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# taz.de -- Angriff auf Letzte Generation in Hamburg: Alle Gewalt geht vom Auto…
> Klimaaktivisten der Letzten Generation kleben sich auf den Hamburger
> Elbbrücken fest. Ein Trucker rastet aus und tritt einem Blockierer in den
> Bauch.
Bild: Per Video dokumentiert: Lastwagenfahrer tritt Aktivisten in den Bauch
Hamburg taz | Dass Klimaaktivisten am Wochenende den Elbübergang in Hamburg
lahmgelegt und stundenlange Staus verursacht haben, hat ein Nachspiel.
Gegen einen Lastwagenfahrer, der einen Blockierer der Letzten Generation in
den Bauch getreten hat, wird strafrechtlich ermittelt. Gegen die
Klimakleber hat die Polizei ein Ermittlungsverfahren wegen Nötigung
eingeleitet, zwei von ihnen hat sie nach dem Sicherheits- und
Ordnungsgesetz für zehn Tage in Gewahrsam genommen.
[1][Mitglieder der Letzten Generation] hatten sich am Sonnabendvormittag
mit schnellbindendem Beton auf den Elbbrücken festgeklebt. Darüber hinaus
stellten sie zwei Transporter quer und versteckten die Autoschlüssel. Für
ihre Aktion hatten sich die Aktivisten einen neuralgischen Zeitpunkt
ausgesucht. Denn an diesem Wochenende war auch der Autobahn-Elbtunnel
aufgrund von Bauarbeiten komplett gesperrt, sodass Hamburg von Süden her
nicht mehr auf Fernstraßen zu erreichen war.
[2][Auf Videos ist zu sehen], wie Autofahrer versuchen, sich zu Beginn der
Aktion einen Weg zu bahnen. Ein Fahrzeug schiebt einen Aktivisten vor sich
her, der sich ihm entgegenstellt. Ein weißhaariger Mann schubst einen
Aktivisten. Brutal handelt ein Lastwagenfahrer, der einen Aktivisten
zunächst von der Fahrbahn schleift und ihn dann im Weggehen mit dem Fuß in
den Bauch tritt. Daraufhin verfolgt er noch einen Fotografen, der die Szene
beobachtet hat.
Der Lastwagenfahrer habe schon eine ganze Weile getobt, erzählt der
Fotograf Jonas Walzberg. „Ab dem Moment, in dem sein Lkw ganz vorne stand,
ist er gegen alles vorgegangen, was nach Aktivist aussah oder eine Kamera
hatte“, erinnert sich Walzberg. Mindestens einmal habe er Gas gegeben und
er habe mehrere Aktivisten von der Straße gezerrt.
## Führerscheinentzug muss nicht sein
Christian Hieff, Sprecher des ADAC Hansa, hat Verständnis dafür, dass bei
solchen Aktionen die Emotionen hochkochen. Für viele Kraftfahrer gehe es um
mehr als nur den Zeitverlust. „Dass da irgendwann Grenzüberschreitungen
passieren, ist erwartbar gewesen“, sagt er. Das heiße aber nicht, dass es
Verständnis für ein gewaltsames Vorgehen geben dürfe. Das Verhalten des
Lastwagenfahrers sei möglicherweise nicht nur strafrechtlich relevant,
sondern unter Umständen auch für seine Fahrerlaubnis.
[3][Einschlägig ist hier die Fahrerlaubnis-Verordnung]. Sie sieht vor, dass
die Eignung zum Führen eines Fahrzeuges gutachterlich überprüft werden
kann, „bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen,
insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial
bestehen“.
Die Hamburger Rechtsanwältin Doris Dierbach findet das Handeln des
Lkw-Fahrers zwar schockierend. Mit seiner Fahrerlaubnis habe das aber erst
mal nichts zu tun, obwohl das auch nicht völlig ausgeschlossen sei. Bei der
Verordnung gehe es in erster Linie um Taten, die mit dem Auto verübt
würden, wie illegale Rennen oder Nötigung.
Dementsprechend musste eine Autofahrerin, die Anfang März in Bremen einen
auf der Straße knienden Klimakleber mit ihrem Wagen berührte, ihren
Führerschein abgeben. Den Führerschein des Hamburger Lastwagenfahrers
beschlagnahmte die Polizei dagegen nicht. Der Tritt in den Bauch sei aber
auf jeden Fall als Körperverletzung zu werten, sagt Dierbach. „Wenn er
Sicherheitsschuhe getragen haben sollte, wäre es eine schwere
Körperverletzung.“ Die werde mit mindestens sechs Monaten Freiheitsentzug
bestraft.
Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft bekräftigte zwar, dass sie das
Anliegen der Letzten Generation für richtig halte. Es sei allerdings die
Frage, ob die gewählte Protestform zielführend sei. Andererseits stehe für
die Linke fest, dass die am Sonnabend dokumentierten Gewaltausbrüche von
Autofahrer:innen Konsequenzen haben müssten.
„Diese um sich schlagenden und tretenden Menschen sind ein Risiko für den
Verkehr“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete Stephan Jersch. [4][Wichtig
sei es, jetzt Akzeptanz für Maßnahmen zur Klimarettung in der gesamten
Gesellschaft zu schaffen]. „Dazu müssen Aktivist:innen und Politik
aufeinander zugehen“, forderte Jersch.
[5][Die Hamburger Regierungsfraktionen, SPD und Grüne, hatten dazu in der
vergangenen Woche einen Anlauf genommen]. Sie trafen Vertreter der Letzten
Generation zu vertraulichen Gesprächen, nachdem Bürgermeister Peter
Tschentscher (SPD) sich geweigert hatte, mit den Aktivisten zu verhandeln.
Eine entsprechende Aufforderung der Letzten Generation wertete er als
Drohung und leitete sie an den Staatsschutz weiter. Die Letzte Generation
hat sich für die inkriminierte Formulierung inzwischen entschuldigt.
27 Mar 2023
## LINKS
[1] /Wie-geht-die-Letzte-Generation-vor/!5921978
[2] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/letzte-generation-lkw-fahrer-100.ht…
[3] https://www.gesetze-im-internet.de/fev_2010/__11.html
[4] /Berlins-Abstimmung-zum-Klima-Entscheid/!5924298
[5] /Klimaschuetzer-sagen-sorry/!5920279
## AUTOREN
Gernot Knödler
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