# taz.de -- Illegales Filesharing: Bundesrichter lockern Störerhaftung | |
> Eltern haften nicht mehr für ihre volljährigen Kinder, die noch zu Hause | |
> wohnen und heimlich illegal Musik tauschen. Es sei denn, sie wissen | |
> davon. | |
Bild: Jugendliche beim Surfen. | |
KARLSRUHE taz | Wo Familie ist, da ist Vertrauen. Nach diesem Motto | |
entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass der Inhaber eines | |
Internetanschlusses in der Regel nicht für illegales Filesharing von | |
volljährigen Familienmitgliedern haftet. Ein Mann aus dem Rheinland muss | |
deshalb keine Abmahnkosten bezahlen, entschied jetzt der BGH. | |
Der Mann, zufällig ein Polizist, lebte mit seiner Frau und deren Sohn | |
zusammen. Zu seiner Überraschung bekam er 2006 Ärger mit mehreren | |
Musikfirmen. Diese hatten festgestellt, dass vom Internetanschluss des | |
Mannes fast 4.000 Musikdateien zum illegalen Download angeboten wurden. Wie | |
sich herausstellte, hatte nicht der Polizist, sondern der damals 20-jährige | |
Stiefsohn die Musikstücke in die Tauschbörse Bear-Share eingestellt. | |
Gestritten wurde nun um die Anwaltskosten der Plattenfirmen. Der Anwalt | |
verlangte 3.500 Euro für seine Abmahnung. Der Polizist habe zwar die | |
Plattenfirmen nicht selbst geschädigt. Aber er habe an der Schädigung durch | |
den 20-Jährigen mitgewirkt, indem er ihm Zugang zum Internet verschafft | |
habe. | |
Nach den Grundsätzen der „Störerhaftung“ komme es nicht auf ein Verschuld… | |
des Polizisten an. Er müsse daher zumindest die Kosten bezahlen, die | |
erforderlich waren, um die Störung abzustellen. Das Oberlandesgericht (OLG) | |
Köln verurteilte den Polizist daraufhin zur Zahlung der Abmahnkosten. Der | |
Mann habe als Inhaber eines Internetanschlusses die Pflicht, seine | |
Mitbewohner vor illegalen Nutzungen zu warnen und dies auch zu überprüfen. | |
Dies sei wohl nicht erfolgt. In der Revision protestierte der Anwalt des | |
Polizisten: „Ein Volljähriger weiß doch selbst, dass Tauschbörsen verboten | |
sind.“ | |
Dem schloss sich jetzt der BGH an. „Der Anschlussinhaber darf seinen | |
Internetanschluss einem volljährigen Familienangehörigen überlassen, ohne | |
diesen belehren oder überwachen zu müssen“, sagte der Vorsitzende Richter | |
Wolfgang Büscher. Er begründete dies mit dem „besonderen | |
Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen“ und der | |
„Eigenverantwortung von Volljährigen“. Nur wenn es „konkrete Anhaltspunk… | |
gab, dass der Familienangehörige illegale Tauschbörsen genutzt hat oder | |
nutzen will, muss der Anschlussinhaber ihn belehren und kontrollieren. | |
Das Urteil ist zumindest auf Ehegatten übertragbar, vielleicht auch auf | |
besuchende Verwandtschaft und die Mitglieder einer Wohngemeinschaft. (Az.: | |
1 ZR 169/12) | |
8 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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