# taz.de -- Buchvorstellung mit Advokatenschelte: Vorsicht, Problemanwalt! | |
> Autor Joachim Wagner warnt vor Anwälten, die ihr Handwerk nicht | |
> beherrschen und keine Skrupel haben. Er fordert „berufsethische Regeln“ | |
> ein. | |
Bild: Hartz-IV-Klagen sind ein lukratives Geschäft für Anwälte. | |
BERLIN taz | Rechtsanwälte sind oft mehr Problem als Hilfe. Zu diesem | |
Schluss kommt der NDR-Journalist Joachim Wagner in seinem Buch „Vorsicht | |
Rechtsanwalt“, das er am Montag im ARD-Hauptstadt-Studio vorstellte. | |
Problemanwälte böten nicht nur schlechte Leistung für ihre Mandanten, so | |
Wagner, sondern plünderten auch den Staat und die | |
Rechtschutzversicherungen. | |
Der NDR-Mann warnt dabei vor Einzelanwälten ohne Spezialisierung, die alles | |
anbieten und nichts richtig können. Problematisch seien auch Berufsanfänger | |
mit schlechten Noten, die Anwalt werden mussten, weil alle anderen | |
juristischen Berufe versperrt sind. „Höchstes Risiko“ bestehe aber bei | |
Spezialisten, die sich aus wirtschaftlicher Not auf Felder wagten, von | |
denen sie nichts verstünden. | |
Wagner stützt sich bei seiner Streitschrift auf unzählige Interviews, die | |
er mit Anwälten und Richtern geführt hat. So besteht laut Hartmut Kilger, | |
Expräsident des Deutschen Anwaltvereins, bei „rund einem Drittel der | |
Anwälte das Risiko, qualitativ schlecht beraten zu werden“. | |
Überraschender Befund Wagners: Selbst bei „Fachanwälten“ könne man sich | |
nicht auf gute Qualität verlassen. Zu leicht seien deren Prüfungsklausuren, | |
die an privaten Instituten vorbereitet und geschrieben werden. Und bei den | |
fachspezifischen Arbeitsproben, mit denen ein Fachanwalt seine Erfahrung | |
nachweise, komme es nur auf die Zahl an, nicht auf deren Fehlerlosigkeit. | |
## Eine Darstellung anwaltlicher Problemzonen | |
„Vorsicht Rechtsanwalt“ ist eine umfassende Darstellung der anwaltlichen | |
Problemzonen. So beschreibt Wagner die Arbeit von Anwälten, die sich auf | |
die Vertretung von geprellten Finanzanlegern spezialisiert haben und diese | |
oft in aussichtslose Klagen treiben. Die Anwaltsgebühren zahlen dabei meist | |
Rechtsschutzversicherungen. | |
Hartz-IV-Anwälte haben zwar mit fast jeder zweiten Klage Erfolg, allerdings | |
haben die vertretenen Hartz-IV-Bezieher kaum etwas davon, wenn es nur um | |
wenige Euro oder sogar um bloße Formfehler geht. Der jeweilige Anwalt | |
kassiere dagegen vom Jobcenter hunderte von Euro für seine oft nur minimale | |
Arbeit. | |
Auch sogenannte Abmahnanwälte nimmt Wagner aufs Korn. Sie suchen Verstöße | |
gegen das Urheber- oder Wettbewerbsrecht, mahnen die Betroffenen ab und | |
verlangen dafür unverhältnismäßig hohe Gebühren. Hier gehe es oft nicht | |
mehr um die Sache, sondern nur noch darum, Geld zu schinden. | |
Bei Strafverteidigern ist Wagners „Ethikbilanz“ ebenfalls durchwachsen. Wer | |
Zeugen besteche, Kassiber schmuggle und Gerichte mit Beweisanträgen | |
lahmlege, sehe sich nicht mehr als unabhängiges „Organ der Rechtspflege“, | |
sondern nur noch als Interessenvertreter. Für die Mandanten mag das gut | |
sein, der Rechtsstaat gerate so aber in Gefahr, konstatiert Wagner. | |
## Zugang zu Jurastudium beschränken | |
Der Journalist räumt ein, dass viele der geschilderten Exzesse „kein | |
Massenphänomen“ sind. „Aber es geht auch nicht nur um wenige schwarze | |
Schafe“, so Wagner. Als Gegenmittel schlägt er vor, dass sich die | |
Anwaltschaft auf „berufsethische Regeln“ einigen soll, um die Advokaten | |
mehr auf das Gemeinwohl zu verpflichten. Vor allem müsse der Zugang zu | |
Jurastudium und Anwaltschaft beschränkt werden. | |
Zur Präsentation des Buchs war auch Ekkehart Schäfer, Vizepräsident der | |
Bundesrechtsanwaltskammer, eingeladen. Er lobte die „sorgfältige Recherche | |
von Einzelfällen“. Es gebe aber es keine breit angelegte empirische | |
Untersuchung der anwaltlichen Arbeit. Nach seiner Einschätzung machen | |
„wahrscheinlich“ die meisten Anwälte gute Arbeit. | |
5 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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Sven Regener | |
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