# taz.de -- Kommentar Filesharer-Urteil des BGH: Am besten selber Musizieren | |
> Jedes Urteil zum Musiktausch im Netz erhöht die Unsicherheit bei Nutzern. | |
> Wie sollen die durchschauen, was erlaubt ist und was nicht? | |
Bild: Nach dieser Rechtssprechung kann man auch ohne Augenbinde den Durchblick … | |
Der Bundesgerichtshof hat saftige Strafen [1][gegen drei Familien | |
bestätigt], denen illegaler Tausch von Musikdateien vorgeworfen worden ist. | |
Mit mehreren Tausend Euro schlägt das Delikt zu Buche, aber der Schaden | |
ist, wie bei jedem neuen Urteil in Sachen Urheberrecht, viel größer. | |
Wer soll noch durchschauen, was Unrecht ist und was nicht? Das betrifft | |
natürlich nicht den unmittelbaren Vorgang selber. Inzwischen dürfte weithin | |
bekannt sein, dass kostenloser Down- und Upload von zum Beispiel aktuellen | |
Chart-Hits im Regelfalle nicht so ohne Weiteres gestattet ist. | |
Über diesen Umstand kann man geteilter Meinung sein. Niemand aber kann sich | |
darauf berufen, nicht gewusst zu haben, dass es so etwas wie ein Copyright | |
gibt und dass dieses auch im Internet seine Anwendung findet. | |
Problematisch und viel weniger eindeutig ist hingegen die Frage, ab wann | |
Nutzer sich auch ohne direkte Beteiligung an der Tat oder Kenntnis von | |
derselben im Sinne des Gesetzes schuldig machen. Auch im aktuellen Urteil | |
hat das Gericht keinen Zweifel an den Verfahren zur IP-Adressenermittlung | |
bei vermuteten Urheberrechtsverletzungen. Dabei wurde in den vergangenen | |
Jahren wiederholt auf zahlreiche Fehlerquellen allein bei der Übermittlung | |
der Adressen hingewiesen. | |
## Belehrung und Kontrolle | |
Außerdem hat der BGH kein Problem damit, an wesentlichen Punkten die | |
Beweislast bei den Beschuldigten zu lassen. So wird der über auf zumindest | |
fragwürdige Weise ermittelte Anschlussinhaber automatisch als der Schuldige | |
geführt – außer es ist ihm möglich, eine Nutzung durch weitere Personen | |
nachzuweisen. | |
Diese anderen Personen sollten aber keine minderjährigen | |
Haushaltsangehörigen sein, denn die Haftung für deren unterstellte Vergehen | |
lässt sich nur dann umgehen, wenn der oder die Verantwortliche glaubhaft | |
machen kann, sie ausführlich über den ungesetzlichen Charakter von | |
Musikdownloads belehrt zu haben. Für volljährige Kinder gilt das natürlich | |
auch, aber die haften schließlich selber. | |
In jedem Fall ist auch dieses Urteil ein Geschenk an die auf Abmahnungen | |
spezialisierten Anwälte und die von ihnen vertretene Musikindustrie, die | |
noch immer darunter leidet, viel zu spät das Potenzial des Vertriebsweges | |
Internet erkannt zu haben. Jetzt holt man sich die entgangenen Einnahmen | |
eben über Bande zurück, egal von wem. | |
Solange dazu noch die sogenannte Störerhaftung in Kraft ist, die den | |
offenen Wlan-Betrieb ganz generell erheblichen Risiken unterwirft, bleibt | |
eigentlich nur noch eines: [2][anonymer, freier und dezentral vernetzter | |
Internetzugang für alle]. Das hilft übrigens auch als Schutz vor der | |
Vorratsdatenspeicherung. | |
Ansonsten: Selber musizieren! – [3][Gema, bitte übernehmen Sie]! | |
11 Jun 2015 | |
## LINKS | |
[1] /Schadenersatz-wegen-Filesharing/!5203596/ | |
[2] http://freifunk.net/ | |
[3] /F%C3%AAte-de-la-Musique-in-Berlin/!5039530/ | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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