# taz.de -- Europäische Verteidigungspolitik: Rotes Tuch EU-Armee | |
> Mit Rücksicht auf die Briten hat die EU Pläne für eine engere | |
> Zusammenarbeit in der Verteidigung lange zückgestellt. Nun soll das | |
> anders werden. | |
Bild: Will sie ein neues Job-Profil? Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini | |
BRATISLAVA dpa | Über das, was am Ende stehen könnte, will niemand reden. | |
Kein einziges Mal habe sie in der Diskussion mit den europäischen | |
Verteidigungsministern das Wort „EU-Armee“ gehört, sagt die | |
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Dienstag nach Beratungen über die | |
Zukunft der europäischen Sicherheitspolitik. Es gehe derzeit lediglich | |
darum, die Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung mit umsetzbaren | |
Schritten zu voranzubringen. Keinesfalls wolle sich die EU dabei als | |
Konkurrenz zur Nato positionieren. | |
Dass die EU-Chefdiplomatin so genau erläuterte, worum es bei den aktuellen | |
Planungen der EU nicht geht, hatte seinen Grund. Kurz vor dem Beginn des | |
Treffens sorgte wieder einmal Großbritannien für Aufregung, indem es | |
ankündigte, trotz des geplanten EU-Austritts an seinem Widerstand gegen | |
eine starke europäische Verteidigungsunion festhalten zu wollen. | |
„Wir werden weiterhin gegen jede Idee einer EU-Armee oder eines | |
EU-Armeehauptquartiers sein“, erläuterte Verteidigungsminister Michael | |
Fallon und warnte vor einem „Untergraben“ der Nato. Das transatlantische | |
Militärbündnis müsse der Grundpfeiler der europäischen Verteidigung | |
bleiben. | |
Die Äußerungen des Briten sind brisant. Auch wenn es derzeit keinerlei | |
konkrete Vorschläge für eine EU-Armee gibt, streben Länder wie Deutschland | |
und Frankreich doch den Aufbau eines ständigen europäischen Hauptquartiers | |
für militärische und zivile EU-Operationen an. Dieses könnte auch den | |
Einsatz eines ebenfalls angedachten EU-Sanitätskommandos oder einer | |
gemeinsamen Plattform für Militärlogistik erleichtern. | |
„Wenn man sich anschaut, wie viel Personal und Finanzen innerhalb der | |
Verteidigung in Europa vorhanden sind in 28 Staaten, aber wie wenig wir | |
untereinander koordiniert sind, so können wir deutlich besser werden“, | |
kommentierte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am | |
Dienstag bei den Beratungen in Bratislava. | |
## Engere Zusammenarbeit | |
Für die EU bedeuten die Ankündigungen Großbritanniens, dass eine Vertiefung | |
der Sicherheits- und Verteidigungsunion bis zum Brexit vermutlich nur über | |
eine sogenannte „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ (SSZ) möglich ist. | |
Diese ermöglicht es einzelnen EU-Staaten, enger zusammenarbeiten. Ein | |
solches Vorgehen könnte Großbritannien nur dann verhindern, wenn es andere | |
EU-Staaten auf seine Seite bringt, da die SSZ mit einer | |
Mehrheitsentscheidung beschlossen werden könnte. | |
Ob die britische Ablehnung der weitreichenden EU-Pläne wirklich in der | |
Sorge um einen Bedeutungsverlust der Nato begründet ist, ist unterdessen | |
unklar. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg machte am Dienstag noch | |
einmal klar, dass er neue EU-Projekte im Bereich der Verteidigung | |
befürwortet, solange sie einen praktischen Zusatznutzen haben. | |
Von EU-Diplomaten hieß es, dass London möglicherweise vor allem einen | |
eigenen Bedeutungsverlust verhindern wolle. Der geplante EU-Austritt werde | |
das Vereinigte Königreich schließlich das Mitspracherecht in der | |
europäischen Verteidigungspolitik kosten. Deswegen könne die britische | |
Regierung daran interessiert sein, dass die Nato noch stärker auch zur | |
Plattform für europäische Zusammenarbeit werde. Gegen die | |
deutsch-französischen Vorschläge zur Vertiefung der Kooperation könne | |
hingegen eigentlich niemand ernsthaft etwas haben – sie seien nur dann | |
relevant, wenn sie doch zur Vorstufe für eine europäische Arme würden. | |
28 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Ansgar Haase | |
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