# taz.de -- Die CIA und ihre Foltermethoden: „Auch in Deutschland strafbar“ | |
> Anwalt Wolfgang Kaleck über seine Anzeigen gegen US-Agenten, den vom CIA | |
> entführten Khaled el-Masri und vorauseilenden Gehorsam der | |
> Bundesregierung. | |
Bild: Unschuldig in den Fängen der CIA: der Ulmer Deutschlibanese Khaled el-Ma… | |
taz: Herr Kaleck, kann der Folter-Bericht des US-Senats auch | |
strafrechtliche Relevanz in Deutschland haben? | |
Wolfgang Kaleck: Was der Senatsbericht beschreibt, sind Verbrechen, die | |
auch nach deutschem Recht strafbar sind. Hier wurden Menschen gefoltert, | |
die teilweise in Afghanistan im Kontext eines bewaffneten Konflikts | |
festgenommen wurden. Es geht also um Kriegsverbrechen. Nach dem deutschen | |
Völkerstrafgesetzbuch sind Völkermord und Kriegsverbrechen auch dann in | |
Deutschland strafbar, wenn kein Deutscher als Täter oder Opfer beteiligt | |
war. | |
Sie haben bereits zweimal in Deutschland Strafanzeige gegen US-Politiker | |
und -Militärs erstattet, die für die Folter in Guantánamo und im Irak | |
verantwortlich waren. Wird es nun eine dritte Strafanzeige geben? | |
Derzeit liegt das nicht nahe. Unsere Strafanzeigen gegen | |
Exverteidigungsminister Donald Rumsfeld und andere sind ja nicht daran | |
gescheitert, dass die Bundesanwaltschaft die Foltervorwürfe nicht geglaubt | |
hat. | |
Woran sonst? | |
Die Bundesanwaltschaft hat 2005 erklärt, dass Deutschland nur subsidiär | |
zuständig ist, wenn in den USA keine Strafverfolgung stattfindet. Wir | |
sollten also erst einmal warten, wie die US-Justiz mit den Vorwürfen | |
umgeht. | |
In den USA mussten Rumsfeld und Co. nichts befürchten … | |
Genau, das hat sich schnell abgezeichnet. Deshalb haben wir 2006 eine neue | |
Strafanzeige eingereicht. 2007 hat die Bundesanwaltschaft aber erneut | |
Ermittlungen abgelehnt, nun mit einer neuen Begründung: die von uns | |
beschuldigten Amerikaner hielten sich nicht in Deutschland auf und es sei | |
auch nicht konkret zu erwarten, dass sie nach Deutschland kommen. Ähnliches | |
würde Generalbundesanwalt Range wohl auch heute sagen. Man nimmt hier | |
offensichtlich Rücksicht. | |
Was gilt im Fall des CIA-Entführungsopfers Khaled el-Masri? Er ist ja | |
Deutscher. | |
Genau deshalb ist es eindeutig ein Fall für die deutsche Strafjustiz, hier | |
kann sie sich nicht drücken. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt auch | |
schon lange. Und das Amtsgericht München hat 2007 Haftbefehl gegen zehn | |
namentlich bekannte CIA-Agenten erlassen, die an der Verschleppung | |
el-Masris beteiligt waren. | |
Was wurde daraus? | |
Die CIA-Agenten sind über Interpol international zur Festnahme | |
ausgeschrieben. Die Agenten verzichten deshalb auf internationale Reisen | |
und sind praktisch nicht mehr einsetzbar, wie auch viele andere der 500 | |
CIA-Agenten, die an ähnlichen Entführungen beteiligt waren. | |
Wenn die Agenten bekannt sind, könnte Deutschland nicht ihre Auslieferung | |
beantragen? | |
Doch, natürlich. Die Bundesregierung hat allerdings in vorauseilendem | |
Gehorsam auf einen solchen Antrag verzichtet, weil die USA ihre Agenten eh | |
nicht ausliefern würden. Ob diese Zurückhaltung angebracht ist, sollte sie | |
sich nun vielleicht noch einmal überlegen. | |
Laut dem Bericht war el-Masris Entführung ein Fehler. Hat das Folgen für | |
die Ermittlungen? | |
Das prüfen wir gerade. Entführung und Folter sind aber immer strafbar, egal | |
ob sie einen Terrorverdächtigen treffen oder einen Unschuldigen. Die CIA | |
hat Khaled el-Masris Leben zerstört. Wenn sie sich nun der Strafverfolgung | |
verweigert, sollten die USA zumindest eine Entschädigung zahlen. | |
11 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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