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# taz.de -- Details aus dem CIA-Folterbericht: Waterboarding, Schlafentzug, Sch…
> Mindestens 39 Terrorverdächtige hat die CIA in geheimen Gefängnissen
> gefoltert. Im Bericht werden die Ausmaße deutlich – und wer profitiert
> hat.
Bild: Hinter dem Zaun: auf dem Militärgebiet nahe dem polnischen Dorf Stare Ki…
BERLIN taz | Ein Häftling wurde 138,5 Stunden hintereinander am Schlaf
gehindert. Andere erlitten stundenlang das berüchtigte „Waterboarding“, bei
dem man auf einem schiefen Brett mit dem Kopf nach unten in einem
Wasserbehälter liegt und durch Übergießen mit Wasser an den Rand des
Erstickens gerät.
Weiter geht es um Isolationshaft, Schlafentzug, Schläge in Gesicht und
Bauch, um durch Anketten erzwungenes Stehen oder Aufhängen, um Nacktheit
und Mit-Eiswasser-Übergießen in der Kälte. In fünf Fällen geht es sogar um
erzwungene „rektale Ernährung“: Dem nach unten gehaltenen Häftling wird
Flüssigkeit oder pürierte Nahrung durch eine Tube in den Dickdarm
eingeführt, bis „die Schwerkraft ihr Werk tut“.
Der Bericht über CIA-Folterpraktiken in Geheimgefängnissen für
Terrorverdächtige, den der Geheimdienstausschuss des US-Senats am Dienstag
teilgeschwärzt freigab, liest sich wie eine Folge von
Horrorfilmdrehbüchern. Zwischen 2002 und 2008 hielt der US-Geheimdienst
mindestens 119 Terrorverdächtige fest.
Mindestens 39 davon erlitten Verhörmethoden, die als enhanced interrogation
umschrieben werden: „Verschärfte Vernehmung“ heißt das seit Gestapo-Zeiten
auf Deutsch. All dies war Teil der US-Terrorbekämpfung nach den Anschlägen
des 11. September 2001, auf Grundlage einer Autorisierung von US-Präsident
George W. Bush.
## Den Willen brechen als Ziel
Der erste CIA-Geheimgefangene war Abu Subaidah, ein hochrangiger
Al-Qaida-Aktivist. Er wurde am 28. März 2002 in Pakistan von US-Soldaten
angeschossen und schwer verwundet an die CIA übergeben. Als mutmaßlicher
Mitarbeiter Osama bin Ladens galt der in Saudi-Arabien geborene
Palästinenser als Schlüsselfigur bei der Verhinderung zukünftiger
Anschläge.
Subaidah wurde in ein US-Geheimgefängnis namens „Grün“ gebracht und
verbrachte nach seiner medizinischen Behandlung 47 Tage in Isolation: in
einer weißen Zelle, betreut von komplett schwarz gekleideten und maskierten
Wächtern. Ohne Vorwarnung begann dann am 4. August 2008 eine „verschärfte
Vernehmung“, die bis 23. August dauerte. Am Anfang schlugen sie seinen Kopf
gegen die Betonwand, gefolgt von fünfeinhalb Stunden Waterboarding. Am Ende
war er so gefügig, dass ein Fingerschnippen genügte, damit er sich
freiwillig ins Waterboard legte.
Die Pausen verbrachte Subaidah entweder in einem Sarg oder in einer rund 75
mal 75 mal 50 Zentimeter großen Kiste. Waschen durfte er sich nicht, seine
Wunden verschlimmerten sich, er verlor ein Auge.
„Unser Ziel“, gibt der Bericht die CIA wieder, „war, das Stadium zu
erreichen, in dem wir jeden Willen und jede Fähigkeit des Subjekts
gebrochen haben, sich zu widersetzen oder uns Information vorzuenthalten.“
Der Senatsbericht aber meint: „Nach Ende des Einsatzes der verschärften
Vernehmungsmethoden schloss das CIA-Personal, dass Subaidah keine neue
Information über Terrorbedrohung hatte.“
## Gefängnisse auf der ganzen Welt
Als herauskam, dass „Grün“ in Thailand lag, wurde es geschlossen.
Inzwischen haben US-Medien die Standorte sämtlicher dieser kurzlebigen
Geheimgefängnisse herausgefunden: „Blau“ in Polen, „Violett“ in Litaue…
„Schwarz“ in Rumänien und „Grau“, „Kobalt“, „Orange“ und „Br…
Afghanistan.
Allein 64 der 119 CIA-Häftlinge befanden sich im afghanischen „Kobalt“,
eröffnet im Juni 2002. „CIA-Häftlinge in Kobalt wurden in völliger
Dunkelheit gehalten, ständig in Isolierzellen angekettet mit lautem Lärm
oder lauter Musik und nur einem Eimer für Ausscheidungen“, so der Bericht.
In vier der 20 Zellen gab es eine Eisenstange hoch an der Wand, an die
Häftlinge mit den Handgelenken gekettet werden konnten. Der erste
Kobalt-Häftling verbrachte zweimal 22 Stunden an dieser Stange und war
danach ein „gebrochener Mann“.
Leiter von „Kobalt“ war ein CIA-Berufsanfänger auf seinem ersten
Auslandseinsatz, ohne relevante Ausbildung oder Erfahrung. Er blieb bis
Juli 2003, bekam eine Prämie von 2.500 US-Dollar wegen „beständig
außergewöhnlicher Leistungen“ und wurde dann befördert. Den Namen nennt der
Bericht nicht.
## Ausbildung zum Folterer
##
Genannt werden allerdings die bereits bekannten Namen zweier
CIA-Psychologen, die 2002 die Foltermethoden für Abu Subaidah entwarfen:
Grayson Swigert and Hammond Dunbar. Sie arbeiteten zuvor für das
Sonderprogramm „SERE“ (Survival, Evasion, Resistance, Escape) des
US-Militärs, entwickelt nach dem Koreakrieg als Überlebenstraining für
Soldaten für den Fall der Kriegsgefangenschaft.
Brutale Foltermethoden, die China oder später Nordvietnam an US-Soldaten
anwandten, wurden mit dem Ziel gelehrt, sie zu erkennen – die schlimmsten
US-Folterer waren also, wie sich herausstellt, in der Ausbildung selbst
gefoltert worden, um zu erfahren, wo die Grenzen liegen.
Als Abu Subaidah das als Erster am eigenen Leibe erlitt, waren viele
CIA-Mitarbeiter so schockiert, dass sie die Versetzung beantragten. Aber
nach außen galt Subaidah als besonders guter Häftling, seine Aussagen
galten als besonders wertvoll – zu Unrecht, wie der Bericht zeigt. Weil
damals aber seine Vernehmung als so erfolgreich dargestellt wurde, wurden
die Foltermethoden verallgemeinert.
Die CIA machte sich dabei allerdings so wenig wie möglich selbst die Hände
schmutzig. Stattdessen gründeten Swigert und Dunbar eine Firma, die der
Bericht nur als „Y“ nennt. Diese Firma heuerte CIA-Veteranen an und erhielt
Aufträge zur Betreuung der Gefangenen.
## Millionenschwere Aufträge
Durch diese Privatisierung konnte der US-Geheimdienst die parlamentarische
Kontrolle umgehen. Und die Firma „Y“ erhielt Aufträge im Wert von über 180
Millionen Dollar.
Lange währte das alles nicht. Nach 2004 gab es nur noch sechs
CIA-Häftlinge. Die letzte „verschärfte Vernehmung“ war am 8. November 200…
Die Autorisierung des gesamten Programms endete 2009. Aber noch bis zum
Jahr 2021 muss die CIA laut Vertrag sämtliche Gerichtskosten für die
Folterfirma „Y“ tragen.
10 Dec 2014
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Jan Philipp Reemtsma
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