# taz.de -- Kommentar Leipziger „Mitte“-Studie: Die Polarisierung als Chance | |
> Es gibt viel Rassismus in Deutschland. Aber auch ein wachsendes | |
> demokratisches Milieu. Diese Gruppe muss nun sichtbarer und lauter | |
> werden. | |
Bild: Die Politik sollte ihren Blick wieder mehr auf die tatsächliche Mehrheit… | |
Deutschland legt einmal mehr seine hässliche Seite bloß. Eine Mehrheit der | |
Deutschen hegt Vorurteile gegen Sinti und Roma, mehr als jeder Dritte lehnt | |
Muslime ab, beinahe ebenso viele sehen eine „gefährliche Überfremdung“ im | |
Land. Dazu steigt die Gewaltbereitschaft bei den Vorurteilsgeladenen auf | |
ein Rekordhoch. | |
Das ist einer der aktuellen Befunde einer Leipziger Langzeitstudie | |
([1][PDF]). Überraschen kann er nur bedingt. Studien weisen schon lange auf | |
Ressentiments hin, die in der Mitte der Gesellschaft schlummern. Die | |
bürgerlichen Claqueure für die Anti-Islam-Tiraden eines Thilo Sarrazin | |
machten diese bereits vor Jahren sichtbar. | |
Nun versteckt sich der Rassismus nicht mehr: Er schallt offen über die | |
Straßen Dresdens oder die Stammtische der AfD-Anhängerschaft. Und mit jedem | |
„Tabubruch“ der Protestvorderen heizt sich die Menge weiter an. | |
Was tun? Es gibt einen Hoffnungsschimmer, der sich ebenfalls in der Studie | |
verbirgt: Die Mehrheit dieses Landes tickt anders – und sie wächst. In | |
diesem „demokratischen Milieu“ existiert ein hohes, sogar wachsendes | |
Vertrauen in den Parlamentarismus, es will sich politisch einbringen und | |
tut dies auch längst. Ein Blick in die Flüchtlingsunterkünfte dieses | |
Landes, wo sich unzählige Ehrenamtliche engagieren, genügt. | |
Um aus der Hassspirale auszubrechen, braucht es also nur einen | |
Perspektivwechsel. Statt der Agenda der Rechtsaußen hinterherzulaufen und | |
den „Überfremdungssorgen“ mit Obergrenzendebatten entgegenzukommen, sollte | |
die Politik ihren Blick wieder mehr auf die tatsächliche Mehrheit richten, | |
die eine Willkommenskultur klar befürwortet – und praktiziert. | |
Diese Gruppe aber muss lauter werden. So wertvoll die praktische Hilfe vor | |
Ort ist – öffentlich sichtbar sind die Engagierten bis heute wenig. Die | |
Diskurshoheit wird Islamhassern und Flüchtlingsgegnern überlassen – der | |
Minderheit. Die derzeitige Polarisierung bietet daher auch eine Chance: | |
Bisher verdeckte Ressentiments und ihre Träger werden offen sichtbar. | |
Die demokratisch Gesinnten müssen sich davon klar abgrenzen – und für die | |
eigenen Werte offensiv eintreten. Das aber gilt auch im eigenen Milieu. | |
Selbst 15 Prozent der Grünen sprechen laut Studie von „Überfremdung“, jed… | |
Fünfte hegt Vorurteile gegen Muslime. Beruhigende Befunde sind auch das | |
nicht. | |
15 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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