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# taz.de -- Werner Patzelt stellt seine Studie vor: Katechismus des Pegida-Vers…
> Der Dresdner Politologe Werner Patzelt hat versucht, Pegida zu erklären.
> Ist ihm ein neues Standardwerk gelungen?
Bild: Hofft, ein neues Standardwerk geschrieben zu haben: Werner Patzelt
Dresden taz | Wer meinte, es sei alles über Pegida gesagt, nur eben noch
nicht von allen, der irrt. Seit gestern ist die Menschheit um das
Standardwerk zur vervolkten und verkannten Bewegung reicher, um die Ultima
Ratio der Pegida-Forschung, um die Gebrauchsanweisung zum Umgang mit der
Straße. 667 Seiten dick, 1.464 Gramm gewichtig, und für nur 22 Euro
unentbehrlich in jedem deutschen Bücherschrank.
Kein Stuhl blieb am Dienstagvormittag leer im großen Saal des Dresdner
Stadtmuseums, als der führende Pegida-Exeget und Politikwissenschaftler
Werner Patzelt von der TU Dresden sein Werk vorstellte. Mit im Podium
Koautor Joachim Klose, Leiter der Adenauer-Stiftung in Sachsen, und
Landtagspräsident Matthias Rößler, ehemals Patriotismusbeauftragter der
sächsischen Union.
Tatsächlich hat Patzelt nicht nur die drei zuvor an seinem Lehrstuhl
erstellten Studien einfließen lassen, sondern auch Arbeiten von Kollegen,
darunter seine Dresdner Professorenkonkurrenz Hans Vorländer. Diese
empirischen Studien krankten sämtlich daran, dass jeweils nur etwa ein
Drittel der angesprochenen Demonstranten den studentischen Interviewern
Auskunft gab. Das vorliegende Großwerk ist hingegen wesentlich breiter,
aber auch subjektiver angelegt.
Beleuchtet wird beispielsweise die schmale, aber nachlesbare Programmatik
von Pegida, ohne allerdings nach der Autorenschaft zu fragen. Denn niemand
traut dem Orga-Team um Lutz Bachmann eine solche intellektuelle Leistung
zu.
Ausführlich wird auch die Internetpräsenz der „Bewegung“ betrachtet, wenn
auch nur mit wenigen authentischen Beispielen gewürzt. Reden vom
Lautsprecherwagen werden zumindest auszugsweise dokumentiert und
kommentiert. Vorgeschichte und gesellschaftlicher Kontext bilden
Schwerpunkte. Unter der von Lenin entlehnten Überschrift „Was tun?“ gibt
Patzelt schließlich seinen ganz persönlichen Senf hinzu.
## Rechts von der CSU
Der Untertitel „Warnsignale aus Dresden“ sei „sehr absichtlich gewählt�…
betont Patzelt. Es sind die gleichen Signale, die er selbst in seinen 25
Dresdner Jahren mehrfach ausgesendet hat und die an Franz Josef Strauß
erinnern, daran, dass es rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte
Partei geben dürfe.
Sogar die sächsische Union war Patzelt noch nicht rechts genug, und die CDU
insgesamt bekomme nun die Quittung dafür, dass sie den rechtspopulistischen
Trend in ganz Europa nicht gesehen habe. Folglich spielt Patzelts
Lieblingsbegriff von der „Repräsentationslücke“ im rechten
Bevölkerungsspektrum eine zentrale Rolle im Buch.
Nicht zum ersten Mal sieht der Hauptautor Patzelt deshalb Pegida und die
AfD als „einzigen Komplex“ an, der Ausdruck dieses europäischen Phänomens
sei. Politiker hätten diese Warnsignale missachtet, dem Volk – sinngemäß �…
nicht aufs Maul geschaut und sich auf Political Correctness versteift. „Im
Namen von Humanität wurden Andersdenkende wie Feinde behandelt“, sagt sich
Patzelt.
## Der Nährboden
Der in der DDR aufgewachsene Koautor Klose benennt eher Ursachen für das
Pegida-Phänomen, die in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft nach
dem Systemwechsel 1990 zu suchen sind. „Man kann Heimat verlieren, ohne die
Region zu verlassen“, sagt er. Autoritäre DDR-Prägungen, Entwurzelung,
Elitenwechsel und die Bildung deutscher Parallelgesellschaften bildeten den
Nährboden für Pegida und AfD-Erfolge.
Im Tenor ergeht der Appell an die Eliten in Politik und Medien, auf das
Gegrummel im Volk einzugehen – zu Pegida-Verstehern zu werden. Eine
Aufforderung in Gegenrichtung an die Straße, die eigenen Rufe und Haltungen
zu überprüfen, ist in den Schlussempfehlungen Patzelts zumindest
ansatzweise zu entdecken. Neue Bewegungen hätten da eine Bringschuld.
„Appelle an Pegida nutzen nichts, wenn sie nicht redewillig sind“, räumt er
zugleich ein. Die weitgehend gescheiterten Dialogversuche, mit denen die
von Klose besonders betonten Gräben in der Gesellschaft aufgefüllt werden
könnten, werden nur gestreift.
Dessen ungeachtet empfiehlt Werner Patzelt Politikern weiterhin den
Diskurs, insbesondere die Probleme der Einwanderungsgesellschaft
betreffend. Journalisten sollten Selbstkritik üben und Dresden nicht länger
beschimpfen: Die Stadt sei ja nur exemplarisch für einen europäischen
Trend. Nicht dieser Trend scheint die Autoren am meisten zu beunruhigen,
sondern der Umgang damit.
14 Jun 2016
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Schwerpunkt Pegida
Dresden
Werner Patzelt
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