# taz.de -- Bremerhaven und Offshore-Windenergie: Kampf um Windmühlen | |
> Niedersachsen will in Cuxhaven das „Deutsche Offshore-Industrie-Zentrum“ | |
> gründen. Und nun klagt der BUND auch noch erneut gegen das neue Terminal. | |
Bild: Großes Vorhaben: Für das Voranschreiten der Energiewende ist es egal, w… | |
HAMBURG taz | Die Umweltorganisation BUND will gegen den Bau des | |
Offshore-Terminals in Bremerhaven am Mittwoch eine zweite Klage einreichen. | |
Nicht nur, weil es bereits der zweite rechtliche Einspruch ist, kommt das | |
im Bremer Wirtschaftsressort wie eine Art Nachtreten an. | |
Denn eigentlich gibt es ja diese Regel, den nicht weiter zu verletzen, der | |
bereits am Boden liegt. Und schon Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf | |
Lies (SPD) hatte bereits in der vorigen Woche zum Knock-Out gegen | |
Bremerhavens Offshore-Pläne ausgeholt: Zum „Deutschen | |
Offshore-Industrie-Zentrum“ ausgebaut werden solle Cuxhaven, hatte Lies | |
verkündet. | |
Ein „Offshore-Industrie-Zentrum“ im Rentnerparadies Cuxhaven? „Bewusst | |
gewählt“ sei dieser Name, erklärte Lies, unterstreiche er doch „die | |
Bedeutung Niedersachsens als Energieland Nummer eins“. | |
Und immerhin: Im Sommer 2015 hatte sich schließlich die Firma Siemens | |
entschieden, ihre neuen Windkraftturbinen künftig dort und nicht in | |
Bremerhaven zu fertigen. Siemens allein schaffe mehr als 800 Arbeitsplätze, | |
so Lies. Diese Zahl wolle man noch deutlich steigern und Zulieferer | |
gewinnen – unter anderem mit „Internationalen Marketingmaßnahmen“ und | |
„Förderinstrumenten“. Eine „Sogwirkung“, verspreche er sich, so Lies, … | |
die gesamte Windkraftbranche“. | |
Sog? Wirkung? Ergo: Abzug aus Bremerhaven? In Bremen reagierte man | |
verschnupft: Es sei „irrsinnig“, dass sich Cuxhaven und Bremerhaven | |
Konkurrenz machten, sagte Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) zu Radio | |
Bremen, von einer „politischen Strategie aus dem vergangenen Jahrhundert“ | |
sprach Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz. Gegenüber der taz hieß | |
es aus dem Bremer Wirtschaftsressort, ein gemeinsames Auftreten | |
Niedersachsens und Bremens sei „wünschenswert“. „Ganz Norddeutschland hat | |
die Chance auf Grund der bereits existierenden Wertschöpfungskette und der | |
noch zu erwartenden Entwicklung ein international beachtetes Zentrum für | |
die Offshore-Branche zu werden.“ | |
All das wirkt wie Selbstverteidigung und riecht nach Verzweiflung. | |
Werftensterben, Fischerei-Flaute – 180 Millionen Euro will das Land Bremen | |
in die Offshore-Zukunft Bremerhavens investieren, wo man auf | |
„Arbeitsplätze“ reagiert, wie Pawlows Hund auf seine Glocke. | |
Und nun ein zweites Mal der BUND, der weiter in die Kerbe haut: „Die | |
Ansiedlung von Siemens in Cuxhaven mischt die Karten neu“, sagt Martin | |
Rode, BUND-Landesgeschäftsführer in Bremen. Wo in Bremerhaven das neue | |
Terminal für die Verschiffung der Riesen-Windräder entstehen soll, liegt | |
das Naturschutzgebiet Luneplate – Flachwasser-Zone, knapper natürlicher | |
Lebensraum. „Eine Freigabe zur Naturzerstörung kann es nur geben, wenn man | |
zwingende Gründe des öffentlichen Interesses festmachen kann“, so Rode. | |
Die Windkraft-Entwicklung könnte so ein Grund sein. Aber: „Die | |
Notwendigkeit und Auslastung für das Offshore-Terminal Bremerhaven ist | |
nicht gegeben, weil die verbliebenen Unternehmen einen Umschlag in dieser | |
Größenordnung nicht haben.“ Die zweite Klage richte sich gegen die | |
Hinterland-Anbindung des Terminals und sei nötig, weil es dafür ein eigenes | |
Planfeststellungsverfahren gebe. Mit dem städtischen Hafenbetreiber | |
Bremenports sei bereits vereinbart, dass er bis April mit ihren Arbeiten | |
warte. „Nicht, dass da am Ende eine Rampe in den Himmel führt“, so Rode. | |
Während die „Windenergie-Agentur“ – als Interessenvertretung der Branche… | |
in zwei Offshore-Standorten kein Problem sieht, warnt der Bremer Ökonom | |
Rudolf Hickel: „Der Markt ist nicht groß genug.“ Das Konzept des OTB, den | |
Umschlag zu organisieren und gleichzeitig auf 250 Hektar Produktionsfirmen | |
anzusiedeln, werde nicht aufgehen. „Hochriskant“ sei das finanzielle | |
Engagement auch für das halbstaatliche Unternehmen BLG, das seit dem | |
vergangenen Wochenende den Betrieb verantworten soll. Längst gehe es in | |
Bremerhaven darum, die letzte Chance für eine Hafenerweiterung und ein | |
neues Gewerbegebiet zu ergreifen, ob nun für Windräder oder andere Firmen, | |
sagte Hickel der taz. | |
Fast schadenfroh klingt da, wie das Niedersächsische Wirtschaftsministerium | |
auf die Bremer Bedenken reagiert. „Bremerhaven war auch ein denkbarer | |
Standort“, formuliert Ministeriumssprecher Stefan Wittke im Präteritum. Es | |
handele sich bei Siemens in Cuxhaven um die größte Wirtschafts-Ansiedlung | |
der vergangenen Jahrzehnte für Niedersachsen. „Das Unternehmen wird dort | |
wesentliche Teile des Offshore-Ausbaus voranbringen“, so Wittke. „Wenn | |
Bremen da Gesprächsbedarf hat, sind wir dazu wie bei allen maritimen Themen | |
immer bereit.“ | |
9 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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