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# taz.de -- Klimakrise bedroht Lebensräume: Eine Insel der Hoffnung
> Wer muss für die Klimakatastrophe zur Rechenschaft gezogen werden – und
> wie? Die Menschen des Pazifikstaats Vanuatu drängen auf Antworten.
Bild: Von allen Seiten bedroht: Emao, eine der rund 80 Inseln des Staates Vanua…
Vanuatu baut sich wieder auf. Schon wieder. Der Wind und das Wasser haben
Bäume und Strommasten wie Grashalme umgeknickt und Dächer von den Häusern
gerissen. Gleich zwei Zyklone sind gerade über den pazifischen Inselstaat
gefegt, nur zwei Tage lagen zwischen „Judy“ und „Kevin“. Die Regierung …
den Notstand ausgerufen. Von einer „Schneise der Zerstörung und verlorener
Leben und Existenzen“ schreibt Ralph Regenvanu, Vanuatus Minister für die
Anpassung an den Klimawandel, in einem [1][Gastbeitrag im britischen
Guardian.]
Sein Text erscheint an dem Tag, an dem der Rest der Welt ein weiteres Mal
„aufwacht“. Es ist der 20. März, [2][der Weltklimarat IPCC hat soeben den
letzten Teil eines großen Berichts herausgegeben] – einen Rundumschlag
dazu, was die Menschheit inzwischen alles über die Klimakrise weiß. Was
Regenvanu in seinem Zeitungstext anschaulich beschreibt, steht darin in
trockener Fachsprache. Es klingt etwa so: „Klima- und Wetterextreme
befördern zunehmend die Vertreibung in Afrika, Asien, Nordamerika, Mittel-
und Südamerika, wobei kleine Inselstaaten in der Karibik und im Südpazifik
überproportional betroffen sind im Verhältnis zu ihrer kleinen
Bevölkerungsgröße.“ Die Klimakrise, zu der das kleine Vanuatu kaum
beigetragen hat, ist eine existenzielle Gefahr für den Staat.
Rückblende, November 2022, kurz vor Ende der Weltklimakonferenz in Scharm
al-Scheich: Solomon Yeo lässt die Veranstaltungen beinahe gleichgültig an
sich vorbeiziehen. So wird er es kurz danach der taz in einem Zoom-Gespräch
erzählen. Er setze [3][kaum Hoffnung in die zahllosen Klimakämpfe, die in
schicken Konferenzräumen mit wochenlangen Verhandlungsrunden ausgetragen
werden], sagt der 27-Jährige.
Solomon Yeo ist Mitgründer der Kampagne [4][„Pacific Islands Students
Fighting Climate Change“ (PISFCC)]. Für den jungen Mann von den
Salomon-Inseln im Südpazifik hören sich die Weltklimaverhandlungen an, als
würden viele Menschen chaotisch versuchen, ein Haus zu bauen. Aber wer wann
die Fenster, die Ziegel und den Zement für diese ganzen Pläne liefert,
daran denkt, in Yeos Metapher gesprochen, keiner. „All diese Mechanismen
und Fonds sind zwar wichtig, aber sie lenken auch von der Dringlichkeit ab,
mit der wir vor Ort konfrontiert sind“, sagt Yeo mit weicher Stimme und
britischem Akzent. Drängender als die Verhandlungen mit ihrem weiten
Zeithorizont ist für ihn die Frage, was akut getan werden müsste, damit die
heranwachsende Generation, dort wo er herkommt, nicht ihren Lebensraum
verlassen muss.
## Eine intakte Umwelt ist ein Menschenrecht
Solomon Yeo kommt aus einer Weltgegend, die heute schon unter den Folgen
der Erderhitzung leidet und damit anderen Ländern einen Blick auf das
bietet, was ihnen bevorstehen könnte. Er wurde in Honiara, der Hauptstadt
der Salomonen, geboren. An der University of the South Pacific, einer
staatlichen Uni, die von 12 Inselstaaten im Südpazifik finanziert wird,
studierte er Politik und Jura. Und er lernte, dass das Recht auf eine
intakte Umwelt ein Menschenrecht ist. Besonders für Menschen von den
Pazifischen Inseln sei die Umwelt auch eine Erweiterung des Körpers und
Teil ihrer Identität, sagt Yeo: „Man tut alles, um sie zu schützen.“
Die Salomonen sind wie Tuvalu, Vanuatu oder Kiribati bekannt als „sinkende
Inseln“. Die Küsten werden überschwemmt, wenn der Meeresspiegel, wie für
die Region vorausberechnet, um bis zu zehn Millimeter pro Jahr steigt.
Dadurch versalzen die Süßwasservorräte und werden für die
Lebensmittelversorgung unbrauchbar. Ganze Gemeinden sind gezwungen,
umzusiedeln. Schon jetzt gibt es in Honiara illegale Landbesetzungen und
Spannungen zwischen ethnischen Gruppen.
„Es wird bald richtig böse werden“, sagt Yeo. Nach Scharm al-Scheich ist er
mit 12 Mitstreiter:innen von PISFCC gefahren, denn die
Aktivist:innen glauben, eine Lösung gefunden zu haben, die das
Schlimmste noch abwenden könnte. Ein dreiseitiges Dokumen werden sie zum
Ende der Weltklimakonferenz veröffentlichen – und das, so sind sie sich
sicher, könnte den globalen Umgang mit der Klimakrise radikal verändern.
[5][Die drei Seiten könnten Rechtsgeschichte schreiben]. Es handelt sich um
eine Resolution, adressiert an den Internationalen Gerichtshof. Damit solle
im Kampf gegen die Klimakatastrophe endlich „Ordnung geschaffen“ werden,
wie Yeo es ausdrückt. Tatsächlich werben er und seine Mitstreiter:innen
für einen juristischen Hebel, der in den folgenden Monaten die Regierungen
überall auf der Welt und auch die deutschen Ministerien spalten wird. Bis
zur UN-Vollversammlung am 29. März, bei der 193 Staaten über den Vorschlag
abstimmen könnten, bleiben nur noch wenige Monate – die Zeit,
Unterstützer:innen zu gewinnen, ist knapp.
Vordergründig scheint es bei den Weltklimakonferenzen längst einen Konsens
zu geben: Die Industrieländer, [6][Hauptverursacher des Klimawandels,
sollten dafür in die Verantwortung genommen werden], etwa indem sie Gelder
bereitstellen, damit Dörfer an bedrohten Küsten umgesiedelt werden können
und Länder weniger anfällig für extreme Sturm- oder Flutschäden sind. Aber
noch nie hat sich der Internationale Gerichtshof mit der Frage
auseinandergesetzt, was diese Verantwortung genau bedeutet.
Können sich betroffene Länder oder Personen künftig auf den Klimaschutz als
Menschenrecht berufen? Müsste ein Unternehmen, das nach Öl bohren will,
sich vorher fragen, ob es damit der nächsten Generation schadet? Die
Studierenden von den pazifischen Inseln fordern dazu Klarheit, deshalb
wollen sie, dass die Klimakatastrophe vor dem höchsten Gericht der Welt
verhandelt wird. In einem Rechtsgutachten sollen die Richter:innen in
Den Haag ein Machtwort sprechen. Ginge Yeos Plan auf, könnten sich Gerichte
weltweit daran orientieren, das Gutachten könnte Handelsabkommen und
Klimaverträge prägen. Aber kann das gelingen?
Die Geschichte von Yeo und seinen Mitstreiter:innen beginnt im März
2019 mit einem Seminar zu internationalem Recht in Port Vila, der
Hauptstadt von Vanuatu. Der Inselstaat liegt 2.000 Kilometer nordöstlich
von Australien, besteht aus 83 Inseln, gesäumt von türkisblauen Stränden.
Lange gingen Bilder von Vanuatu um die Welt, um für Traumferien zu werben.
Mittlerweile illustrieren Bilder von dort immer öfter Schlagzeilen zu den
dramatischen Folgen des Klimawandels.
27 Studierende quetschen sich an jenem Märztag in einen Seminarraum und
diskutieren: Könnte man der Klimakrise nicht mit einem Rechtsgutachten
begegnen, wie es in anderen strittigen politischen Fragen zwischen Staaten
schon der Fall war, etwa bei der Unabhängigkeit des Kosovo?
„Ich dachte, es wäre wirklich ein effektiver Weg, um die Einstellungen und
Verhaltensweisen der Welt zu verändern“, sagt Solomon Yeo, der damals
gerade in seinem letzten Studienjahr an der University of South Pacific
steckte. Acht Jahre zuvor hatte ein anderer Staat schon einmal über diesen
juristischen Hebel nachgedacht – aber aus Angst vor gestrichenen
Entwicklungsgeldern [7][hatte Palau 2011 sein Vorhaben wieder abgebrochen].
Eigentlich beschäftigt sich der Internationale Gerichtshof mit
Rechtsstreitigkeiten zwischen Nationen, etwa wenn Landes- und Meeresgrenzen
oder Kriegsschulden ungeklärt sind. Aber auch Umweltzerstörung, die über
Landesgrenzen hinausgeht, fällt in diesen Bereich. Vom „moralischen
Gewicht“ der Den Haager Rechtsgutachten ist Solomon Yeo 2019 nach dem
Seminar überzeugt. Ein Video aus jenen Tagen zeigt ihn vor blauem Himmel,
im Hintergrund das Meer und Palmen. „[8][Wir haben genug von der
Scheinheiligkeit“], sagt der damals 24-Jährige mit zusammengezogenen
Augenbrauen, und dass sie zwei Ziele hätten: die Idee von der Universität
bis nach Den Haag tragen und dafür die Unterstützung „unserer politischen
Führer“ gewinnen.
Nervös und „aufgetakelt bis zum Abwinken“ steht Solomon Yeo kurz darauf in
weißem Hemd vor dem Außenministerium in Port Vila. Die meisten seiner
Kommiliton:innen hätten nicht den Mut gehabt mitzukommen, um ihre Idee
den Regierungsvertreter:innen von Vanuatu persönlich zu
unterbreiten, erzählt er heute. Der damalige Außen- und heutige
Klimaminister Ralph Regenvanu erscheint pünktlich auf die Minute und hört
aufmerksam zu. „Das ist ausgezeichnet“, habe Regenvanu schon nach zwei
Minuten gesagt. „Das war erst einmal alles, was wir von ihm bekamen“,
erinnert sich Yeo.
Doch Regenvanu, der Minister, bringt die Idee eines Rechtsgutachtens dann
tatsächlich erst ins nationale Parlament – und wenig später auch zum
[9][Pacific Island Forum], zu dem sich 17 Inselstaaten zusammengeschlossen
haben. Andere Regierungsvertreter:innen zeigen sich zunächst
skeptisch. Handelt es sich hier nicht bloß um einen Verzweiflungsakt, eine
völlig utopische Idee? Diese Frage führt zahlreiche Reporter:innen im
Winter 2019 in das Außenministerium in Port Vila und zu der Person, die von
der Idee der Studierenden überzeugt ist: Ralph Regenvanu.
Regenavus Büro liegt auf einem Hang, gegenüber kicken Jugendliche auf einem
Fußballplatz, Kleinbusse rattern vorbei, die Rollläden sind zugezogen, die
Klimaanlage brummt. Im Hawaiihemd und mit Flipflops an den Füßen sitzt
Regenvanu an seinem Schreibtisch und sortiert Briefe. Er überlegt lange,
bevor er spricht, und setzt sein Lächeln sparsam ein. Schon sein Vater war
Minister, als Vanuatu, das seit dem 19. Jahrhundert unter
britisch-französischer Herrschaft gestanden hatte, 1980 seine
Unabhängigkeit erstritt; seine Mutter war eine Pastorin aus Australien.
„Ich komme aus einem Umfeld, in dem ich erkennen kann, dass die entwickelte
Welt durch die Geschichte der Ausbeutung geschaffen wurde“, sagt Regenvanu.
Für ihn ist die Frage, die Solomon Yeo und die Studierenden in dem
Rechtsgutachten beantwortet haben wollen, auch eine nach „Ungerechtigkeit,
die geschehen ist und korrigiert werden kann“, sagt er Anfang 2020 im
Gespräch mit der taz. Eine Ungerechtigkeit, die sich etwa darin zeigt, dass
Vanuatu kaum zu den weltweiten Emissionen beiträgt, aber eines der Länder
ist, die zurzeit am meisten unter den Folgen leiden. 2015 verwüstete der
Zyklon „Pam“ das Land, zerstörte fast alle Häuser in der Hauptstadt Port
Vila und kostete Vanuatu einen erheblichen Anteil seines
Bruttoinlandsprodukts.
Nach Angaben des Zentrums für Meteorologie in der Hauptstadt Port Vila
werden die Zyklone immer stärker. Wissenschaftler:innen sagen voraus,
dass der Meeresspiegel im Pazifik bis zur Mitte dieses Jahrhunderts um 25
bis 58 Zentimeter ansteigen wird. Schon jetzt stehen Häuser in Vanuatu
unter Wasser, Friedhöfe entlang der Küsten werden vom Meer ausgewaschen,
die Knochen der Vorfahren weggespült. Die Kosten, die das Land aufwenden
müsste, um sich einigermaßen gegen die Folgen des Klimawandels zu wappnen,
hat die Regierung erst kürzlich, Anfang 2023 mit 1,2 Milliarden US-Dollar
beziffert.
„Vanuatu baut sich nach einer Katastrophe immer wieder selbst auf“, sagt
Regenvanu. Und das bremse die Entwicklung des Landes.
Kompensationszahlungen aus etwa dem [10][Green Climate Fund] der Vereinten
Nationen seien nicht genug oder kämen nicht da an, wo sie hinsollten. Wie
Solomon Yeo setzt auch der Politiker auf ein Machtwort des Internationalen
Gerichtshofs. Staatsanwält:innen könnten sich künftig auf das Den
Haager Rechtsgutachten berufen, wenn sie Klima- oder Umweltschutz
verhandeln, es könnte auch in Handelsabkommen einfließen. Gelder verspricht
ein solches Rechtsgutachten Vanuatu nicht, aber eben einen erhöhter Druck
in Klimaverhandlungen – in denen Länder wie die pazifischen Inselstaaten
schließlich mehr Gehör finden würden.
Dann platzt Corona in die Welt und drosselt die weltweite Klimadiplomatie
erst einmal herunter. Währenddessen formulieren Anwält:innen in Guam,
der südlichsten Insel des Marianen-Archipels im Westpazifik, einen Entwurf
für eine Resolution. Eine Stiftung in Kanada unterstützt die Initiative.
Und internationale Medien berichten über den Aktivisten Solomon Yeo.
In Interviews spricht er über seine Sorge um das gesellschaftliche Klima in
seiner Heimat, berichtet von Verteilungskämpfen, weil Menschen von der
Küste ins Landesinnere ziehen müssen, und von Vergewaltigungen von Frauen,
die zum Wasserholen weiter ins Inland müssen, weil küstennahe Quellen
unbrauchbar geworden sind. Auch das ist eine Folge der Klimakatastrophe:
Sie verstärkt soziale Ungleichheit.
Zu jenem Zeitpunkt befindet Solomon Yeo sich in New York, von wo aus er die
Kampagne PISFCC mittlerweile leitet. Die kleine Organisation von 27
Studierenden ist binnen drei Jahren zu einem Netzwerk von über hundert
Personen angewachsen. Sie alle haben den November 2022 im Blick, die
Weltklimafonferenz in Scharm al-Scheich. Yeo wird nicht bloß als Student
mit einer mutigen Idee dorthin reisen, er hat nun schon eine ganze Bewegung
im Rücken.
## Vieles läuft nach dem Prinzip „Last-Minute-Diplomatie“
Ralph Regenvanu hat unterdessen das Klimaministerium von Vanuatu
übernommen. Auch er wird nach Scharm al- Scheich reisen. „Last Minute
Diplomacy“, nennt er das. Verschiedene Länder haben an dem Dokument
mitgeschrieben – auch Deutschland. Der heikelste Punkt der Resolution:
welche rechtlichen Verpflichtungen sich für Industriestaaten gegenüber
Inselstaaten oder Entwicklungsländern ergeben, die den Folgen des
Klimawandels ausgesetzt sind.
Zum Ende der Weltklimakonferenz gelingt, worauf Yeo und Regenvanu gehofft
hatten: Vanuatu veröffentlicht seine Resolution zusammen mit 18 Ländern
einer „Kerngruppe“, darunter etwa Costa Rica, Uganda, Rumänien und sogar
auch Australien. Nicht dabei ist: Deutschland. Zuständig für die Initiative
wäre auf deutscher Seite das Auswärtige Amt. Es habe Gespräche mit dem
Ministerium gegeben, aber ohne Einigung: So erzählt es Regenvanu der taz in
einem Zoom-Gespräch kurz nach der Klimakonferenz. Aus dem Auswärtigen Amt
heißt es auf Anfrage der taz: „Die Frage, ob die Bundesrepublik den von
Vanuatu vorgelegten Entwurf als sogenannter Co-Sponsor mitträgt“, sei zum
fraglichen Zeitpunkt „noch nicht endgültig geklärt“ gewesen.
Berlin – drei Monate später, im Frühling 2023: Graue Wolken hängen vor den
Fenstern des Büros des European Center for Constitutional and Human Rights.
An diesem Tag ist eine Delegation aus Vanuatu zu einem Gespräch mit
zivilgesellschaftlichen Organisationen und [11][Luisa Neubauer] eingeladen.
Mit dabei: Jotham Napat, Klimaforscher und der Nachfolger von Ralph
Regenvanu im Außenministerium von Vanuatu. Es bleiben nur noch wenige
Wochen bis zur Abstimmung bei den UN am 29. März, und Napat versucht die
wichtigsten europäischen Staaten doch noch auf seine Seite zu ziehen.
„Ich musste den ganzen weiten Weg nach Europa kommen, weil sie Bedenken
gegenüber der Resolution haben“, sagt Jotham Napat frustriert. Den
Regierungsvertreter:innen, denen er nun gegenübersitze, gehe es vor allem
um die richtige Wortwahl. Ihm hingegen gehe es um eine Katastrophe, die er
an seinem Regierungssitz jeden Tag vor Augen hat, schon wenn er bloß mal
aus dem Fenster blickt. Nur wenige Tage nach seinem Besuch in Berlin werden
gleich zwei Zyklone binnen einer Woche über der Hauptstadt Port Vila toben,
Dächer mit sich reißen, die Stromversorgung lahmlegen.
Müde lässt sich Napat auf den Stuhl fallen und faltet die Hände auf seinem
Bauch. Er und seine Delegation wollen Deutschland für ihr Anliegen
gewinnen, das Land gelte doch immerhin als Bastion für den Schutz von
Menschenrechten, so dachten sie. Luisa Neubauer sitzt am anderen Ende des
Tisches und sagt, die Regierung in Deutschland befinde sich gerade „im
freien Fall“. Sie rät: „Lasst sie nicht damit wegkommen, das
Finanzministerium zu beschuldigen.“ Welches Ampelministerium mit welchem
gerade im Clinch liegt und warum: Für die Delegation aus Vanuatu ist das
egal.
## Deutschland sagt doch noch seine Unterstützung zu
Der Rechtswissenschaftler Andreas Buser von der Freien Universiät Berlin
ist von der deutschen Zurückhaltung nicht überrascht. Ein Rechtsgutachten,
wie Vanuatu es anstrebe, könnte zu mehr Schadensersatzforderungen führen,
erklärt er im Gespräch mit der taz. Auch wenn das Gutachten letztlich nicht
rechtsverbindlich sei. Bis darüber abgestimmt und es schließlich
ausgearbeitet sei, dürfte es ein bis zwei Jahre dauern. Zeit, die Menschen
wie Solomon Yeo wegläuft.
Am 27. Februar ist die Resolution auf dem Onlineportal der Vereinten
Nationen hochgeladen. Alle 193 UN-Staaten können Änderungen vorschlagen und
das Dokument „mitunterzeichnen“. Nach wenigen Tage sind es bereits über
100. Mit dabei: Deutschland. Die Bundesrepublik sei nun ein „Co-Sponsor“
der Initiative, verkündet Mitte März das Auswärtigen Amt.
Fast vier Jahre nachdem Solomon Yeo und seine Kommiliton:innen in
einem engen Seminarraum auf eine scheinbar unmögliche Idee kamen, wird sie
nun in wenigen Tagen zur globalen Abstimmung stehen. Nicht nur die Menschen
in Vanuatu werden gebannt mitverfolgen, wie die Länder der Erde entscheiden
werden – mit einem einfachen Knopfdruck.
Mitarbeit: Susanne Schwarz
27 Mar 2023
## LINKS
[1] https://www.theguardian.com/commentisfree/2023/mar/20/pacific-islanders-cli…
[2] /Neuer-Klimabericht-des-IPCC/!5920074
[3] /Zukunft-der-Weltklimakonferenz/!5893624
[4] https://www.pisfcc.org/
[5] /Vorschlag-von-Juristinnen/!5782671
[6] /Klimagipfel-COP-27-in-Aegypten-endet/!5896214
[7] /Aussenministerin-Baerbock-besucht-Palau/!5863945
[8] /Umweltbeschwerde-bei-der-Unicef/!5629733
[9] https://www.forumsec.org/
[10] https://www.greenclimate.fund/
[11] /Luisa-Neubauer-ueber-Klima-und-Krisen/!5840373
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Ann Esswein
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