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# taz.de -- Neue Chefin des BUND Berlin: „Parken muss richtig Geld kosten“
> Berlins BUND-Landeschefin Gabi Jung fordert eine deutlich spürbare
> Erhöhung der Parkgebühren. An der Politik des Senats lässt sie kaum ein
> gutes Haar.
Bild: „Der Senat deckt die Bremser in den Bezirken“: BUND-Landesgeschäftsf…
taz: Frau Jung, das Thema Umwelt- und Klimaschutz stand lange ganz oben auf
der Agenda. Das hat sich drastisch verändert. Welche Auswirkungen hat das
auf die Arbeit Ihres Verbands?
Gabi Jung: Ein nachlassendes Bewusstsein für Klimaschutz sehe ich in
unseren Kreisen jetzt wirklich nicht. Unser Problem ist die
Landesregierung, bei der das Thema unter den Tisch fällt. Nehmen Sie
[1][das Schneller-Bauen-Gesetz], das sehr große Eingriffe in den Natur- und
Artenschutz vorsehen wird, den [2][Angriff auf Freiflächen wie das
Tempelhofer Feld] oder die demonstrative Förderung des Autoverkehrs
zulasten des Umweltverbunds. Das sind so eindeutige Signale gegen den
Klimaschutz – das bereitet uns Kopfzerbrechen.
taz: Die Naturschutzverbände gelten als dauernörglige Blockierfraktion.
Auch Sie werden in Ihrer Funktion als neue Landesgeschäftsführerin des BUND
bald als Fortschrittsfeindin im öffentlichen Fokus stehen. Braucht man ein
dickes Fell, wenn man an der Spitze eines Umweltverbands steht?
Jung: (lacht) Das werde ich jetzt merken. Aber ich denke, damit muss ich
leben.
taz: Würden Sie sich selbst als Blockiererin beschreiben?
Jung: Ach was. Letztlich sind wir doch nur diejenigen, die auf Probleme
aufmerksam machen, die die Verwaltungen zu verantworten haben. Beim Bauen
etwa, wenn artenschutzrechtliche Vorgaben nicht berücksichtigt werden.
[3][Gleiches gilt für die TVO].
taz: Die umstrittene vierspurige Stadtstraße zwischen Marzahn und Köpenick.
Jung: Gegen die wir auch klagen werden, sollte der Bau genehmigt werden.
Denn hier wird mit absolut veralteten Prognosedaten gearbeitet, um absolut
veraltete Planungen umzusetzen. Das ist eine Straße, die niemand braucht.
Die ursprünglich auf der Trasse angedachte Schienennahverkehrsverbindung,
die wäre ein Thema gewesen. Aber bei Schwarz-Rot geht es eben nur um die
Straße.
taz: Nun haben die Vorgängersenate die TVO auch nicht gestoppt, und mit dem
Radwegeausbau ging es auch nur schleppend voran. Lügen wir uns nicht in die
Tasche, wenn wir sagen, dass unter Rot-Grün-Rot doch alles viel besser war?
Jung: Rot-Grün-Rot hat aber wenigstens viel auf den Weg gebracht. Bei den
temporären Spielstraßen zum Beispiel, für die ich mich sehr eingesetzt
habe, hatten wir im Bündnis Temporäre Spielstraßen gemeinsam mit dem alten
Senat schon einen entsprechenden Leitfaden erarbeitet. [4][Mit Schwarz-Rot
kam hier sofort Sand ins Getriebe.] Der Leitfaden wurde verändert, die
Gelder sollten gestrichen werden. Wir haben es dann zwar geschafft, die
Spielstraßen zu erhalten, aber in einzelnen Bezirken gibt es nach wie vor
Kämpfe. Und das alles wegen eines kurzen Abschnitts einer Straße, der
einmal in der Woche oder im Monat Kindern zum Spielen zur Verfügung
gestellt wird.
taz: Sie sagen selbst: die Bezirke. Ist es fair, immer nur auf den Senat zu
zeigen? Die Bezirke sind ja nicht ganz machtlos. Sei es beim Verhindern von
Spielstraßen oder Radwegen.
Jung: Wenn man irgendwie vorankommen will, müssen Senat und Bezirke Hand in
Hand ihre Aufgaben erfüllen. Hinzu kommt hier natürlich die Frage der
Finanzierung. Das Geld der Bezirke kommt ja im Wesentlichen vom Land. Was
aber stimmt: Vor allem beim Thema Radwege mussten wir schon früher
feststellen, [5][dass die Bezirke da zum Teil sehr unterschiedlich ticken],
vor allem, wenn Parkplätze wegfallen. Die Bremser werden nun vom Senat
gedeckt.
taz: Die Bundes-FDP fordert jetzt kostenfreies Innenstadtparken oder eine
deutschlandweite 49-Euro-Park-Flatrate. Da sagt selbst die Berliner CDU:
Kommt nicht infrage. Ist die Koalition in Berlin vielleicht doch an manchen
Punkten fortschrittlicher als behauptet?
Jung: Reden kann man viel. In Sachen Parkgebühren ist unter Schwarz-Rot
jedenfalls nichts passiert. Autofahrerinnen und Autofahrer können ihr Auto
viel zu oft kostenfrei parken. Es kann auch nicht sein, [6][dass das
Anwohnerparken nur eine läppische Verwaltungsgebühr kostet]. Das Parken
muss einfach Geld kosten. Aber es geht um mehr: Letztendlich müssen wir
Parkplätze reduzieren und den Raum in der Stadt umgestalten. Es geht darum,
die Schwerpunkte zu verändern – mit dem großen Ziel des Klimaschutzes.
taz: Es gab zuletzt immerhin etliche Vorstöße, das Anwohnerparken zu
verteuern. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) schlug eine
Verdopplung der bisherigen Gebühr auf 20,40 Euro im Jahr vor.
Jung: Ich bitte Sie. Das merkt doch kein Autofahrer.
taz: Um wie viel wollen Sie denn erhöhen?
Jung: Ganz klar. Das Anwohnerparken sollte mindestens 10 Euro im Monat
kosten, und das auch nur als Einstieg. Die Gebühren müssen perspektivisch
deutlich höher liegen. Zudem muss die Parkraumbewirtschaftung massiv
ausgeweitet werden, auch außerhalb des S-Bahn-Rings, auf die
Bezirkszentren, die stark verdichteten Wohngebiete und die Zielorte für
Pendler aus dem Umland.
taz: Parkraumbewirtschaftung, TVO, Radwege: Der BUND lässt kein gutes Haar
an der Politik des Senats. Gibt es irgendetwas, wo Sie sagen: Das geht in
die richtige Richtung?
Jung: Viel gibt es da nicht, das kann ich sagen. Wir freuen uns, wenn
[7][der angekündigte Reparaturbonus] wirklich kommt. Auch dass das Geld für
den Schutz und die Rettung von Kleingewässern im Haushalt zur Verfügung
gestellt wurde, ist schön. [8][Bescheiden, aber immerhin.] Dazu noch die
Gelder für die temporären Spielstraßen. Aber gut, die sollten ja eigentlich
gestrichen werden, bevor wir sie dann sichern konnten.
taz: Und das war’s?
Jung: Ja, mehr sehe ich da nicht.
16 Aug 2024
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## AUTOREN
Rainer Rutz
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