| # taz.de -- Freies WLAN für alle: Befreit das Internet! | |
| > Der Kampf für ein freies WLAN ist der Versuch, im Kleinen Kontrolle über | |
| > das Netz zurückzugewinnen. In Hamburg konkurrieren Kommerz und Kommune. | |
| Bild: Paris hat's schon: freies WLAN in öffentlichen Parks. | |
| Klar, man kann ohne Internet überleben. Und leben. Aber genauso schräg, wie | |
| der Vermieter den Wohnungsinteressenten ohne Bankkonto anschaut, klingt der | |
| Mensch vom Bürgeramt am anderen Ende der Telefonleitung, wenn man ihm | |
| erklärt, dass man den Termin gerne jetzt telefonisch vereinbaren würde. Und | |
| nicht über das Formular auf der Website. | |
| Internet gehört dazu. Genauso wie die Anbindung ans Stromnetz oder der Bau | |
| von Straßen. Daseinsvorsorge. Nur, dass der Staat sich bei der | |
| Netzanbindung bislang nicht sonderlich ambitioniert gezeigt hat. Im | |
| Gegenteil. In einer Reihe von Gemeinden im ländlichen Raum haben Anwohner | |
| mittlerweile sogar selbst die Schaufel in die Hand genommen und Gräben für | |
| Kabel gebuddelt. Damit die E-Mail künftig noch am selben Tag rausgeht und | |
| der farbige Fortschrittsbalken des Mail-Programms nicht nach einem Dutzend | |
| Verbindungsabbrüchen immer noch kurz vor dem Ziel stoppt. | |
| Selber buddeln, wo der Staat sich nicht kümmert und auch nicht die | |
| Internet-Provider, die lieber da neue Kabel legen, wo die Kabelwege kurz | |
| sind und die Bevölkerungsdichte hoch. In Ballungsräumen. Kein Wunder, dass | |
| sich Telekom und Co. auch mit ihren Angeboten für öffentliche WLANs auf | |
| Zentren konzentrieren. Hier lässt sich etwas holen, sei es Geld oder ein | |
| Imagegewinn. Eine halbe Stunde täglich kostenlos surfen, wer will da nicht | |
| juhu schreien? | |
| Glücklicherweise sind das einige. Es sind Nutzer, die Daseinsvorsorge nicht | |
| örtlich oder zeitlich begrenzen wollen und die finden, es sollten auch | |
| Menschen ins Netz können, sie sich keinen eigenen Anschluss leisten können. | |
| Initiativen, die sich für ein freies WLAN engagieren, von Bürgern getragen, | |
| nicht von Unternehmen, daher werbefrei, ohne Registrierung und ohne | |
| zeitliche Einschränkung. | |
| Und am wichtigsten: Nicht nur in den Innenstädten, sondern überall, wo sich | |
| Nutzer zusammenschließen, ihren Internet-Zugang über WLAN teilen oder | |
| gleich ein Freifunk-Netzwerk aufbauen. Auch dort, wohin sich eher kein | |
| kommerzielles WLAN verirren wird. Großdraxdorf. Oder Wittmund. | |
| Man sollte meinen, dass es jetzt der Staat ist, der jubelt, wie üblich, | |
| wenn ihm jemand die Pflichten abnimmt. Aber von wegen. Statt das Anbieten | |
| von offenen WLANs von privat zu privat zu unterstützen, legt er allen, die | |
| ihren Internetzugang gerne teilen möchten, Steine in den Weg. Während | |
| Provider und laut den Plänen der Regierungskoalition künftig auch | |
| Café-Betreiber oder Hoteliers ausdrücklich von der Störerhaftung | |
| ausgenommen sind, wird für Private weiter Rechtsunsicherheit herrschen. Und | |
| damit die Angst: Wenn jemand anders über das eigene WLAN eine Straftat | |
| begeht, muss man dann selbst haften? | |
| Dabei besteht der Nutzen von freien, nichtkommerziellen WLANs nicht nur in | |
| Teilhabe. Gerade in Zeiten, in denen NSA, BND und Co. näher sind, als einem | |
| lieb ist, gewinnen die dezentralen Netzwerke noch aus einem anderen Grund | |
| an Bedeutung. Denn wer regionale Netzwerke aufbaut, schafft eine | |
| Infrastruktur parallel zum Internet. Hier lassen sich ebenfalls Inhalte | |
| teilen, Nachrichten schicken, Plattformen aufbauen. | |
| Politiker verschiedener Parteien haben im Anschluss an die ersten | |
| NSA-Enthüllungen etwas Ähnliches gefordert: ein europäisches Netz, als | |
| Schutz vor Überwachung durch ausländische Geheimdienste. Das wäre zwar | |
| wenig zielführend, schließlich sitzen die Überwacher nicht nur in Übersee. | |
| Aber alleine um Freifunk-Netzwerke in 123 Orten bundesweit zu überwachen, | |
| müssten die Geheimdienste doch noch ein paar Stellen ausschreiben. | |
| Ja, die dezentralen Netzwerke werden das Internet nicht ersetzen. Aber sie | |
| geben den Nutzern wieder ein Stück Kontrolle über das Netz, über ihre | |
| Kommunikation zurück. In jeder Hinsicht. Und es ist noch nicht zu spät, das | |
| zu erkennen. | |
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| 28 Nov 2014 | |
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| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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