| # taz.de -- Förderung der Windenergie: Millionen auf den Wind gesetzt | |
| > Der Senat will das Offshore-Terminal bauen und hofft, dass es | |
| > Windenergie-Firmen nach Bremerhaven lockt. Das Projekt soll 200 Millionen | |
| > Euro kosten. | |
| Bild: Der Senat will Firmen nach Bremerhaven locken: mit Windenergie | |
| Bremen taz | Zum größten Investitionsprojekt der Legislaturperiode, dem | |
| Offshore-Terminal in Bremerhaven (OTB), hat die Finanzsenatorin gestern dem | |
| Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft einen Zwischenbericht | |
| gegeben. Rund 200 Millionen Euro (Stand 2012) soll das Hafenprojekt kosten | |
| und in fünf Jahren aus dem Haushalt finanziert werden. | |
| In Bremen gibt es, was das OTB angeht, keine parlamentarische Opposition. | |
| Klaus-Rainer Rupp von der Linkespartei bekennt: „Ich bin ein Freund der | |
| Energiewende.“ Nur die Naturschützer sind fundamental dagegen: „Es droht | |
| eine gigantische öffentliche Fehlinvestition“, warnt der BUND. Die CDU | |
| hatte gestern nur kritisch angefragt, was passiert, wenn kein Betreiber | |
| gefunden wird. Dann wird das OTB nicht gebaut, war die Senats-Antwort. | |
| Diese Hürde muss das OTB im Herbst nehmen: Im September soll die Bremer | |
| Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) ihr Angebot für den Betrieb der Anlage | |
| verbindlich vorlegen. Nach rein privatwirtschaftlichen Maßstäben ist die | |
| Anlage nicht rentabel. Selbst ein interner Vermerk des Finanzressorts kommt | |
| im Juni 2015 für die Rentabilität des Terminal-Betriebs zu dem schlichten | |
| Ergebnis: „unwahrscheinlich“. | |
| Vor drei Jahren hat sich aus diesem Grund auch kein privater Investor | |
| gefunden, der das Risiko auf sich nehmen wollte. Die BLG müsste rund 10 | |
| Millionen Euro pro Jahr zahlen, um die Refinanzierung der Investitionen | |
| abzudecken. „Selbstverständlich erwartet der Aufsichtsrat, dass wir ein | |
| Angebot abgeben, dass sich wirtschaftlich rechnet“, versichert BLG-Sprecher | |
| Andreas Hoetzel. | |
| Aber die BLG ist eine Tochterfirma Bremens, in ihrem Aufsichtsrat sitzen | |
| auch Wirtschaftssenator Günthner, Finanzsenatorin Linnert und Bremerhavens | |
| Oberbürgermeister Grantz. Als Aufsichtsräte sind sie dem Unternehmen | |
| verpflichtet, also dem Interesse, möglichst wenig zu bezahlen. Als | |
| Senatorin muss Linnert das Interesse haben, dass die BLG zur Refinanzierung | |
| der Investition viel beiträgt. Da die Gewinne der BLG aber weitgehend in | |
| den Haushalt fließen, würden mögliche Verluste beim Betrieb des OTB diese | |
| mindern und letztlich auch zu Lasten der Staatskasse gehen. | |
| Der Offshore-Ausbau ist ein Baustein der Energiewende, deswegen ist die | |
| Grüne Linnert davon überzeugt. Dass es unbedingt Bremerhaven sein muss und | |
| nicht das wenige Kilometer entfernte Cuxhavener Schwerlast-Terminal, liegt | |
| an der Konkurrenz der Standorte und Bundesländer. Über eine gemeinsame | |
| Offshore-Politik wurde zwischen Bremen und Niedersachsen nie verhandelt, da | |
| herrscht harte Konkurrenz – was der eine nicht kriegt, könnte der andere | |
| kriegen. Oder ein Dritter, Esbjerg zum Beispiel. | |
| Die interessierten Firmen haben vor diesem Hintergrund die freie Wahl. Die | |
| zum französischen Atomkonzern Areva gehörige „Adwen“ produziert in | |
| Bremerhaven Turbinen. Bisher gibt es in Frankreich keinen alternativen | |
| Produktionsstandort. Ob das so bleiben wird, wenn Frankreich seine | |
| Windenergie ausbaut, weiß derzeit niemand. Die andere Bremerhavener | |
| Produktionsstätte, die ehemalige Firma „Repower“, ist von ihren indischen | |
| Besitzern (Suzlon Energy Limited ) in „Senvion“ umbenannt und jüngst an den | |
| US-Fond Centerbridge verkauft worden. | |
| Centerbridge hat alles, was Geld bringt, im Portfolio, auch Parkhäuser | |
| (Stuttgart) oder Autoteile (A.T.U). Was diese beiden Firmen in Bremerhaven | |
| vorhaben, weiß niemand, möglicherweise sie selbst noch nicht. Auch ob | |
| Siemens für seinen Standort an der Nordseeküste Bremerhaven auswählen wird | |
| oder eventuell Cuxhaven, weiß niemand im Senat. | |
| So steht im Hintergrund des größten Investitionsprojektes des Senats in | |
| dieser Legislaturperiode das Prinzip Hoffnung. Ein aktuelles Gutachten der | |
| Wirtschaftsberater von „Planco Consulting“ formuliert das so: Das | |
| Offshore-Terminal „könnte als einziger deutscher Heimathafen von | |
| Turbinenherstellern langfristig eine wichtige Rolle spielen“. | |
| Könnte. Bis dahin ist es ein langer Weg. Die Offshore-Windenergie hat, so | |
| Planco, eine „Phase begrenzten Wachstums“ vor sich, was den Staat „zur | |
| maximalen Unterstützung der Pioniere am Standort zwingt, um in Deutschland | |
| nicht den Anschluss zu verlieren“. Dass die Frage „Bremerhaven oder | |
| Cuxhaven?“ dabei für „Deutschland“ egal wäre, thematisiert Planco nicht. | |
| Für die vorhandenen Firmen bestehe ein „hohes Risiko und wirtschaftliche | |
| Gefährdung“, sie müssten ihre Kosten bis 2023 „um 30 Prozent bis 40 Proze… | |
| senken“, formuliert Planco. Erst dann sei Offshore konkurrenzfähig, nur | |
| dann könnte sich „zwischen 2020 und 2025 für die Turbinenproduzenten der | |
| Markt entfalten“. | |
| Nur Standorte, die bis dahin durchhalten und dann eine optimale | |
| Infrastruktur vorweisen, können danach die Chancen nutzen. Cuxhaven und | |
| Esbjerg haben diese Infrastruktur, Bremerhaven könnte sie bauen. Mindestens | |
| 7.000 Windenergie-Arbeitsplätze könnten in Bremerhaven entstehen, viele der | |
| Arbeitskräfte würden einen Wohnsitz in Bremen anmelden und nicht in | |
| Cuxhaven, und unter dieser Bedingung könnte sich die Investition | |
| volkswirtschaftlich rechnen – irgendwann um die Jahrhundertmitte. Könnte. | |
| Und um die Chance zu haben, bei der Verteilung des Offshore-Kuchens | |
| mitpokern zu können, will der Senat keine Anzeichen von Zögerlichkeiten | |
| zulassen. Der Umweltsenator hat schon angedeutet, dass er die „sofortige | |
| Vollziehbarkeit“ nach Vorliegen eines gültigen Planfeststellungsbeschlusses | |
| anordnen wird. Das ist die zweite Hürde im November. Verzögerungen durch | |
| langwierige Gerichtsverfahren wie bei der Weser-Vertiefung soll es nicht | |
| geben – das würde die Investoren verunsichern. | |
| 24 Jul 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Wolschner | |
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