# taz.de -- Kooperation europäischer Geheimdienste: Vereinigtes Schnüffeln am… | |
> Die USA sind bereit für ein Anti-Spionage-Abkommen mit Deutschland. Und | |
> der BND soll seit fünf Jahren zusammen mit anderen Geheimdiensten an | |
> Spähtechniken basteln. | |
Bild: Offene Ohren und Augen hinter hohen Zäunen: Der neue BND-Komplex in Berl… | |
LONDON/BERLIN/DÜSSELDORF afp/rtr | Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat | |
einem Bericht zufolge zusammen mit anderen europäischen Geheimdiensten | |
Systeme zur massenhaften Überwachung der Internet- und Telefonkommunikation | |
entwickelt. Der BND arbeite hierfür seit fünf Jahren mit den Geheimdiensten | |
Frankreichs, Spaniens und Schwedens zusammen, berichtete der britische | |
[1][Guardian am Samstag]. Die Zeitung beruft sich dabei auf Dokumente des | |
früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden. | |
Die Überwachungstechnik sei in „enger Zusammenarbeit“ mit dem britischen | |
Geheimdienst GCHQ aufgebaut worden, heißt es in dem Bericht. Demnach zapfen | |
die Nachrichtendienste transatlantische Glasfaserkabel an und haben geheime | |
Absprachen mit Kommunikationsunternehmen getroffen, um Daten zu sammeln. | |
Zudem habe der GCHQ, der eng mit dem US-Geheimdienst NSA kooperiert, die | |
befreundeten Dienste dabei beraten, wie sie am besten die nationalen | |
Gesetze umgehen, die ihre Arbeit einschränken, schreibt der „Guardian“ | |
weiter. | |
Dem Bericht zufolge äußerte der britische Geheimdienst in einer | |
Einschätzung seiner europäischen Partner aus dem Jahr 2008 Bewunderung für | |
die Fähigkeiten des BND. Die deutschen Experten hätten „enorme technische | |
Fähigkeiten“ und einen guten Zugriff auf das Internet. | |
Die von Snowden enthüllten umfassenden Spähaktivitäten der NSA sorgen seit | |
Monaten für Empörung. Auch Deutschland, Frankreich und Spanien übten | |
scharfe Kritik an den Geheimdienst-Praktiken Washingtons. Kanzlerin Angela | |
Merkel (CDU) beschwerte sich persönlich bei US-Präsident Barack Obama, weil | |
ihr Mobiltelefon jahrelang abgehört worden sein soll. Nach Berichte über | |
US-Spionageeinrichtungen im Osten und Südosten Asiens verlangten zuletzt | |
auch China, Indonesien und Malaysia Erklärungen von der US-Regierung. | |
NSA-Direktor Keith Alexander wies die jüngsten Berichte über das Ausspähen | |
der Telefonate von Millionen von Bürgern in Frankreich und Spanien durch | |
die USA in dieser Woche hingegen als „vollkommen falsch“ zurück. Vielmehr | |
hätten europäische Dienste die Daten gesammelt und dann mit der NSA | |
geteilt. | |
## Einsicht, dass was geliefert werden muss | |
Derweil sind die USA nach der massiven Kritik an ihren Abhöraktionen | |
offenbar zum Abschluss eines Anti-Spionage-Abkommens mit Deutschland | |
bereit. Eine entsprechende Absprache habe eine Delegation des Kanzleramts | |
Mitte der Woche mit dem Präsidialamt in Washington getroffen, berichtete | |
die [2][Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung] vorab aus Kreisen der | |
Bundesregierung. Beide Seiten seien übereingekommen, ein solches Abkommen | |
zeitnah zu schließen. Gerechnet werde mit einem Abschluss zu Beginn | |
nächsten Jahres. | |
Die Rheinische Post berichtete, das Abkommen solle bis Weihnachten in | |
seinen Grundzügen stehen. Die amerikanische Seite habe nach den Protesten | |
über ihre Abhörpraktiken eingesehen, dass sie bald etwas liefern müsse. | |
Deutsche Regierungssprecher wollten dazu auf Anfrage jedoch nicht Stellung | |
nehmen und verwiesen auf laufende Gespräche. | |
Laut Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung soll in den nächsten Wochen der | |
Text eines solchen Abkommens sowohl auf politischer Ebene wie auch im | |
Austausch zwischen den Nachrichtendiensten ausgearbeitet werden. Möglich | |
sei ein bilaterales Abkommen zwischen den Regierungen und ein paralleler | |
Beschluss zwischen den deutschen und amerikanischen Geheimdiensten. In | |
Washington hatten der außenpolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel, Christoph Heusgen, und Geheimdienstkoordinator Günter Heiß mit | |
Vertretern des Präsidialamts über Konsequenzen aus der NSA-Abhöraffäre | |
beraten. | |
Deutschland strebt ebenso wie Frankreich Vereinbarungen mit den USA über | |
die Arbeit ihrer Geheimdienste an. Solche bilateralen „No-Spy-Abkommen“ | |
sollen nach dem Willen von Kanzlerin Merkel bis Jahresende abgeschlossen | |
werden. | |
## „Betroffenheit hält sich in Grenzen“ | |
Mehr als drei Viertel der Bundesbürger fühlen sich einer Umfrage zufolge | |
durch die Spähaktivitäten des US-Geheimdiensts NSA nicht bedroht. Dass | |
ihnen durch die NSA persönliche Nachteile entstehen könnten, halten 76 | |
Prozent der Deutschen für nicht vorstellbar, wie eine am Samstag | |
veröffentlichte Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Allensbach für | |
das Düsseldorfer Magazin [3][WirtschaftsWoche] ergab. Dennoch sind demnach | |
24 Prozent „sehr besorgt“ und 32 Prozent „etwas besorgt“, während 44 | |
Prozent die derzeitige Diskussion für überbewertet halten. | |
„Die Betroffenheit hält sich in Grenzen, auch wenn die Vorgänge von der | |
Mehrheit kritisch gesehen werden“, analysierte Allensbach-Geschäftsführerin | |
Renate Köcher die Zahlen in der Zeitschrift. Dass die NSA-Aktivitäten nicht | |
für weitaus mehr Unruhe bei den Deutschen sorgen, liegt nach ihrer Ansicht | |
an einem generellen Fatalismus, der sich im Zuge der technologischen | |
Entwicklung in der Bevölkerung breit gemacht habe. | |
So befürchten laut der Umfrage 57 Prozent der Deutschen, ihre Daten seien | |
im Internet nicht geschützt. Nur 17 Prozent der Bundesbürger vertrauen | |
darauf, dass der Staat sorgsam mit ihren Daten umgeht. Lediglich 16 Prozent | |
der Internetnutzer halten es daher für unbedenklich, persönliche Daten ins | |
Netz zu stellen. „Die meisten misstrauen hier der Wirtschaft ebenso wie dem | |
Staat“, schrieb Köcher weiter. | |
2 Nov 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.theguardian.com/uk-news/2013/nov/01/gchq-europe-spy-agencies-mas… | |
[2] http://www.faz.net/aktuell/politik/berlin-und-washington-einig-no-spy-abkom… | |
[3] http://www.wiwo.de/politik/deutschland/allensbach-umfrage-mehrheit-der-deut… | |
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