# taz.de -- Parkgebühren in Berlin: Da geht noch vieeel mehr | |
> Für AnwohnerInnen wird das Abstellen ihres Autos wohl nur ein bisschen | |
> teurer. Dabei bieten höhere Kosten für die Parkvignette einige Chancen. | |
Bild: Ganz schön voll hier: Parkende Autos in Tempelhof | |
Die [1][Parkgebühren für AnwohnerInnen sollen also auch in Berlin steigen], | |
endlich. Allerdings nur ein kleines bisschen, wenn es nach dem Willen von | |
CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner geht: von derzeit gut 10 Euro im Jahr | |
auf 60, tatsächlich aber deutlich weniger, weil es Rabatte für die digitale | |
Abwicklung geben soll. Wer – aus der Perspektive seines Geldbeutels – alles | |
richtig macht, zahlt dann nicht einmal das Dreifache des heutigen Preises, | |
nämlich 27,50 Euro jährlich. | |
Das ist läppisch: [2][Andere deutsche Städte] wie Bonn, Freiburg, Münster | |
oder Frankfurt am Main haben deutlich mehr draufgelegt, seit 2020 die | |
Kommunen über die Kosten der Parkvignetten selbst entscheiden können. In | |
der früheren Bundeshauptstadt Bonn kostet der Aufkleber für die | |
Windschutzscheibe ab März sogar 360 Euro im Jahr. | |
Das schmerzt dann durchaus und regt Autofahrende an, über die eigene | |
Mobilitätsstrategie nachzudenken. Es spült aber auch Geld in die Kassen der | |
Gemeinden, die bis vor kurzem mit den Einnahmen nicht einmal den | |
Verwaltungsakt für die Ausstellung der Parkvignette refinanzieren konnten. | |
Es ist umgekehrt [3][keine wirklich unsoziale Maßnahme]. Denn wer Auto | |
fährt, bezahlt den damit verbundenen Komfort über Anschaffungskosten, | |
Steuern, Versicherungen, Wartung und Sprit ohnehin teuer. 10, 20 oder auch | |
30 Euro monatlich fürs Abstellen sind angesichts dessen kein elitäres | |
Ausschlusskriterium, wie es die Berliner CDU gern darstellt: „Nur noch | |
Reiche“ würden sich dann ein Auto leisten können, hatte der heutige | |
Regierende Bürgermeister Kai Wegner im Wahlkampf gesagt. Diese Rechnung | |
geht einfach nicht auf. | |
Dass die Grünen es nicht geschafft haben, die von ihnen geplante | |
Gebührenerhöhung umzusetzen, solange sie in der Verantwortung standen, ist | |
bedauerlich. Auch sie hätten übrigens gerade einmal einen Zehner pro Monat | |
fürs Abstellen verlangt. Heute finden das vielen von ihnen selbst ganz | |
schön mutlos – und fordern aus der Opposition heraus höhere Beträge. | |
## Geldsegen für die Bezirke | |
Dabei wäre es nicht nur für die Pkw-HalterInnen von Vorteil, wenn der | |
Parkdruck in den „bewirtschafteten“ Innenstadtbereichen etwas sinken würde. | |
Auch die Bezirke würden neue Einnahmen generieren, die sie in dringend | |
benötigte Infrastrukturmaßnahmen und anderes investieren könnten. Das Geld | |
wäre also alles andere als verloren. | |
Wahrscheinlich wird es noch ein paar Jahre dauern, bis das auch die | |
Autopartei CDU versteht. Dass anderswo die Gebühren zum Teil weit stärker | |
steigen, dürfte ihren Erkenntnisprozess beschleunigen. | |
Höhere Parkkosten im öffentlichen Raum können im Übrigen dazu führen, dass | |
sich irgendwann die vielen leer stehenden Parkhäuser wieder füllen. Das | |
gilt vor allem beim – bereits verteuerten – Kurzzeitparken, aber eben auch | |
für KiezbewohnerInnen mit Auto. Je geringer die Differenz zu den im | |
Parkhaus aufgerufenen Dauerpark-Gebühren wird, desto eher denken sie | |
darüber nach, dort ihr Fahrzeug abzustellen, auch wenn es oft etwas längere | |
Wege bedeutet. | |
## Utopie parkplatzfreie Stadt | |
Die Straßen entlastet das, und mittelfristig können dort dann auch mehr | |
Stellplätze abgeschafft werden, ohne dass es zu paradoxen Effekten wie | |
einem erhöhten Parksuchverkehr kommt. Das Szenario einer parkplatzfreien | |
Stadt, wie es unter anderem der Initiative Berlin autofrei vorschwebt, | |
dürfte aber bis auf Weiteres eine Utopie bleiben. | |
Denn es verbleiben genügend Gründe, ausreichend Stellplätze vorzuhalten. | |
Nicht nur, dass der Lieferverkehr die Flächen braucht. [4][Auch | |
mobilitätseingeschränkte Menschen] – von denen es in einer alternden | |
Gesellschaft immer mehr gibt, und von denen immer mehr ihr Recht auf | |
Mobilität in Anspruch nehmen – brauchen Parkraum. Nicht nur an ihrer | |
Wohnung, sondern überall dort, wohin sie fahren wollen oder müssen. | |
Auch Fahrräder und Busse brauchen letztlich Platz. Klar, davon gibt es umso | |
mehr, je weniger Blech einfach nur herumsteht. Aber dass ganze Straßenzüge | |
mit kleinen Grünflächen, Spielplätzen oder Bänken ausgestattet werden | |
können, wo vorher Autos parkten, ist eine eher unrealistische Vision, zumal | |
die frei werdende Fläche in der Summe zwar beachtlich, im Einzelfall aber | |
dann doch überschaubar ist. | |
17 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Preise-fuer-Parken-in-Berlin/!5988813 | |
[2] /Urteil-ueber-Parkgebuehren-in-Freiburg/!5940686 | |
[3] /Senat-zoegert-bei-teurerer-Parkvignette/!5972168 | |
[4] /Verkehrswende-und-Behinderung/!5913148 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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