# taz.de -- Kabinett verabschiedet Telemediengesetz: Falsche Wege aus der Stör… | |
> Die Regierung will Rechtssicherheit für Anbieter von öffentlichem WLAN. | |
> Kritiker bemängeln eine schlampige Umsetzung, die auf Kosten der | |
> Anonymität gehe. | |
Bild: Auch für die Initiative Freifunk ist die aktuelle Rechtslage mit Risiken… | |
BERLIN dpa | Das Bundeskabinett hat ungeachtet der Kritik aus der | |
Wirtschaft, von Verbraucherschützern und Online-Aktivisten einen | |
Gesetzesentwurf zum Betrieb öffentlicher WLAN-Hotspots in unveränderter | |
Fassung verabschiedet. Die Bundesregierung will mit dem neu gefassten | |
Telemediengesetz ([1][Entwurf als PDF]) die Ausweitung von öffentlichen | |
WLAN-Hotspots unterstützen. Danach sollen Betreiber von öffentlichen WLANs | |
nicht mehr als „Störer“ automatisch für Rechtsverletzungen ihrer Nutzer | |
haftbar gemacht werden können. Kritiker sehen allerdings die gesetzten | |
Hürden für einen Betrieb als zu hoch angesetzt an und halten die | |
geforderten Voraussetzungen für unrealistisch. | |
Mit dem zweiten Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes habe die | |
Regierung zusammen mit weiteren Maßnahmen einen sicheren und verlässlichen | |
Rechtsrahmen für öffentliches WLAN geschaffen, sagte | |
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch. „Jetzt können | |
Städte, Cafés, Hotels und Private ihr WLAN rechtssicher öffnen.“ Die | |
Bundesregierung wolle dadurch mehr öffentliche Hotspots in deutschen | |
Städten anstoßen. | |
Das Haftungsprivileg soll laut Bundesregierung bewirken, dass | |
WLAN-Diensteanbieter für Rechtsverletzungen anderer, etwa beim | |
unberechtigten Anbieten von Musik oder Filmen, nicht | |
schadensersatzpflichtig werden und sich nicht strafbar machten. „Das | |
Haftungsprivileg ist ein wesentlicher Bestandteil der europäischen | |
Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“, teilte die | |
Bundesregierung mit. | |
Das Gesetz wirke allerdings einer flächendeckenden Verbreitung von | |
öffentlichen WLAN-Netzen gerade im Kern entgegen, lautet die Kritik. | |
Betreiber müssten dafür sorgen, dass jeder Nutzer einzeln erklärt, keine | |
Rechtsverletzungen zu begehen. Das bedeute, dass der Betreiber an jeden | |
einzelnen Nutzer Zugangscodes vergeben müsse, kritisierte beispielsweise | |
der IT-Verband Bitkom. | |
## Grüne: Aufweichung von Grundrechten | |
Experten der Grünen werten das neue Gesetz als Schritt hin zur Aufweichung | |
von Grundrechten: Wer „die Anonymität im Netz durch einen vollkommen | |
unausgegorenen Gesetzentwurf zur Störerhaftung offen in Frage stellt“, | |
zeige nur, „wie sehr er auch weiterhin mit allem Digitalen fremdelt“, | |
merkte der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz an. „Das Recht auf | |
Anonymität müssen wir ausbauen statt es abzusägen.“ | |
Der Handelsverband HDE fürchtet gar eine generelle Behinderung bei der | |
Digitalisierung im Einzelhandel. Bezahlen mit dem Smartphone und andere | |
Dienste könnten zum Beispiel nur mit einer stabilen Internet-Verbindung | |
angeboten werden, die es an vielen Standorten nur per WLAN gebe, sagte der | |
stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp. | |
Der Internet-Verband eco sieht wegen unklarer rechtlicher Grundlage vor | |
allem Gefahren für Host-Provider, die zum Beispiel Cloud-Speicher oder | |
soziale Netzwerke betreiben. Für illegale Inhalte, die sich auf ihren | |
Plattformen befinden, mussten diese bislang nicht haften. In Zukunft sollen | |
sogenannte „gefahrengeneigte Dienste“ generell haften. Der Begriff und die | |
Kriterien dafür seien jedoch „schwammig und unausgegoren“, kritisierte das | |
eco-Vorstandsmitglied Oliver Süme. Das Ziel der Regierungskoalition, damit | |
Urheberrechtsverstöße zu verhindern, sei damit nicht zu erreichen. | |
## Selbst aus der SPD kommt Kritik | |
Bereits im Juli hatten Verbraucherschützer darauf hingewiesen, dass der | |
Gesetzesentwurf der Bundesregierung ihrer Ansicht nach klar gegen das | |
Europarecht verstoße und nicht mit der E-Commerce-Richtlinie der EU | |
vereinbar sei. Danach dürfen die Mitgliedsstaaten keine engeren oder | |
weitergehenden Bestimmungen auf nationaler Ebene treffen. | |
Der Gesetzesentwurf steht selbst in der rot-schwarzen Koalition in der | |
Kritik: Der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil [2][sagte Spiegel Online], er | |
sehe „an einigen Stellen noch Änderungsbedarf, um das Ziel, mehr freies | |
WLAN in Deutschland, tatsächlich zu erreichen“. Klingbeil kritisiert damit | |
auch den eigenen Parteivorsitzenden: Der fragliche Entwurf stammt aus dem | |
Wirtschaftsministerium von SPD-Chef Sigmar Gabriel. | |
16 Sep 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://dpaq.de/KUxlq | |
[2] http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/wlan-gesetz-spd-kritisiert-union… | |
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