| # taz.de -- Gesetzentwurf zu freien WLAN-Netzen: Neue Hürden für Hotspots | |
| > Ein Gesetzentwurf stellt WLAN-Betreiber von der Haftung frei – wenn sie | |
| > den Zugang verschlüsseln und die Nutzer Gesetzestreue versprechen. | |
| Bild: Und nicht vergessen: erst Gesetzestreue bestätigen, dann tippen. | |
| BERLIN taz | Im Invalidenpark, gleich hinter dem Berliner Hauptbahnhof, | |
| können Touristen etwas erleben, was in Deutschland bisher selten ist: Ein | |
| offenes WLAN, mit dem man ohne Anmeldung, Passwort oder Gebühr ins Internet | |
| gelangen kann. | |
| Das Funksignal stammt vom benachbarten Bundesministerium für Verkehr und | |
| Digitale Infrastruktur. „Bei uns gibt es keine Barrieren“, verkündet | |
| CSU-Minister Alexander Dobrindt stolz. Doch wenn es nach dem | |
| Bundeswirtschaftsministerium geht, das direkt gegenüber auf der andreren | |
| Seite des Invalidenparks residiert, haben es solche offenen | |
| Internet-Zugänge künftig schwer. | |
| [1][Ein Gesetzentwurf, der am Donnerstag veröffentlicht wurde], sieht | |
| nämlich neue Hürden für die Anbieter von Internet-Hotspots vor: Die Zugänge | |
| müssen künftig zwingend verschlüsselt sein. Jeder Nutzer muss darum – über | |
| Aushänge oder auf anderen Wegen – über die benötigten Zugangsdaten | |
| informiert werden. Zudem sollen die Nutzer auf einer vorgeschalteten Seite | |
| zunächst erklären, „im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu | |
| begehen“. | |
| Wer sein Funknetz im privaten Rahmen teilen will, etwa mit Nachbarn oder | |
| innerhalb der WG, muss zusätzlich alle Nutzer namentlich erfassen; eine | |
| Pflicht zur Ausweiskontrolle oder Protokollierung der Daten ist nach | |
| Auskunft des Ministeriums aber nicht vorgesehen. Im Gegenzug bekommen die | |
| Anbieter die Gewähr, dass sie nicht für mögliche Urheberrechtsverletungen | |
| oder andere Vergehen der Nutzer haften müssen. | |
| ## „Rechtsunsicherheit geschaffen“ | |
| Bisher war unklar, inwieweit diese sogenannte Störerhaftung für die | |
| Anbieter von WLAN-Zugängen greift. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sieht | |
| das Gesetz darum als großen Fortschritt. Es werde „dem Ausbau öffentlich | |
| zugänglicher Hotspots einen Schub geben“, meint der SPD-Chef. | |
| Allerdings kommt der Gesetzentwurf zu einem Zeitpunkt, zu dem das Problem | |
| der Störerhaftung sich ohnehing gerade etwas zu lösen schien – durch die | |
| Rechtsprechung. In den vergangenen Monaten hatten mehrere Gerichte im Sinne | |
| der Anbieter von offenen WLANs entschieden und auch Privatanbieter von der | |
| Störerhaftung ausgenommen. | |
| Die Netzexperten anderer Parteien befürchten darum, dass das Gesetz den | |
| Hotspot-Ausbau eher behindert. „Durch die Pflicht zur Verschlüsselung | |
| werden öffentliche Internet-Zugänge in Zukunft unmöglich“, meint Patrick | |
| Breyer von der Piratenpartei. „Weitere Zugangsbarrieren“ baue die große | |
| Koalition auf, kritisiert auch der Grüne Konstantin Notz. Und für Halina | |
| Wawzyniak von der Linksfraktion ist der Entwurf schlicht „Stümperei“, die | |
| neue „Rechtsunsicherheit schafft“. | |
| ## Probleme für Cafés und Einzelhändler | |
| Unzufrieden sind auch die [2][Betreiber sogenannter Freifunk-Netze], also | |
| Privatpersonen, die ihr WLAN für die Allgemeinheit öffnen. „Der Entwurf ist | |
| realitätsfremd und baut neue Hürden auf“, meint Christian Heise vom | |
| Förderverein freie Netzwerke. „Verschlüsselung ist mit Freifunk nicht | |
| vereinbar.“ Zudem bleibe im Gesetz unklar, ob organisierte Freifunker als | |
| Privatpersonen oder als geschäftsmäßige Anbieter behandelt werden. | |
| Probleme kommen auch auf kleine Anbieter wie Cafés oder Einzelhändler zu. | |
| So bedeutet es neuen technischen Aufwand, wenn die Benutzer zunächst auf | |
| eine Startseite umgeleitet werden müssen, um die Unterlassung von | |
| Rechtsverstößen zu bestätigen. Ein Café-Betreiber, der den Router noch | |
| selbst aufgestellt hat, wird dann überlegen, ob er das Angebot | |
| aufrechterhalten will. Zumal davon auszugehen ist, dass sich Personen, die | |
| eine kriminelle Handlung vorhaben, nicht von einer vorgeschalteten Seite | |
| mit zu setzendem Haken abbringen lassen. | |
| Das Verkehrsministerium befürchtet indes nicht, sein unverschlüsseltes WLAN | |
| schon in Kürze wieder abschalten zu müssen. Das wird nämlich gar nicht vom | |
| Ministerium selbst betrieben, sondern von einem | |
| Telekommunikationsdienstleister. Und für die greift die Störerhaftung | |
| ohnehin nicht. | |
| 12 Mar 2015 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/S-T/telemedienaenderungsgesetz,proper… | |
| [2] http://freifunkstattangst.de/files/2015/03/Stellungnahme_tmg_stoererhaftung… | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Kreutzfeldt | |
| Svenja Bergt | |
| ## TAGS | |
| Gesetzentwurf | |
| Hotspot | |
| Wlan | |
| Störerhaftung | |
| Störerhaftung | |
| Gesetzentwurf | |
| Freifunk | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kabinett verabschiedet Telemediengesetz: Falsche Wege aus der Störerhaftung | |
| Die Regierung will Rechtssicherheit für Anbieter von öffentlichem WLAN. | |
| Kritiker bemängeln eine schlampige Umsetzung, die auf Kosten der Anonymität | |
| gehe. | |
| Störerhaftung und Europarecht: Kein Netz für alle | |
| Die Bundesregierung will den öffentlichen Zugang zu WLAN einschränken. | |
| Verbraucherschützer sind dagegen und appellieren an die EU-Kommission. | |
| Kommentar Geplantes WLAN-Gesetz: Unklar und widersprüchlich | |
| Der Gesetzentwurf zu freien WLAN-Netzen löst die Probleme nicht. Im | |
| Gegenteil konterkariert er das Ziel, mehr Hotspots zu erreichen. | |
| Neue Regeln für WLANs: Schlechte Aussichten für freie Netze | |
| Die Bundesregierung arbeitet daran, die Hürden für offene WLANs zu erhöhen. | |
| Die geplanten Maßnahmen sind indes umstritten. |