# taz.de -- Vorschlag von Jurist:innen: Wie Ökozid strafbar werden könnte | |
> Klimaschützer:innen wollen, dass der Internationale Strafgerichtshof | |
> Umweltverbrechen ahnden kann. Jetzt haben sie das juristische | |
> Handwerkszeug. | |
Bild: Ökozide könnten zukünftig vom Strafgerichtshof in Den Haag verfolgt we… | |
FREIBURG taz | Wenn es nach deutschem Recht legal ist, Tagebaue zum | |
Kohleabbau zu vergrößern – [1][darf ein Konzern das dann einfach tun], | |
obwohl das Resultat ein handfester Beitrag zur Klimakrise ist? Die | |
Chef:innen solcher Konzerne könnten in Zukunft für solche Entscheidungen | |
vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag landen – sofern dessen | |
Statut um einen [2][Vorschlag] internationaler Jurist:innen ergänzt | |
wird. | |
Eine Kommission aus zwölf Völkerstrafrechtler:innen und | |
Umweltjurist:innen hat eine Definition erarbeitet, nach der der | |
Gerichtshof künftig Ökozide, also schwere Umweltverbrechen, ahnden können | |
soll. Der Begriff ist an „genocide“ angelehnt, das englische Wort für | |
Völkermord. | |
Strafbar wäre nach dem Vorschlag der Expert:innen ins Deutsche übersetzt | |
Folgendes: „rechtswidrige oder mutwillige Handlungen, die in dem Wissen | |
begangen werden, dass eine erhebliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass | |
durch diese Handlungen schwere und entweder weit verbreitete oder | |
langfristige Schäden an der Umwelt verursacht werden.“ | |
Die vorgeschlagene Definition des Ökozids ist recht weitgehend. So muss | |
noch kein Schaden entstanden sein, es genügt eine schwere Gefährdung der | |
Umwelt. Die Tat kann nach nationalem Recht auch legal sein; es genügt, dass | |
sie „mutwillig“ ist, das heißt: dass rücksichtslos exzessive Schäden in | |
Kauf genommen werden. | |
## 82 Staaten müssen zustimmen | |
Die Erschließung neuer Kohlefelder nennt der Kommissionsvorsitzende | |
Philippe Sands als Beispiel dafür. Er ist Anwalt und Chef des Zentrums für | |
internationale Gerichte am University College London. Auch das Unterlassen | |
notwendiger Maßnahmen könne als Ökozid bestraft werden, so Sands. | |
Allerdings würden nur Taten erfasst, die nach einer entsprechenden | |
Ergänzung des Statuts erfolgt sind. Verurteilt werden könnten zudem keine | |
Staaten oder Unternehmen, sondern nur Einzelpersonen, zum Beispiel | |
Präsident:innen oder eben Konzernchef:innen. Ihnen würden im Höchstmaß | |
lebenslange Freiheitsstrafen drohen. | |
Beauftragt wurde die Expert:innengruppe von der niederländischen | |
Stiftung Stop Ecocide, die sich für die Einführung des Ökozids als | |
Straftatbestand am Internationalen Strafgerichtshof einsetzt. Den gibt es | |
seit 2002. Grundlage ist sein Statut, ein völkerrechtlicher Vertrag, den | |
inklusive Deutschland 123 Staaten unterzeichnet haben. | |
Das internationale Gericht ist zuständig, wenn nationale Gerichte nicht | |
bereit oder fähig sind, die Tat selbst abzuurteilen. Es behandelt bisher | |
vier Arten von Verbrechen: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, | |
Kriegsverbrechen und seit 2018 Angriffskriege. | |
Der Ökozid würde als fünftes Verbrechen hinzukommen. Um das Statut zu | |
ergänzen, müssen zwei Drittel der Vertragsstaaten zustimmen, also 82 | |
Länder. | |
Stiftungschefin Jojo Mehta schätzt, dass es etwa vier bis fünf Jahre dauern | |
wird, die nötige Mehrheit für die Änderung des Statuts zu organisieren. Das | |
ist optimistisch. Bisher haben laut Mehta acht Staaten Interesse bekundet, | |
darunter die vom Klimawandel stark bedrohten Inselstaaten Vanuatu und die | |
Malediven, aber auch Frankreich, Spanien und Kanada. | |
23 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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