentlich für ein Diskurs, dessen linkeste Teilnehmer ein
FAZ-Journalist und ein Justizminister sind? Was ist das für eine Runde zu
Rassismus fast unter Ausschluss von Menschen, die auch von Rassismus
betroffen sind? Was ist das für eine Runde, in der die einzigen klugen
Gedanken von einer doppelten Quotenteilnehmerin kommen, von Bilgin Ayata,
einer Frau mit Migrationshintergrund? Was ist das für eine Sendungsplanung,
die einer einzigen Person eine so hohe Verantwortung zuweist?
Dummheit und Rassismus haben nichts miteinander zu tun, aber Alexander
Gauland brachte wieder einmal den Beweis, dass Dummheit und Rassismus
gemeinsam auftreten können. Er habe ja gar nicht gewusst, dass Boateng ein
„Farbiger“ sei, sagt Gauland. Er habe gedacht, er sei Muslim und habe sich
deshalb so geäußert. Was man nicht über Schwarze sagen darf, darf man über
Muslime sagen? Welch eine Logik. An den Namen der deutschen
Fußballmannschaft 1954 könne man klassisches Deutschsein erkennen, so
Gauland. Man hätte mal nachfragen können, ob dieses Deutschsein vielleicht
damit zu tun hatte, dass noch wenige Jahre zuvor andere Arten des
Deutschseins systematisch verfolgt und vernichtet wurden. Das tat aber
niemand.
## Gauland als Realsatire
Und dennoch konnte man immer wieder herzlich lachen. Gauland behauptet, er
habe gedacht, Boateng sei ein Fremder. „In der deutschen
Nationalmannschaft?“, entgegnete Maas. Hat Gauland Angela Merkel eine
Kanzler-Diktatorin genannt? „Der gute Satz ist mir nicht eingefallen, ich
hätte es gerne gesagt, aber das hat Björn Höcke gesagt“, sagt er. „Ich
finde den Satz gut mit der Kanzler-Diktatorin. Ich habe es aber nicht
gebraucht, es tut mir leid. Journalismus soll genau sein.“ Nur Sekunden
später kommt [3][der Videobeweis]. „Björn Höcke hat das gesagt, ich fand es
gut, und dann habe ich es wiederholt“, schreit Gauland nach dem Einspieler.
Realsatire pur.
In dem Video ging es auch um einen anderen Satz: „Heute sind wir tolerant,
morgen fremd im eigenen Land.“ Gauland zitiert die NPD-Parole kurz bevor er
von der „Kanzler-Diktatorin“ spricht. Immer wieder behauptet er, dass
Angela Merkel vorhabe, das deutsche Volk zu „ergänzen und ersetzen“. Ein
neurechtes Konzept, dass davon ausgeht, dass Menschengruppen sich nicht
vermischen können und auch nicht sollen, sondern dass Einwanderung nur
Niedergang bedeuten könne.
Doch seine Mitdiskutierenden schaffen es nicht, das sauber zu entlarven.
Die NPD-Parole sei rechtsextrem, weil sie von Rechstextremen verwendet
wird, tautologisiert Heiko Maas. Die Einwanderung ersetze die Kinder, die
Deutsche „zu zeugen nicht mehr willens sind“, übersetzt Werner Patzelt die
Absurdität in eine größere Absurdität.
## Falsche Rassismus-Synonyme
Wie hätte eine Runde aussehen können, die ernsthaft über Rassismus
diskutieren wollte? Wacker kämpft Bilgin Ayata für eine klügere Diskussion,
wirft ein, dass der Rassismusbegriff in Deutschland nicht internationalen
Standards entspreche, dass er auch noch regelmäßig durch falsche Synonyme
wie „Fremdenfeindlichkeit“ oder „Ausländerfeindlichkeit“ ersetzt werde,
dass Einwanderung nicht erst ein Phänomen des vergangenen Jahres gewesen
sei, dass die AfD nun das Unsagbare sagbar mache.
Am Ende der Diskussion treibt sie Gauland fast in die Ecke. Für die
flüchtlingsfeindliche Stimmung will der AfDler nicht verantwortlich sein.
„Aber sind Sie gegen die Angriffe?“, fragt Ayata. „Natürlich bin ich
dagegen“, empört sich Gauland. „Aber sagen Sie das auch?“ fragt sie weit…
„Strecken Sie sich … schlagen Sie mal…“ Sie verhaspelt sich, Anne Will
ändert das Thema, Gauland bleibt die Antwort schuldig. Hätte die Runde mehr
ausgesehen wie die aktuelle DFB-Mannschaft, wäre die Frage vielleicht eher
gefallen.
6 Jun 2016
## LINKS
[1] http://daserste.ndr.de/annewill/Guter-Nachbar-schlechter-Nachbar-Wie-rassis…
[2] http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/mitarbeiter-und-studenten-protesti…
[3] https://www.youtube.com/watch?v=D2OU3xCB2UY
## AUTOREN
Lalon Sander
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