# taz.de -- Linke Strategie gegen Rechtspopulismus: Die Stammtische erobern | |
> Die Linke diskutiert, wie sie RassistInnen in den neuen Ländern | |
> entgegentreten kann. Rettet die Linkspartei das christliche Abendland? | |
Bild: Der Dachstuhl einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Töglitz im April… | |
BERLIN taz | [1][Arnsdorf], [2][Freital], [3][Clausnitz], [4][Heidenau], | |
[5][Tröglitz]. Kleine Gemeinden in Ostdeutschland sind zu den Schauplätzen | |
eines großen Problems geworden. Es sind Orte, in denen Rassismus in Gewalt | |
und Hetze als Ausdruck vermeintlicher Bürgercourage umgeschlagen ist. Warum | |
findet Rassismus und Rechtspopulismus derartigen Anklang in ostdeutschen | |
Gebieten und was kann man dagegen tun? | |
Das war die übergeordnete Frage bei der zehnten Ostdeutschland-Anhörung der | |
Linksfraktion zum Thema: „Ankunft im Osten“. Geladen hatte die Linke in die | |
thüringische Vertretung in Berlin. Neben den ostdeutschen Parteivorderen | |
Katja Kipping und Dietmar Bartsch sprachen am Montag auch Vertreter der | |
Zivilgesellschaft: etwa der evangelische Pfarrer und ehemalige | |
Bürgermeister von Tröglitz, [6][Markus Nierth]. Er sprach über sein Erleben | |
des Schweigens einer gesellschaftliche Mitte. | |
Nierth war von seinem Amt im sachsen-anhaltischen Tröglitz zurückgetreten, | |
nachdem ein extrem rechter Demozug vor seinem Privathaus endete, weil er | |
sich als Bürgermeister für Flüchtlinge engagiert hatte. Der Grund für den | |
Rücktritt: Es gab keinen Aufschrei in seiner Gemeinde über die von der NPD | |
angemeldete Demo. Einen Monat später brannte die geplante | |
Flüchtlingsunterkunft für 40 Personen. Der Fall zog bundesweite | |
Aufmerksamkeit nach sich. Eine Flüchtlingsunterkunft gibt es bis heute | |
nicht in Tröglitz. | |
## „Die Linke muss stammtischfähig sein.“ | |
Nierth erlebte nach seinem Engagement für Flüchtlinge soziale Ächtung in | |
dem Dorf mit 2.800 Einwohnern. Heute sagt er: „Die schweigende Mitte ist | |
eine große Gefahr für die Gesellschaft. Wie können wir die Gesellschaft und | |
ihre Werte retten?“ Politisch traut der Theologe das am ehesten der | |
Linkspartei zu: „Wir nennen es Nächstenliebe, die Linke nennt es | |
Solidarität. Die Linken haben mehr Wertüberschneidungen mit der Kirche als | |
die christlichen Parteien. Retten sie das christliche Abendland?“ | |
Um rechtspopulistischen Protest und rassistischen Taten entgegenzutreten, | |
gebe es im Osten gute Voraussetzungen, sagt Bartsch: „Jeder vierte | |
Einwohner der ehemaligen DDR war direkt betroffen von Flucht. Der Osten hat | |
Migrationserfahrung, weiß, wie das Leben in der Transformation ist.“ | |
Zur konkreten Umsetzung regte Jan Korte, Vizevorsitzender der | |
Linksfraktion, seiner Partei die Schärfung des Alltagsverstandes an. Er | |
sagte: „Wir müssen unsere Politik regionalisieren“. Durch konkrete | |
Forderungen und den Einsatz vor Ort könne man die gesellschaftliche | |
Politisierung nutzen. „Die Linke muss stammtischfähig sein. Erst muss man | |
eingeladen werden und dann dagegenhalten.“ | |
6 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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