# taz.de -- Klimaschützer sagen „sorry“: Die Letzte Generation will reden | |
> Klimakämpfer haben sich für die Drohungen in ihren Briefen an | |
> Deutschlands Bürgermeister entschuldigt. An der Haltung von Hamburgs OB | |
> ändert das nichts. | |
Bild: Soll maximal Störung: Aktivistin der Letzten Generation klebt auf Hambur… | |
HAMBURG taz | Nachdem Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher | |
(SPD) der Letzten Generation [1][den Generalbundesanwalt auf den Hals | |
gehetzt hat], haben sich Vertreter der Regierungsfraktionen SPD und Grüne | |
zu vertraulichen Gesprächen mit den Klimaaktivisten getroffen. Zuvor hatten | |
sich die Klimakämpfer in einem offen Brief bei Deutschlands Bürgermeistern | |
entschuldigt: Es sei nie ihr Ansinnen gewesen zu drohen. | |
Die weithin als Drohung aufgefasste Formulierung stand in den Briefen, die | |
die Letzte Generation an verschiedene Städte geschickt hatte, um | |
Unterstützung für einen Gesellschaftsrat zu bekommen. Gemeint ist damit ein | |
Bürgerrat aus gelosten Mitgliedern, der sich Gedanken darüber machen soll, | |
wie Deutschland bis 2030 klimaneutral werden könnte – [2][das gegenwärtige | |
Ziel] liegt bei minus 65 Prozent bis 2030 und Klimaneutralität bis 2045. | |
„Die Bundesregierung soll öffentlich versprechen, dass sie die Empfehlungen | |
des Gesellschaftsrates umsetzen wird“, heißt es in dem Brief vom 6. März, | |
der in Hamburg auch an sämtliche Bürgerschaftsfraktionen ging. Weiter heißt | |
es darin: „Sollten wir bis zum 13.03.2023 keine Antwort von Ihnen erhalten, | |
sehen wir keine andere Möglichkeit, als gegen den aktuellen Kurs Widerstand | |
zu leisten.“ Die Gruppe werde die öffentliche Ordnung maximal stören – und | |
zwar so lange „bis wir von Ihnen eine Reaktion bekommen, die es unserem | |
Gewissen erlaubt, aufzuhören“. | |
Mehrere Oberbürgermeister, unter anderem die grünen Amtsträger in Hannover, | |
Lüneburg und Greifswald, [3][haben sich auf die Forderung eingelassen]. Der | |
SPD-Politiker Tschentscher dagegen ließ erklären, er halte ein solches | |
Vorgehen für nicht vertretbar. Er werde mit den Initiatoren keine Gespräche | |
führen oder Vereinbarungen treffen. Ganz im Gegenteil: „Das Schreiben wurde | |
unmittelbar nach Eingang an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet“, teilte | |
Senatssprecher Marcel Schweitzer mit. | |
## Bitte um Verzeihung | |
Die Hamburger Staatsanwaltschaft wiederum leitete das Schreiben an die | |
Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe weiter. Die Drohung könne ein | |
Verstoß gegen Paragraf 105 und 106 des Strafgesetzbuches sein, wo es um | |
Nötigung von Verfassungsorganen oder deren Mitgliedern gehe. „Da gibt es | |
eine ausschließliche Zuständigkeit des Generalbundesanwalts“, sagt Liddy | |
Oechtering, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. | |
In einem Schreiben vom 20. März bat die Letzte Generation um Verzeihung: | |
„Wir haben diese Formulierung aus zukünftigen Briefen gestrichen.“ Ihr | |
Protest sei mitnichten gegen die freiheitliche, demokratische Ordnung | |
gerichtet. „Im Gegenteil, wir sind davon überzeugt, dass es Demokratie | |
braucht, um wirklich sozial gerecht auf die Klimakrise zu reagieren“, | |
schreibt die Gruppe. | |
An Tschentschers Haltung scheint dies jedoch nichts zu ändern. Die | |
Senatspressestelle verwies am Mittwoch auf seine frühere Erklärung. | |
Vertreter der Bürgerschaftsfraktionen von SPD und Grünen haben sich jedoch | |
mit Aktivisten der Letzten Generation zusammengesetzt. Man habe vertraulich | |
miteinander gesprochen und sich über klimapolitische Ziele ausgetauscht, | |
teilten die Fraktionen mit. „Sowohl das bisherige Agieren der Letzten | |
Generation wie auch eine ernsthafte Betrachtung der Vorstellungen über die | |
künftige Klimapolitik waren Gegenstand des Dialogs.“ Es werde | |
voraussichtlich ein Folgegespräch geben. | |
In der Zwischenzeit hatte die Letzte Generation zwar ihre Ankündigung, für | |
eine maximale Störung des öffentlichen Raums zu sorgen, nicht wahr gemacht. | |
Sie setzte aber Aktionen in Hamburg fort: Am Sonntag versuchten zwei | |
Aktivistinnen in der Kunsthalle das Sicherheitsglas des Gemäldes „Der | |
Wanderer über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich mit einem | |
abgewandelten Bild zu überkleben. Es zeigte den Wanderer vor einem | |
apokalyptischen statt nebligen Hintergrund. | |
Nachdem sie vom Wachpersonal daran gehindert wurden, legten die beiden | |
Frauen ihre Version des Bildes auf den Boden und bestreuten sie mit Asche | |
aus der Sächsischen Schweiz. Dort gab es im 2022 schwere Waldbrände, die | |
aus Sicht der Gruppe ein Fanal für die drohende Klimakatastrophe waren. | |
Der Direktor der Kunsthalle, Alexander Klar, reagierte entspannt auf den | |
Vorfall. [4][Dem NDR sagte er, dass er in der Sache mit den | |
Klimaaktivistinnen sympathisiere] – und das nicht nur, weil sein Haus schon | |
einiges in Sachen Klimaschutz tue. Es habe noch kein Kunstwerk Schaden | |
genommen. „Im Endeffekt ist diese Aktion großes Marketing für eine Sache, | |
die uns alle angeht“, sagte Klar. Wenn man als Museum relevant sein wolle, | |
müsse man mit solchen Aktionen leben. Und damit, dass man Ort | |
gesellschaftlicher Auseinandersetzung sei. | |
23 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Letzte-Generation-in-Hamburg/!5917323 | |
[2] /Weniger-Treibhausgasausstoss/!5918983 | |
[3] /Pakt-mit-Letzter-Generation/!5918106 | |
[4] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Hamburger-Kunsthalle-war-auf-Protest… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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