Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Aus „Le Monde diplomatique“: Aufstieg einer gefährlichen Branc…
> Kriege, Rüstungsausgaben und Waffenverkäufe nehmen rasant zu. Auch
> Konfliktstaaten und Diktaturen sind kein Hinderungsgrund.
Bild: Schon die Kleinsten lernen den Zugang zum boomenden Geschäft
Anfang der 1990er Jahre konnte man den Eindruck haben, das Ende des Kalten
Kriegs werde auch die meisten internationalen Konflikte beenden und die
Waffenarsenale der großen und kleinen Mächte leer fegen. Tatsächlich gingen
die Rüstungsausgaben zunächst deutlich zurück. Doch der „Krieg gegen den
Terror“ mit den Schwerpunkten Afghanistan und Irak verschaffte dem
militärisch-industriellen Komplex in den USA neue Aufträge.
Heute kämpft eine internationale Koalition gegen den „Islamischen Staat“
(IS) in Syrien. Auch die russische Waffenindustrie hat ihre postsowjetische
Starre überwunden und legt wieder kräftig zu. Frankreich verkauft Waffen an
Staaten des Golfkooperationsrats und nach Asien; Indien und China träumen,
angetrieben von ihrer wirtschaftlichen Dynamik, von einer Vormachtstellung
in ihrer jeweiligen Region. Deutschland und Japan, die Besiegten des
Zweiten Weltkriegs, haben ihre historisch bedingten Hemmungen teilweise
überwunden und sind dabei, mit ihrer leistungsfähige Rüstungsindustrie neue
Absatzrekorde zu erzielen.
„2014 gab es mehr Kriege als in jedem anderen Jahr seit 2000“, ist [1][im
Jahrbuch des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) zu
lesen]. Die weltweiten Militärausgaben sind in den vergangenen zehn Jahren
um ein Drittel gestiegen und lagen 2014 bei rund 1700 Milliarden US-Dollar.
In Nordafrika und Osteuropa haben sie sich mehr als verdoppelt und im Nahen
Osten ebenso wie in Ostasien um zwei Drittel zugenommen. Nachdem die USA
ihre Truppen aus dem Irak vollständig und aus Afghanistan großenteils
abgezogen hatten, begannen sie zunächst ihre Militärausgaben
zurückzufahren. Doch 2014 war mit 610 Milliarden Dollar wieder das Niveau
von 2007 erreicht, das heute etwa einem Drittel der gesamten weltweiten
Rüstungsausgaben entspricht.
Nach den neuesten Zahlen von Sipri vom Februar 2016 war das Gesamtvolumen
der Waffenverkäufe in den letzten fünf Jahren (2011–2015) „so groß wie n…
nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs“. Bei den Waffenlieferanten liegen
die USA auf Platz eins mit 32,5 Prozent Anteil am Weltmarkt, dicht gefolgt
von Russland (25,3 Prozent). Diese beiden Rüstungsgiganten sind in der
Lage, Waffensysteme anzubieten, die unter realen Kriegsbedingungen („combat
proven“) getestet wurden.
Mit großem Abstand liegen auf den Plätzen drei bis fünf: China (5,9
Prozent), Frankreich (5,6 Prozent) und Deutschland (4,7 Prozent). Bei den
Abnehmerländern (Importeuren) liegt Indien (ebenfalls im Zeitraum
2011–2015) weit in Führung, gefolgt von Saudi-Arabien, China, den
Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Australien.
## Boom in den Schwellenländern
Mittlerweile sind auch die Schwellenländer „in mehreren Bereichen in der
Lage, internationale Aufträge an Land zu ziehen und so den großen
westlichen Anbietern Konkurrenz zu machen“, heißt es im [2][Vorwort eines
Parlamentsberichts über die französischen Rüstungsexporte 2015.] Auf diesem
Gebiet ist China zu einem zentralen Akteur geworden. In Japan wurde ein
Verbot von Waffenverkäufen ins Ausland, das seit 1967 bestanden hatte, im
April 2014 aufgehoben. Auch Südkorea will seine Rüstungsindustrie zu einer
tragenden Säule künftigen Wirtschaftswachstums machen.
Israel ist nicht nur ein führender Anbieter von Drohnen und
Polizeiausrüstung, sondern investiert inzwischen auch in kybernetische
Waffensysteme. Der Iran, durch Sanktionen 30 Jahre lang international
isoliert, entwickelt einen militärisch-industriellen Komplex, der demnächst
auch auf den Exportmärkten mitmischen wird. Selbst die kleinen Vereinigten
Arabischen Emirate haben den Ehrgeiz, in Zusammenarbeit mit Algerien und
Frankreich die Basis für eine eigene Rüstungstechnologie und -industrie zu
entwickeln, um sich auf das Post-Ölzeitalter vorzubereiten.
Neben der wachsenden Konkurrenz der Anbieter gibt es einen weiteren Trend:
Immer mehr Staaten wollen mit dem Kauf von Waffen zugleich einen
Technologietransfer durchsetzen. Zum Beispiel fordern Indonesien und die
Türkei, dass 50 Prozent des Auftragsvolumens an lokale Unternehmen vergeben
werden – wozu das entsprechende Know-how gehört. Und Indien verlangt bei
jedem Deal eine entsprechende Zusage für 30 Prozent des Vertragswerts, eine
Bedingung, die den Ankauf von Rafale-Kampfflugzeugen des französischen
Hersteller Dassault seit mehreren Jahren verzögert.
Manche Verträge beinhalten eine Verlagerung von Arbeitsplätzen, die
Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen sowie die Ausbildung von technischem
Personal vor Ort. Die Verkäufer riskieren jedoch, damit langfristig
künftige Konkurrenten zu fördern. Zudem droht die unmittelbare Gefahr einer
Kostenexplosion, die für viele Länder, etwa im Maghreb oder am Golf,
ruinöse Folgen haben kann.
## Es geht um Arbeitsplätze
Entgegen einem verbreiteten Vorurteil sehen die Gewerkschaften der
staatlichen oder privaten Rüstungsfirmen diese Entwicklung durchaus
kritisch. Waffen seien kein Produkt wie jedes andere, meint zum Beispiel
Eric Brune, Vertreter des Gewerkschaftsbunds CGT im französischen
Rüstungsbetrieb Nexter: „Natürlich machen wir uns Sorgen um die
Arbeitsplätze. Aber das ist bei den Exporten nicht der Kern des Problems,
der liegt vielmehr in der Politik.“ Und er nennt ein Beispiel: Wenn die
Sicherung von 2.000 Arbeitsplätzen in Roanne (einem der wichtigsten
Produktionsstandorte für Panzerfahrzeuge) bedeutet, dass es „woanders
100.000 Tote gibt, dann hat das Ganze keinen Sinn“.
Der französischen Rüstungssektor beschäftigt bei einem Jahresumsatz von 15
Milliarden Euro etwa 160.000 Menschen, wobei 40.000 der Arbeitsplätze
direkt vom Export abhängen. Die Rüstungsbetriebe sind über ganz Frankreich
verteilt, wobei sich die Produktion nur relativ schwer verlagern lässt (was
erst recht für die Zulieferer gilt). Sie produzieren die gesamte Ausrüstung
der französischen Armee – mit Ausnahme von Drohnen – und erhalten pro Jahr
öffentliche Aufträge in Höhe von 11 Milliarden Euro. Zudem profitiert die
gesamte Industrie des Landes von der offiziellen Verteidigungspolitik,
insofern diese der nuklearen Abschreckung hohe Priorität einräumt. Das
bedeutet zum einen Wartungsaufträge für das atomare Arsenal, zum anderen
Forschungsgelder für die Entwicklung neuer nuklearer Waffensysteme.
Dass die französische Außenhandelsbilanz im Bereich Rüstungsgüter einen
Überschuss aufweist, liegt vor allem an einigen sehr guten Kunden im Nahen
Osten. Ohne dieses sektorale Plus wäre das gesamte Handelsbilanzdefizit im
Zeitraum 2008 bis 2013 jedes Jahr um 5 bis 8 Prozentpunkte höher
ausgefallen. Der Verkauf des Mehrzweckkampfflugzeugs Rafale an Ägypten und
Katar machte 2015 zu einem triumphalen Jahr für die französische
Rüstungsindustrie: Die Aufträge im Wert von 16 Milliarden Dollar lagen
doppelt so hoch wie 2014 und viermal so hoch wie 2012. Und wenn der
Rafale-Deal mit Indien abgeschlossen wird, könnte 2016 zum neuen Rekordjahr
werden.
General Vincent Desportes, ehemaliger Leiter des Collège interarmées des
défense, verweist allerdings darauf, dass die Bewahrung „entscheidender
Fähigkeiten“ immer schwerer wird: „Wenn eine bestimmte Grenze
unterschritten wird, verlagern sich die Aktivitäten ins Ausland, in eine
andere Branche oder sie verschwinden ganz.“ Deshalb müsse man, so
Desportes, unbedingt einen „Kern industrieller Souveränität“ erhalten.
## Dual-use gefordert
Das gilt besonders in Zeiten, in denen der Zugang zu bestimmten
Technologien durch das Itar (International Traffics in Arms Regulations)
beschränkt wird. Nach diesem von der US-Regierung erlassenen Regelwerk kann
ein Verkäufer am Abschluss eines Geschäfts gehindert werden, wenn sein
Produkt auch Komponenten aus US-Produktion enthält. Auf diese Weise konnte
Washington den 2013 abgeschlossenen „Falcon-Eye-Vertrag“ über den Verkauf
von zwei Spionagesatelliten an die Vereinigten Arabischen Emirate durch
Airbus und Thales mehr als ein Jahr lang blockieren. General Desportes
befürchtet eine „Zwangsangleichung“ an die Operationsmethoden und die
„destruktive Konzeption von Krieg“ der Amerikaner, denen er einen
„verrohenden Einfluss“ auf die ganze Branche bescheinigt.
Die Gewerkschaften fordern bereits seit Langem, die Rüstungsbranche zu
diversifizieren und stärker auf Dual-use-Produkte und -Anwendungen zu
setzen. Das würde bedeuten, dass die Unternehmen – private wie
halbstaatliche – nicht mehr allein von der Produktion und dem Export von
Waffen abhängen und sich rasch umorientieren können, falls die Nachfrage
nach Rüstungsgütern einmal mangels öffentlicher Aufträge zurückgehen
sollte. Einige Gewerkschaften, darunter die CGT, kämpfen für die Gründung
eines öffentlichen Rüstungsunternehmens, in dem der Staat ein
Mitspracherecht hätte – als Kunde, aber auch als regulierender Faktor einer
Branche, die viel mit der Außenpolitik und fundamentalen Werten des Landes
zu tun hat.
Damit könnte man erreichen, dass die unwürdige Jagd nach Milliarden, die
von den Staaten und ihren höchsten Organen forciert wird, um ihre riesigen
Handelsbilanzdefizite auszugleichen oder um irgendwelche geopolitischen
Konstellationen auszunutzen, in den Hintergrund tritt. Und dass die
Gefahren vielleicht klarer gesehen werden.
## Waffenverkauf in Konfliktzonen
Bei seinem Staatsbesuch in Indien im Januar 2016 rühmte Präsident François
Hollande die Rafale von Dassault als „besten Jäger der Welt“. Bereits im
Februar 2015 hatte sich Dassault-Chef Eric Trappier nach dem ersten Verkauf
der Rafale an Ägypten bei der französischen Regierung für die „politische
Unterstützung“ bedankt, „ohne die es keine Militärexporte geben kann“. …
vergangenen Jahr waren an die zehn Ministerbesuche nötig, um den
Rafale-Deal mit Katar zum Abschluss zu bringen. Die Regierung spielte dabei
die Rolle des Rüstungslobbyisten perfekt. Neuerdings sondiert sie gemeinsam
mit Dassault, ob man die Rafale auch an die Vereinigten Arabischen Emirate
oder Malaysia verkaufen kann.
Verteidigungsminister Le Drian agiert als effizienter
Außendienstmitarbeiter der Rüstungsindustrie. Für ihn ist die Frage der
Konkurrenzfähigkeit „eng mit der Frage der Souveränität verknüpft“. Und…
Direction générale de l’armement (DGA), der die Beschaffung und Entwicklung
neuer Waffen für die französische Armee obliegt, spricht ganz offen von
einer „Aufgabenteilung zwischen Politik und Industrie“.
Dass Länder wie Frankreich ihr Kriegsgerät in Spannungs- und Konfliktzonen
verkaufen, ist eine verstörende Entwicklung, zumal wenn sie mit
Zugeständnissen verknüpft ist. So musste Paris, um Waffen in die
Golfmonarchien verkaufen zu können, einen Vertrag über strategische
Partnerschaft und Verteidigung unterzeichnen. 2008 beschloss die Regierung
Sarkozy, in Abu Dhabi eine gemeinsame Militärbasis zu eröffnenen. Und im
Mai 2015 nahm Präsident Hollande als „Ehrengast“ und einziger westlicher
Staatsmann am außerordentlichen Gipfel des Golfkooperationsrats in Riad
teil. All das hätte zur Folge, dass Frankreich bei der Ausweitung eines
Konflikts im Nahen Osten gleichsam zu einem Frontstaat würde – und das an
den Grenzen des Iran, des Irak und des Jemen. Und diese fatalen Folgen der
rüstungspolitischen Kooperation waren nie Gegenstand einer öffentlichen
Beratung oder Debatte.
Das Regime der französischen Waffenexporte ist also ziemlich
„undurchsichtig“, wie es das Beobachtungszentrum für Rüstungsfragen in Ly…
(Observatoire des armements, Obsarm) ausdrückt. Nach Ansicht dieses
unabhängigen Instituts ist der von der Regierung so gerühmte jährliche
Parlamentsbericht über Rüstungsexporte nur eine „Werbebroschüre“, die vor
allem dazu diene, die „Exzellenz Frankreichs herauszustellen“.
## Kein allgemeines Embargo
Anderswo in Europa führen Waffenverkäufe an einen zweifelhaften Abnehmer
wie Saudi-Arabien zu heftigen öffentlichen Debatten, vor allem seit der
saudischen Militäroffensive im Jemen und der Hinrichtung von 47 saudischen
Oppositionellen am 2. Januar 2016. Zu Letzteren gehörte auch der
schiitische Geistliche Nimr al-Nimr, was zum Abbruch der diplomatischen
Beziehungen zwischen Teheran und Riad geführt hat. Am 25. Februar 2016
verabschiedete das EU-Parlament eine Resolution, in der die
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini aufgefordert wurde, „angesichts der
schweren Vorwürfe, die sich auf den Verstoß gegen internationales
Völkerrecht durch Saudi-Arabien im Jemen beziehen, ein Initiative zur
Verhängung eines Waffenembargos der Europäischen Union gegen Saudi-Arabien
in die Wege zu leiten“.
In Belgien hat der Ministerpräsident der Region Flandern im Januar die
Erlaubnis zur Lieferung von Waffen an Riad wegen der saudischen Verwicklung
in den Jemenkrieg verweigert. Allerdings will man die Anträge von Fall zu
Fall prüfen und kein allgemeines Embargo gegen Saudi-Arabien verhängen.
Gegen Letzteres wendet sich in Belgien auch die Metallgewerkschaft in
Wallonien, wo der Umsatz der Rüstungsindustrie den höchsten Stand seit zehn
Jahren erreicht hat – vor allem aufgrund der Lieferverträge mit
Saudi-Arabien. Die Gewerkschafter argumentieren, ein Embargo würde nur der
Konkurrenz Tür und Tor öffnen.
Ähnliche Diskussionen laufen in Großbritannien und Kanada. Der kanadische
Außenminister Stéphane Dion verteidigte im Januar einen Vertrag über den
Bau von Militärfahrzeugen, den die Vorgängerregierung mit Saudi-Arabien
abgeschlossen hatte. Dion machte geltend, das Gerät sei dazu bestimmt, „das
Land zu schützen, nicht um auf die Bevölkerung zu schießen“. Diese
Behauptung ist sehr fragwürdig, denn die betreffenden Jeeps sind gepanzert
und außerdem mit Anti-Panzer-Raketen und leichten Kanonen ausgestattet.
Während Schweden bereits im März 2015 jede militärische Kooperation mit
Riad eingestellt hat, erklärte der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar
Gabriel im Januar 2016 lediglich: „Wir müssen jetzt überprüfen, ob wir in
Zukunft auch defensive Rüstungsgüter kritischer beurteilen müssen, die wir
Saudi-Arabien bislang zur Landesverteidigung geliefert haben.“ Das erweckt
den Eindruck, man wolle deutsche Lieferungen an Riad restriktiver
handhaben, nachdem bisher alle an das wahhabitische Königreich gelieferten
Waffen als grundsätzlich „defensiv“ etikettiert wurden.
## Mittelsmänner und Geldwäsche
Unter dem Einfluss des sozialdemokratischen Koalitionspartners hat die
Regierung Merkel eine schärfere Beobachtung der deutschen Rüstungsindustrie
angekündigt. Im Januar 2014 hatte Gabriel in einem Interview erklärt: „Es
ist eine Schande, dass Deutschland zu den größten Waffenexporteuren
gehört.“ Wenn man Rüstungsgüter in die falschen Regionen verkaufe, „kann…
zu einem Geschäft mit dem Tod werden“. Auf keinen Fall dürfe man Waffen an
Länder liefern, in denen ein Bürgerkrieg oder ein „Unrechtsregime“
herrscht.
Allerdings ist die Praxis der Deutschen, die heute der weltweit fünftgrößte
Waffenexporteur sind, bei weitem nicht so radikal wie die verbalen
Bekenntnisse. Das zeigt sich auch im Fall Saudi-Arabien. Zwar hat
Deutschland den Verkauf von Sturmgewehren an die Saudis gestoppt und einige
Lieferverträge Frankreichs mit Saudi-Arabien verhindert, weil die
Waffensysteme deutsche Komponenten enthielten. Aber allein im ersten
Halbjahr 2015 wurden deutsche Waffen im Wert von 178 Millionen Euro an Riad
verkauft, das der drittgrößte Käufer deutscher Rüstungsgüter bleibt.
Einige Rüstungsverträge kommen Regimen zugute, die die Menschenrechte nicht
respektieren, ihre eigene Bevölkerung bekämpfen oder die Waffen an Länder
weiterverkaufen, die als Empfänger noch weniger geeignet sind. Solche
Verträge tragen mehr zum Anheizen als zu einer Lösung laufender Konflikte
bei. Überdies bewegen sich die Waffengeschäfte häufig am Rande der
Legalität, was begünstigt wird durch die mangelnde Transparenz beim
Aushandeln und beim Abschluss der Verträge und durch die Komplexität der
Finanztransaktionen – häufig über die berüchtigten Geldwäschekonstrukte d…
Steuerparadiese.
Noch unübersichtlicher wird das Ganze aufgrund der Beteiligung diverser
Mittelsmänner. Die anfallenden Provisionszahlungen und andere
„außergewöhnliche Belastungen“ können bis zu einem Viertel des
Vertragswerts ausmachen und kommen nur im Fall einer gerichtlichen
Untersuchung ans Tageslicht. So geschah es in Frankreich zum Beispiel bei
den Waffenverkäufen an Angola, bei der Lieferung von Fregatten an Taiwan
und beim U-Boot-Deal mit Pakistan. Experten haben berechnet, dass [3][40
Prozent der weltweiten Korruptionsfälle im Zusammenhang mit
Waffenverkäufen] stehen obwohl diese nur 1 Prozent des globalen Handels
ausmachen.
In den letzten zwanzig Jahren haben allerdings mehrere Staaten ihre Gesetze
verschärft. Auch auf internationaler Ebene wurden beachtliche Fortschritte
erzielt: Seit 1992 existiert das UN-Waffenregister; 1998 beschloss die EU
einen Verhaltenskodex für Waffenexporte, der durch die Verabschiedung eines
„gemeinsames Standpunkts“ seit 2008 für alle Mitgliedstaaten bindend ist;
und seit Dezember 2014 ist der internationale Vertrag über den Handel mit
konventionellen Waffen in Kraft. Doch im gleichen Zeitraum haben zahlreiche
Länder [4][keinerlei Schritte unternommen, um Verstöße gegen insgesamt 21
Waffenembargos zu ahnden], die von den UN oder der EU verhängt wurden.
Aus dem Französischen von Jakob Farah
12 May 2016
## LINKS
[1] http://www.sipri.org/yearbook/2015
[2] http://docplayer.fr/327325-Rapport-au-parlement-2015-sur-les-exportations-d…
[3] http://www.bits.de/public/pdf/rr15-1.pdf
[4] http://www.wko.at/Content.Node/service/aussenwirtschaft/fhp/Exportkontrolle…
## AUTOREN
Philippe Leymarie
## TAGS
Waffenhandel
Aufrüstung
Krieg
Diktatur
Lesestück Meinung und Analyse
Militärausgaben
Ägypten
Rüstungsindustrie
Verteidigungspolitik
Waffenexporte
Airbus
Russland
Die Linke
Rüstungsexporte
Heinrich-Böll-Stiftung
Ägypten
Bundestag
Schwerpunkt Syrien
Heckler und Koch
Verbraucher
Mord
Rüstungsexporte
G36
Waffen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Merkels Reise nach Ägypten: Menschenrechtskrise am Nil
Amnesty International sieht die Lage schlimmer als unter dem
Mubarak-Regime. Zehntausende sitzen ohne Prozess im Gefängnis.
Internationaler Druck sei nötig.
Bericht über Waffenindustrie: Deutsche Rüstungskonzerne boomen
Global schrumpft das Waffengeschäft, wenn auch nur noch gering. In
Westeuropa und Russland steigen hingegen die Umsätze.
Europäische Verteidigungspolitik: Rotes Tuch EU-Armee
Mit Rücksicht auf die Briten hat die EU Pläne für eine engere
Zusammenarbeit in der Verteidigung lange zückgestellt. Nun soll das anders
werden.
Gremium zum Waffenexport: Gabriel lässt sich Zeit
Der Wirtschaftsminister setzt eine Kommission ein, die über das
Rüstungsexportrecht berät. Kann sie bis zur Bundestagswahl Ergebnisse
liefern?
Autonome Fluggeräte: Selbstfliegende Taxis
Bis 2017 will der Flugzeughersteller Airbus Drohnen zum Transport von
Passagieren und Fracht testen. Doch damit ist er nicht der Einzige.
Russische Intervention im Syrienkrieg: Luftangriffe erstmals vom Iran aus
Teheran und Moskau rücken im Kampf gegen die Assad-Gegner enger zusammen.
Russische Jets starteten von der iranischen Basis Hamadan in Richtung
IS-Stellungen.
Rüstungsexporte aus Deutschland: Sie schießen aus allen Rohren
Deutschlands Waffenlieferungen haben ein Rekordhoch erreicht. Die Linke und
die Grünen fordern eine Verschärfung der Rüstungskontrolle.
Bericht zu Rüstungsexporten: Waffen auch für Krisengebiete
Das Bundeskabinett beschließt den Bericht über Rüstungsexporte. Die Exporte
haben sich 2015 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt.
Umstrittene Kooperation der Böll-Stiftung: Airbus-Flieger sollen grüner werden
Die Grünen-nahe Stiftung und der Rüstungskonzern werben für nachhaltiges
Fliegen. Heftige Kritik kommt auch aus den Reihen der Grünen.
Waffen für Ägypten: EU-Staaten ignorieren Lieferstopp
Mehrere EU-Staaten liefern weiterhin Waffen nach Ägypten, obwohl ein
Exportverbot besteht. Auch Deutschland ist laut Amnesty International
darunter.
Flüchtlingsdebatte im Bundestag: Wenn Fragen ins Leere gehen
Die Opposition will mit der Regierung über den Flüchtlingspakt mit der
Türkei debattieren. Doch die blieb der „Aktuellen Stunde“ fern.
Von der Leyens Pläne für die Bundeswehr: Ende der Abrüstung
Lange galten Staatsausgaben für Waffen und Soldaten in Deutschland als
unpopulär. Nun wird erstmals seit dem Kalten Krieg wieder aufgerüstet.
Deutsche Waffenexporte: Erst Grimme-Preis, jetzt Staatsanwalt
Überraschung in Stuttgart: Behörden in Süddeutschland ermitteln gegen
Journalisten, die fragwürdige Waffengeschäfte aufgedeckt haben.
Banken und Rüstungsindustrie: Ein todsicheres Geschäft
Eine Verbraucherbroschüre von Urgewald und Facing Finance verdeutlicht
Investitionen von Geldhäusern in die Rüstungsindustrie.
Statistik zu Morden weltweit: Der unbemerkte Gewaltexzess
In Brasilien und Mexiko sterben mehr Menschen durch Mord als weltweit in
Kriegen. In nur zehn Ländern werden fast 60 Prozent aller Morde begangen.
Symposium der Rüstungslobby: Keine Panzer für die Saudis
Rüstungsexperten erwarten weniger Geschäfte mit Drittländern wie den
Golfstaaten. Sigmar Gabriel kündigt ein Exportgesetz an.
Deutsche Rüstungsexporte: Regierung ermöglicht Mordsgeschäfte
Die Linkspartei und die Grünen sind empört: Heckler & Koch hat die
Genehmigung für millionenschwere Waffendeals im arabischen Raum erhalten.
Deutsche Rüstungsexporte: Gabriel will weniger Waffengeschäfte
Rüstungsexporte in kritische Drittstaaten sind stark angestiegen. Der
Wirtschaftsminister schiebt die Schuld auf Vorgänger und will restriktiver
genehmigen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.