# taz.de -- Kommentar Nazi-Image Ostdeutschland: Wut statt Debatte | |
> Ostler jaulen, Westler lehnen sich zurück. Alle machen‘s sich zu leicht. | |
> Fremdenhass ist der Vorbote eines anderen, gesamtdeutschen Problems. | |
Bild: 2015 in Freital, Sachsen | |
Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern | |
– aktuell bilden die fünf „neuen“ Bundesländer die Chiffre für eine | |
gewaltbereite Fremdenfeindlichkeit. Die Ostler haben das mit der | |
Weltoffenheit immer noch nicht kapiert, sagen die Westler. Und die | |
Ministerpräsidenten im Osten stimmen [1][den üblichen Klagegesang] an, ihre | |
Leute würden zu Unrecht in die rechte Ecke gestellt. | |
Das sind die auf beiden Seiten seit zweieinhalb Jahrzehnten gut eingeübte | |
Abwehrreflexe. Die Ostler jaulen: Wir sind aber nicht alle so. Und die im | |
Westen können sich einigermaßen beruhigt zurücklehnen: die echten | |
Fremdenfeinde scheinen ja eher östlich der Elbe zu leben. Schön schlicht | |
ist das. | |
Aber ist der gegenwärtig grassierende Rassismus östlich der Elbe | |
tatsächlich lediglich die verstetigte Abschottungserfahrung made in GDR? | |
Wer 25 Jahre nach dem Mauerfall den Ostdeutschen gestattet, sich auf dieser | |
Argumentationslinie auszuruhen, der macht es schlussendlich allen zu | |
leicht. Denn Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewaltbereitschaft sind in | |
erster Linie die Vorboten einer bedrohlich anwachsenden | |
Demokratieverachtung in ganz Deutschland. Ja, diese Demokratieverachtung | |
ist dort stärker, wo die Menschen einen biografischen Bruch erlebt haben. | |
Aber exklusiv haben die Ostdeutschen diese Erfahrung in Zeiten des | |
Neoliberalismus keineswegs. | |
Im ganzen Land nimmt die Tendenz zu, die parlamentarische Demokratie nur | |
noch unter einem selbstbezogenen Nützlichkeitsaspekt zu betrachten. Macht | |
„die Politik“ das, was ich von ihr fordere? Wenn nicht, dann werde ich zum | |
Wutbürger. | |
Das Echo der politischen Wende im Osten nimmt da lediglich vorweg, was auch | |
im Westen zunehmend Platz greift: Wut statt Nachdenken. Gewalt statt | |
Debatte. Und Abwehr statt Interesse. „Die Politik“ muss darauf eine | |
grundsätzliche Antwort finden. Und zwar möglichst sofort. | |
30 Aug 2015 | |
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## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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