# taz.de -- Neuer Umweltschutzverein gegründet: Wenn die Energiewende spaltet | |
> Die Gründer der „Naturschutzinitiative“ kommen zum Teil vom BUND. Dort | |
> wurde ihnen der Einfluss der Windkraftlobby zu groß. | |
Bild: Gut für das Klima, aber gefährlich für manche Tierarten: die Rotorblä… | |
BERLIN taz | Sie wollen klassischen Naturschutz betreiben – der in den | |
letzten Jahren zugunsten des massiven Ausbaus der Windenergie | |
vernachlässigt worden sei, so die Kritik: Im Januar stellte sich die | |
„Naturschutzinitiative“ der Öffentlichkeit vor. | |
Eine zu unkritische Haltung deutscher Umweltverbände gegenüber der | |
Energiewende kritisierte in den vergangenen Jahren auch immer wieder | |
BUND-Gründungsmitglied Enoch zu Guttenberg: „Mit der Naturschutzinitiative | |
haben wir endlich wieder einen unabhängigen Verband, der sich für | |
originären Naturschutz und den Schutz unserer Landschaften, Wälder, | |
Wildtiere und Lebensräume einsetzt“, sagte er. | |
Neben Rheinland-Pfalz ist die Naturschutzinitiative bereits in Hessen, NRW, | |
Baden-Württemberg und im Saarland aktiv. Ursprünglich war die Initiative | |
nur im Westerwald aktiv und zählte damals bereits 3.000 Unterstützer. | |
Wenn Gründer und Vorsitzender Harry Neumann den BUND kritisiert, spricht er | |
dabei aus Erfahrung. Noch bis Dezember 2014 war er selbst | |
Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz. Damals sollte in Fürfeld im Kreis | |
Bad Kreuznach ein Windpark gebaut werden. Der BUND klagte gegen den Bau, da | |
die Auswirkungen auf die Natur nicht ausreichend berücksichtigt worden | |
seien, und bekam vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz recht. Die | |
Folge: Baustopp und Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). | |
Doch die Streitereien im Landesverband gingen damit erst los. | |
## Ein Windkraftlobbyist als Schatzmeister | |
Die von der Betreiberfirma Gaia durchgeführte UVP entsprach nach Ansicht | |
des BUND-Arbeitskreises Naturschutz nicht den nötigen Anforderungen. | |
Neumann nennt sie „eine reine Scheinprüfung“. Dennoch machte sich unter | |
anderem der BUND-Landesschatzmeister Matthias Boller dafür stark, die UVP | |
durch den Verband anzuerkennen und nicht weiter gegen den Windparkbau in | |
Fürfeld vorzugehen. Pikant ist dabei, dass Boller zugleich | |
stellvertretender Regionalvorsitzender des Bundesverbands Windenergie (BWE) | |
in Rheinland-Pfalz ist. Ein Lobbyverband der Windindustrie. | |
Letztlich setzte sich Bollers Ansicht im Landesvorstand durch. Der BUND sah | |
die naturrechtlichen Anforderungen für den Windparkbau erfüllt und verwarf | |
die weitere Klagemöglichkeit. Neumann trat daraufhin als Landesvorsitzender | |
zurück. Mittlerweile hat er dem Verband ganz den Rücken gekehrt. „Der BUND | |
ist nicht unabhängig und glaubwürdig genug“, sagt der Vorsitzende der | |
Naturschutzinitiative. „Er konzentriert sich zu stark einseitig auf den Bau | |
von Windanlagen.“ Für die Belange des Naturschutzes sei da kein Platz mehr. | |
Dass der Konflikt zwischen Naturschützern und Klimarettern zum Aufbau neuer | |
Verbände führt, ist für Jana Bosse nicht verwunderlich. Sie forscht an der | |
FU Berlin zur Umweltbewegung. „Einige Personen, die aus dem klassischen | |
Naturschutz kommen, fühlen sich dort nicht mehr richtig vertreten.“ Gerade | |
beim BUND sei das Konfliktpotenzial wegen der stärkeren Ausrichtung auf die | |
Energiewende größer. | |
## BUND-Chef Weiger sieht keine Alternativen | |
Der BUND-Bundesvorsitzende Hubert Weiger hingegen kann die Vorwürfe nicht | |
nachvollziehen. Vereinzelt würden sich in BUND-Landesvorständen Mitglieder | |
engagieren, die auch im BWE aktiv sind. Solange dies jedoch transparent | |
gehandhabt werde, bestehe kein Problem. Zudem gebe es zum Bau von | |
Windkraftanlagen keine Alternative. | |
Zwar räumt auch Weiger ein, dass „die Aufstellung von Windkraftanlagen das | |
Landschaftsbild verändert und einige Tierarten gefährden kann“. Im Ausmaß | |
seien diese jedoch „weniger schmerzlich als riesige Braunkohlelöcher, die | |
Emissionen aus Kohlekraftwerken oder die Risiken der Atomkraft“. Eine | |
Zusammenarbeit mit der neuen Naturschutzinitiative schließt er dennoch | |
nicht aus. | |
Auch Neumann will keinen Streit. „Wir wollen nicht gegen die anderen | |
Verbände arbeiten.“ Eine Kooperation kann auch er sich vorstellen, solange | |
es dem Naturschutz dient. | |
Dieser Artikel wurde leicht geändert am 19. Februar um 11 Uhr. | |
15 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Latz | |
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