# taz.de -- Rassismus in den Ostbundesländern: Ins eigene Knie geschossen | |
> Der Anstieg rechtsextremer und rassistischer Straftaten in Ostdeutschland | |
> bereitet der Bundesregierung Sorgen. Sie befürchtet dort wirtschaftliche | |
> Einbußen. | |
Bild: Wegen der schwachen „natürlichen“ Geburtenrate braucht der Osten dri… | |
BERLIN epd | Die Bundesregierung sorgt sich angesichts der Zunahme | |
fremdenfeindlicher und rechtsextremistischer Straftaten um die | |
wirtschaftliche Entwicklung Ostdeutschlands. Die neuen Bundesländer hätten | |
nur als eine weltoffene Region gute Entwicklungschancen, in der sich alle | |
dort lebenden Menschen zu Hause fühlen und am gesellschaftlichen Leben | |
teilhaben, heißt es im Jahresbericht zur Deutschen Einheit, den das | |
Bundeskabinett am Mittwoch vorstellte. Fremdenfeindlichkeit, | |
Rechtsextremismus und Intoleranz stellten dagegen eine große Gefahr für die | |
gesellschaftliche, aber auch die wirtschaftliche Entwicklung der neuen | |
Länder dar, heißt es in dem von der Ostbeauftragten Iris Gleicke (SPD) in | |
Berlin vorgestellten Jahresbericht. | |
Es bestehe die Gefahr, dass durch Fremdenfeindlichkeit und | |
Rechtsextremismus „die Chancen der Zuwanderung gerade dort verspielt | |
werden, wo man aufgrund der demografischen Entwicklung in ganz besonderer | |
Weise auf Zuzug angewiesen ist“, heißt es in dem Bericht weiter. Im Jahr | |
2015 betrug den Angaben zufolge die statistisch erfasste Nettozuwanderung | |
aus dem Ausland nach Ostdeutschland etwa 150.000 Personen. Etwa zwei | |
Drittel davon waren Asylsuchende. | |
Den strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands eröffne die Zuwanderung | |
qualifizierter Fachkräften und EU-Ausländer die Chance, den | |
Bevölkerungsrückgang, die zunehmende Alterung und den sich immer stärker | |
abzeichnenden Fachkräftemangel zu mildern. Da sich unter den Flüchtlingen | |
ein hoher Anteil von Menschen befindet, die jünger als 30 Jahre sind, | |
bestünden grundsätzlich gute Voraussetzungen für Qualifikation und | |
Weiterbildung. Damit sich Zuwanderer für eine langfristige Perspektive in | |
Ostdeutschland entscheiden, bedürfe es aber einer verstärkten Willkommens- | |
und Anerkennungskultur. | |
Statistiken wiesen seit vielen Jahren eindeutig nach, dass in | |
Ostdeutschland im Verhältnis zur Einwohnerzahl eine besondere Häufung von | |
fremdenfeindlichen und rechtsextremen Übergriffen zu verzeichnen sei. | |
Während in Westdeutschland laut Verfassungsschutzbericht 2015 auf eine | |
Million Einwohner 10,5 rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten kamen, | |
waren es in den ostdeutschen Ländern deutlich mehr. Den Spitzenplatz nahm | |
demnach Mecklenburg-Vorpommern ein (58,7), gefolgt von Brandenburg (51,9), | |
Sachsen (49,6), Sachsen-Anhalt (42,6), Berlin (37,9) und Thüringen (33,9). | |
„Neben unzähligen Angriffen auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte sind | |
gewalttätige Ausschreitungen wie in Heidenau und Freital zu Symbolen eines | |
sich verfestigenden Fremdenhasses geworden“, heißt es in dem Bericht. | |
Zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts reiche das Engagement der | |
politisch Verantwortlichen nicht aus. Gefragt seien Bürger, Unternehmen und | |
Händler, Vereine und Gemeinden. Sie alle hätten ein gemeinsames Interesse, | |
Fremdenfeindlichkeit, Extremismus und Gewalt möglichst keinen Raum zu | |
lassen, mahnt der Bericht der Ostbeauftragten. | |
Insgesamt zeichnet der Jahresbericht ein positives Bild der Entwicklung | |
Ostdeutschlands in den zurückliegenden 26 Jahren. Bei der Bildung der | |
Erwerbsbevölkerung, der Umweltqualität und der Wohnqualität sei die Region | |
inzwischen führend in Deutschland. Schlechter schneidet nach | |
OECD-Kennziffern der Osten gegenüber Nord-, Süd- und Westdeutschland | |
allerdings immer noch bei materiellen Indikatoren wie Wirtschaftsleistung | |
und Einkommen, aber auch etwa bei Gesundheit und Lebenserwartung ab. | |
21 Sep 2016 | |
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