# taz.de -- Kommentar Tauschbörsen-Urteil: Kein Mitleid mit Abmahnanwälten | |
> Sieben Jahre hat es gedauert, bis sich der gesunde Menschenverstand | |
> durchgesetzt hat: Eltern haften nicht für ihre volljährigen Kinder. | |
Bild: Mehr Sicherheit bei Downloads: Laptopnutzerin in Düsseldorf. | |
Eltern haften in der Regel nicht für illegale Internet-Aktivitäten ihrer | |
volljährigen Kinder. Das hat jetzt der Bundesgerichtshof entschieden. | |
Wer volljährig ist, sollte wissen, was erlaubt und verboten ist und braucht | |
keine Belehrung der Eltern mehr. Umgekehrt müssen die Eltern dann aber auch | |
nicht beweisen, dass sie ihre volljährigen Kinder ausreichend ermahnt | |
haben, den heimischen Internet-Anschluss nicht zu missbrauchen. | |
Diese Grundsätze sind vernünftig und entsprechen durchaus dem gesunden | |
Menschenverstand. Erstaunlich, dass es sieben Jahre dauerte, bis sich diese | |
Ansicht jetzt in letzter Instanz durchsetzte. | |
Das Urteil gilt nicht nur für erwachsene Kinder, sondern ist auch auf | |
Ehegatten und Lebenspartner übertragbar. Ob die Regeln auch für die | |
Mitglieder einer Wohngemeinschaft gelten, wird aber wohl erst in neuen | |
Prozessen geklärt werden. | |
## Und die WGs? | |
Vor rund einem Jahr hatte der BGH bereits entschieden, dass Eltern bei | |
minderjährigen Kinder nicht deren Computer kontrollieren müssen, um sich | |
vor Haftungsansprüchen zu schützen. In der Regel genüge eine Aufklärung | |
über illegale Angebote im Internet und das Verbot, diese zu nutzen. Auch | |
hier ging es um den Schutz des Familienfriedens. | |
Es fehlt noch ein BGH-Urteil, das die Haftung bei öffentlichen WLan-Netzen | |
einschränkt. In Gaststätten und anderen öffentlichen Räumen sollte ein | |
Netzzugang möglich sein, ohne dass der Anschluss-Inhaber persönlich für | |
alle dortigen Nutzungen verantwortlich gemacht wird. Vermutlich wartet der | |
BGH nur noch auf einen passenden Fall. | |
Im Ergebnis erschweren derartige BGH-Urteile natürlich die Tätigkeit von | |
Abmahnanwälten. Denn diese kennen nur den Internet-Anschluss, von dem aus | |
die Urheberrechtsverletzung begangen wurde. Wer der konkrete Täter ist, | |
wissen sie nicht. Wenn sie sich nicht mehr an den Anschlussinhaber halten | |
können, dürften sie in der Regel leer ausgehen. Denn sie tragen die | |
Beweislast für ihre Ansprüche. | |
Mitgefühl für die Abmahnanwälte ist aber fehl am Platz. Wer 3.450 Euro für | |
einen Serienbrief verlangt, hat kein Mitleid verdient. Ebensowenig wie | |
Musikfirmen, die solche Anwaltskanzleien beauftragen, statt ihre eigenen | |
Rechtsabteilungen zu nutzen. | |
Unter dem Strich haben die Abmahn-Aktivitäten das Urheberrecht auch nicht | |
verteidigt, sondern eher seine Legitimität in weiten Teilen der (jüngeren) | |
Gesellschaft in Frage gestellt. Der Ansatz der Bundesregierung, die | |
Abmahnkosten zumindest zu deckeln, war deshalb richtig. Dass die Anwälte | |
dies inzwischen mit neuen Tricks wieder unterlaufen, zeigt nur, dass sie | |
nichts gelernt haben. | |
9 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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